Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
schulterlange blonde Haare. Und mit seiner linken Hand zielte er auf sie. Im nächsten Moment schlugen auch schon Kugeln durch das Holz. Sie riss die MP nach oben, feuerte aufgut Glück in das Fenster und – traf. Der Mann fiel von einer Salve getroffen zurück in den Schnee und versank darin. Aber irgendjemand schien noch da zu sein, sagte ihr Instinkt. Sie sah hinüber in den Wald, machte einen Schritt nach vorn und glaubte für einen Moment einen riesigen Vogel gesehen zu haben, der sich über den Wipfeln der schneebedeckten Tannen erhob. Verwirrt senkte sie die MP.
Jan sprang vom Boden nach unten und wandte sich sofort zu Ezechiel, dessen blutüberströmtes Gesicht auf der Tischplatte lag. Zwischen dem Rot des Blutes schimmerte das Weiß der Schädeldecke. Auf dem Tisch lag sein Skalp wie der Leib einer zertretenen Maus. Ezechiel war noch bei Bewusstsein, aber eine Kugel des Soldaten war in seine Seite gedrungen. Jan wusste, dass er es nicht schaffen würde. Blutschaum quoll aus dem Mund des Einsiedlers. In einem letzten Aufbäumen schien er noch etwas sagen zu wollen.
»Sucht sie, aber sucht auch den Weg – zwischen Sar und Donau. Nehmt meine Haut, sie weist euch den Weg. Am Fluss, am Meer und im Bett des Kaisers.« Er stöhnte. Immer mehr Schaum füllte seinen Mund. Hautfetzen hingen von der Stirn in sein Gesicht. »Sucht ihr das Serum, sucht ihr das Werk. Findet es, und ihr findet die Wiedergeburt Deutschlands. Und sein ist das Verderben.«
München, Deutschland, 16. 12., 14.35 Uhr
Sie waren alle weiß. Jeder in dem Raum trug die Schutzkleidung, inklusive des Mundschutzes. Das gab der Sitzung eine skurrile Note in dieser ansonsten eher chaotischen Situation. Keiner wollte das Risiko eingehen, die Viren, die man draußen womöglich aufgeschnappt hatte, die sich in Kleidung und Haaren festgesetzt hatten, an wichtige Entscheider weiterzugeben. Das Krisenzentrum lag im ersten Stock der Feuerwehrzentrale am Altstadtring. Der Oberbürgermeister hatte ohne Absprachemit der Staatsregierung Bayerns um 14 Uhr den Notstand in seiner Stadt ausgerufen. Neben ihm saß der Polizeipräsident, auf der anderen Seite der Leiter des Gesundheitsamtes. Hinzugekommen in den zentralen Krisenstab waren der Geschäftsführer des Öffentlichen Nahverkehrs, der Leiter des Kreisverwaltungsreferates und noch weitere führende Kräfte der städtischen Bürokratie. Sie alle hörten den Ausführungen des Chefarztes der Quarantänestation des Krankenhauses Schwabing zu.
»… ist der Mensch das einzige Reservoir. Wir gehen nicht davon aus, dass Tiere es übertragen können. Das schließt natürlich nicht aus, dass ein Infektiöser seine Viren in das Fell eines Hundes überträgt und der Nächste, der den Hund streichelt, sich ansteckt. Aber das ist unwahrscheinlich. Je trockener die Luft, desto besser. In einem Aerosol, also bei einer Verbreitung auf Sprühnebelbasis, wenn Sie so wollen, beträgt die Überlebenszeit des freien Virus bis zu 24 Stunden. Eigentlich beträgt die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit 12 bis 14 Tage, doch bei unserem Freund scheint es deutlich schneller zu gehen. Wir gehen von drei Tagen aus. Wie lange der Patient dann ansteckungsfähig ist, hängt von vielen Dingen ab. Aber in der Regel dauert der Krankheitsverlauf bis zu drei Wochen. Dann ist der Patient geheilt oder – tot. Normalerweise würden wir sogenannte Ringimpfungen durchführen, das heißt, das gesamte Umfeld des Infizierten wird geimpft, damit wir so den Herd eindämmen können. Das ist aber jetzt nicht mehr möglich. Zum Impfstoff: Das Paul-Ehrlich-Institut, als zuständiges Bundesamt für Sera und Impfstoffe, hat immer wieder experimentell geprüft, dass das eingelagerte Serum die Anforderungen erfüllt, die die WHO in den Zeiten der Pockenbekämpfung an die Wirksamkeit gestellt hatte. Allerdings haben wir einen Engpass zu erwarten. Drei Lagerstätten gibt es, eine davon hatte vor zwei Jahren ein Kühlsystemproblem, der Impfstoff ist nicht mehr einsetzbar. Aber für die erste Welle wird es reichen.«
Der Bürgermeister hakte nach. »Das heißt konkret was? Die Pharmafirmen haben zwar von uns Geld für die Herstellung und Lagerung bezogen, aber den Wirkstoff versaut?«
Gemurmel machte sich breit.
»Ja, kurz gesagt ist das so. Aber die Menge, die jetzt eingesetzt wird, reicht für 200000 Menschen. Mehr können wir in den ersten Tagen auch nicht impfen.«
Einige schüttelten den Kopf, aber die Schutzanzüge ließen sie wie
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