Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
die örtliche Feuerwehr schien derzeit auch andere Aufgaben zu haben. Es hatte Jan das Herz gebrochen, aber der Hund wollte partout bei seinem toten Herrchen bleiben. Bibbernd hatte Jan noch eine Flasche mit Spiritus gefunden, den Haarschopf von Ezechiel genommen und hineingedrückt. Regina zog Jan vom Haus weg.
Blaugefroren waren sie zu ihrem Auto gerannt, hatten sich frische Kleider angezogen und die Flasche mit Ezechiels Kopfhaut auf dem Rücksitz deponiert. Danach waren sie noch einmal hinunterin die Mulde gelaufen. Jan warf einen brennenden, mit Benzin getränkten Lappen in die Diele, und Sekunden später brannte das Haus lichterloh. Sie saßen schon in ihrem Auto, als die erste Explosion das Tal erschütterte. Die Feuerwehrwagen, die eben noch die Zufahrt zum Tal versperrt hatten, kamen ihnen auf Höhe des alten Gutes Kaltenbrunn sirenenheulend entgegen.
Die idyllische Landschaft, die da draußen an ihnen vorbeizog, registrierten sie nicht. Sie waren zu verwirrt. Sollten sie sich auch infiziert haben? Wer waren diese Killer?
»Was hast du im Haus noch gefunden?«
Regina kramte die Zettel, die sie bei dem Toten fand, aus ihrer Jackentasche. »Es sind Wirtshausrechnungen. Der Postleitzahl nach zu urteilen, stammen sie alle aus derselben Gegend. Hier sind noch Streifenkarten für die U-Bahn in München und ein Billett für eine Bootsfahrt in Venedig. Und ein Bild mit einer Gruppe. Das war’s. Und du?«
Jan zeigte nach hinten. »Ich habe seinen Haarschopf mitgenommen. Wenn er so wichtig ist, kann er uns vielleicht helfen. Aber das ist jetzt wirklich zweitrangig.« Jan wollte so schnell wie möglich geimpft und untersucht werden. Er kannte die Risiken. Nach privaten Ermittlungen war ihm nicht zumute. Danach würde er in seiner Wohnung schnell die nötigsten Dinge zusammenpacken, und dann stand die für Regina schwierigste Hürde an: Jans Exfrau. Er wollte sie noch einmal kontaktieren. Denn sie war ausgewiesene Expertin in allen Fragen zu Hieronymus Bosch.
Wenig später bogen sie auf die Auffahrt nach München. Ihre Seite der Autobahn war völlig frei.
Regina war sich sicher: »Da steckt diese Sekte dahinter, und Ezechiel wusste von all den Ereignissen. Deswegen wollten sie ihn auch zurückhaben. Er war wichtig für sie. Er hat uns etliche entscheidende Hinweise gegeben. Ich weiß nur nicht, welche. Wir müssen die Aufnahmen abhören.«
»Vielleicht ist diese Sekte im Besitz der Pocken?«, warf Jan ein.
Regina war skeptisch, sie fürchtete vor allem etwas anderes. »Wir haben einen Tatort zurückgelassen, der uns als Mörder vonvier Männern ausweist. In Gmund haben wir nach Ezechiel gefragt. Unsere Spuren sind trotz des Feuers noch vorhanden. Wenn die Polizei nicht zu sehr mit den Pocken beschäftigt ist, wird sie in kurzer Zeit auf uns kommen …«
Jan hatte sich das so noch nicht ausgemalt. Wieder einmal steckten sie in der Klemme, und das nur, weil Regina diesem Köhn den Auftrag nicht abgeschlagen hatte. Blut stieg in seinen Kopf auf. Eine Reaktion, die immer dann kam, wenn er sich eigentlich fürchterlich aufregen wollte.
»Lass uns die Behörden einschalten«, bat er vorsichtig.
»Zudem haben wir unvorsichtigerweise an der Tankstelle mit unserer Kreditkarte bezahlt. Das alles findet in Wien selbst ein Kripo-Praktikant heraus und somit selbst deutsche Ermittler«, wandte Regina ein.
Jan stöhnte auf. »Es war alles so schön ruhig, und kaum erhältst du einen Auftrag, geraten wir bis über beide Ohren in den Schlamassel. Du ziehst so einen Mist wirklich an.«
Ihre Finger klopften auf ihren Daumen, sie quakte und signalisierte, dass sie seine Einwände als Entengeschnatter empfand.
»Scheiße, Regina. Das ist nicht witzig. Da draußen fegt gerade eine irrsinnige Pockenepidemie durchs Land. Und ausgerechnet du willst die Drahtzieher schnappen. Ganz nebenbei werden wir als dringend tatverdächtig gesucht. Komm mir nicht mit dieser Handbewegung.«
Die Autobahn zwischen München und Salzburg ist zu Ferienzeiten meist ein einziger langer Stau. Längen von bis zu 40 Kilometern sind dann keine Seltenheit, obwohl man über die Jahrzehnte die Strecke in die Alpen auf drei Spuren ausgebaut hatte. Aber jetzt war alles anders. Jetzt zog ein Flüchtlingsstrom gen Süden. Unglaubliche Szenen spielten sich ab. Die Autos standen, darin ängstliche Menschen, zusammengequetscht zwischen schnell zusammengerafften Habseligkeiten. Die Tankstellen waren überfüllt. Menschen kampierten trotz der eisigen Kälte auf
Weitere Kostenlose Bücher