Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Notregierung Berlin verlassen und zum sicheren Helgoland reisen würde, machten sich die wütenden Bürger der Stadt zum Bundeskanzleramt auf.
Der Sicherheitschef war leichenblass, als er, im ersten Wagen sitzend, die schreienden Menschen vor dem Tor sah. Die Kanzlerin war entgegen der üblichen Vorgehensweise in den ersten Wagen gestiegen. Neben ihr hatte ihre Büroleiterin Platz genommen. Sie ignorierte die brenzlige Situation und schien sich ganz auf ihr Sicherheitspersonal zu verlassen. Gerade einmal 150 Meter südöstlich standen die blauen MIG -Hubschrauber der Bundespolizei zwischen dem Abgeordnetenhaus und dem Reichstag bereit. Aber dazwischen befanden sich schon jetzt mehrere Hundert, wenn nicht Tausende Menschen, die ihren Frust an den Politikern auslassen wollten. Der Sicherheitschef funkte seine Leute an der Landezone an.
»Könnt ihr die Zone A halten?«
Die Antwort war kaum zu verstehen, aber dennoch eindeutig: »Negativ, Ausweichen auf B, ASAP .«
Zwischen den grünen Wasserwerfern und Mannschaftswagen der Berliner Polizei wurden Gegenstände geworfen. Eine Flasche zerschellte, und binnen Sekunden brannte Benzin auf der Straße. Es folgten in kurzen Abständen immer mehr Flaschen. Der Sperrriegel würde dem Ansturm nicht mehr länger standhalten. Jetzt kam vom letzten Fahrzeug die Meldung, dass sich die Menschenmenge hinter ihnen geschlossen hatte. Der Rückweg ins Kanzleramt war nicht mehr möglich. Der Sicherheitschef nickte seinem Fahrer zu, und der informierte die hinter ihm fahrende Kolonne. Sie bremsten scharf und fuhren mit quietschenden Reifen rechts die Paul-Löbe-Allee hinunter RichtungSpree. Alles geriet außer Kontrolle. Die Kolonne würde auf den Spreebogen zufahren müssen. Dazu müssten sieben Autos über flache Treppenstufen rasen und am Ende scharf rechts auf einen Fußweg entlang des Flusses fahren. Ein Sondertor dort würde hoffentlich jetzt schon geöffnet werden. Da, so hoffte er, würden sie wieder auf das noch sichere Gelände kommen. Der Sicherheitsberater schwitzte. Seine Jahre bei der GSG 9 hatten ihn gelehrt, immer auf das Schlimmste vorbereitet zu sein. Aber diese professionelle Sicht konnte er nicht jedem im Wachschutzteam vermitteln. So ein Fehler hätte nicht passieren dürfen. Er hatte zu spät vom Mob erfahren. Er griff an seine Wade und nahm aus dem Holster, das er dort befestigt hatte, eine Beretta, eine italienische Pistole. Notfalls müssten sie den Weg auf diese Weise freibekommen. Über ihnen kreiste der erste Hubschrauber. Wie eine riesige Libelle schwankte er über den flachen Dächern des Kanzleramts. Schnee wirbelte in hausgroßen Fontänen auf. Der Garten fasste gerade einmal einen Hubschrauber. Sie würden nacheinander »liften« müssen. Seine Truppe hatte so etwas noch nie geübt.
Sie erreichten die Treppen. Die Audis wurden kräftig beansprucht. Bei jeder Stufe wurden die Insassen durchgeschüttelt. Es war glatt und abschüssig. Die Kurve würde für den Fahrer haarig werden. Er bremste und lenkte gleichzeitig nach rechts. Das Heck schlug aus, trotz Quattro-Antrieb und ESP schlitterte die durch die Panzerung schwere Limousine nach links. Das Heck traf auf ein Geländer, das am Ufer der Spree befestigt war. Knirschend riss es aus der Verankerung und flog auf das Eis der zugefrorenen Spree, wo es noch ein paar Meter weiterschlitterte. Der Fahrer schaltete in den ersten Gang und gab Vollgas. Die Räder griffen, und der Wagen schoss so stark nach vorn, dass die Kanzlerin in den Sitz gedrückt wurde. Sie verhielt sich ruhig. Der Audi fegte über den Radweg, der zwischen der Mauer des Kanzleramts und der Spree lag. Noch 50 Meter, bis das provisorische Tor kommen würde. Der Fahrer krallte seine Hände fester um das Lenkrad. Direkt vor ihm sah er im Scheinwerferlicht eine schreiende Menschentraube den Weg hinablaufen. Hinter ihmschloss die Kolonne auf, aber alle würden es nicht schaffen. Es gab kein Ausweichen, links lag die zugefrorene Spree, rechts die Mauer. Das Loch muss jetzt kommen, dachte er. Über sein Headset hörte der Sicherheitschef die schreiende Stimme seines Stellvertreters, der im Kanzlergarten wartete.
»Betontor öffnet sich nicht. Bleibt auf Höhe des Aufgangs stehen. Wir öffnen das kleine Tor. Keine Alternative. Bestätigen und Ende.«
Der Fahrer hatte mitgehört. Er drückte noch einmal aufs Gas, um nach wenigen Metern abrupt zu bremsen. Der Sicherheitsberater sprangt aus dem Auto und zog die Kanzlerin und ihre Begleiterin hart und
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