Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Prostituierte aus der Ukraine. Ihre Zuhälter hatten ihr mit 14 Jahren die Füße amputiert, so konnte sie nicht weglaufen. Sie war in der Wohnung gefangen. Es gab wohl auch eine Nachfrage für solche Amputationen bei den Freiern. Über zehn Jahre lebte sie so in einem Verlies, ohne natürliches Licht. Vier Schwangerschaften konnten wir dokumentieren. Ein Säugling lag mumifiziert in einer Plastiktüte in ihrem Schrank. Und als ich sie verhörte, sagte sie mir nur, dass sie es schade fände, keine Schuhe mit hohen Absätzen mehr tragen zu können. Alles andere hätte sie verdrängt. Wo ist da Gott? Wo ist da Trost?«
Sie war, ohne es zu merken, laut geworden. Aber Poch ließ sie gewähren. Er wollte von ihren Dämonen hören.
»Und Ihre Liebe zu Jan?«
Regina war noch in Fahrt. »Wie lange wird es gehen? Bis er die Lust an meinem Körper verliert? Ich bin keine gebildete, aus seinen Kreisen stammende Frau. Ich bin realistisch, genieße das Jetzt. Es wird auch wieder schlimm enden. Es ist immer so. Glück währt nie lange. Glück ist, kein Unglück zu spüren. Glauben ist ein nasser Lappen, wo man ein Meer benötigt.«
Poch sah sie lange und durchdringend an. »Und Sie meinen nicht, dass es eine Seele gibt?«
»Nein, wir sind nur Fleisch und Knochen. Seele ist nur eine Umschreibung für Dinge und Zustände, die wir nicht kennen. Aber wenn Sie schon so hartnäckig fragen: Das Böse, das gibt es. Nur ist eben das Gegenteil davon nicht eine gute Macht, sondern nur schlicht nicht böse. Verstehen Sie, was ich meine?« Ihre harten Worte hallten wie Explosionen in der ruhigen Atmosphäre des anbrechenden Morgens.
»Sie sind gut vorbereitet auf das, was auf Sie und auf uns zukommen wird. Ich habe Ihre Aussagen mit einigen meiner Aufzeichnungen und Bücher verglichen. Diese Neu-Manichäer sind mehr als nur eine dumpfe Sekte. Wie alle gnostischen Eiferer sehen sie sich als Elite, die die allein selig machende Erkenntnis über die Zusammenhänge der Welt besitzt. Aber mittlerweile verfügen sie über weitreichende Wirtschaftszweige. Darüber hinaus scheinen sie auch wohlmeinende Fürsprecher in hohen Positionen von Wirtschaft und Politik zu haben. Sonst wären sie schon längst verboten worden. Ganze Dörfer in Unterfranken sind von ihnen besetzt worden. Aber bis auf einige Sektenexperten der etablierten Kirchen gibt es keine Kritiker. Sie leben in einer eigenen Welt.«
Regina verstand nicht. »Na und? Warum sollten wir vorsichtig sein? Diese Lilith-Bande war genauso gut vernetzt und reich.«
Poch lächelte mokant. »Richtig, aber genau das ist der entscheidende Punkt: Bosch-Orden und Lilith-Code gehören zusammen. Sie alle eint eine Suche. Die Suche nach einem …«
Noch ehe Ivan den Satz beenden konnte, bemerkte Reginaeinen Schatten vor der Terrassentür. Instinktiv griff sie nach ihrer Waffe. Gebannt sah sie nach draußen.
»Was ist?«, fragte Poch.
»Still, da draußen ist jemand.« Sie löschte das Licht der Stehlampe neben ihr, bedeutete Poch mit einem Finger auf den Lippen, still zu sein, und kroch Richtung Tür. Sie kniete, lud die Waffe durch und kniff die Augen zusammen, um die Umrisse im Garten besser erkennen zu können. Der Rasen, der zum Fluss führte, war von dichten Sträuchern und Bäumen umgrenzt. Irgendwo da unten hatte sie etwas gesehen. Sekunden vergingen. Poch fragte flüsternd, was denn los sei, als es an der Haustür klingelte. Sie schrak zusammen. Alter Trick, dachte sie. Einer kommt von vorn, der andere geht von hinten rein. Regina drehte sich zu Poch, zeigte auf die Tür und schüttelte den Kopf. Sie suchte den Schalter für die Außenbeleuchtung, fand ihn und erkannte jetzt auch draußen eine Person, die auf dem Bauch lag. Sachte drückte sie den Hebel der Terrassentür herunter, bis sie einen Spalt geöffnet war. Mit einer schnellen Bewegung knipste sie das Licht an. Der Garten war flutlichthell erleuchtet, und sie sprintete auf die in zehn Metern Entfernung liegende Person zu, die sich gerade erheben wollte. Aus vollem Lauf hieb sie ihren Fuß in den Unterleib des Menschen und hörte nur ein Stöhnen. Es war ein Mann. Sie sah seine blonden Haare. Sie schrie ihn an und richtete die Waffe auf seinen Kopf. Jetzt erst erkannte sie ihn.
»Elijah?«
»Du blöde Kuh, hätte der Bauch nicht auch gereicht?« Elijah konnte kaum sprechen.
»Was machst du denn hier?«, brach es aus der schnell atmenden Regina heraus. »Bist du allein?«
»Nein, der wohlerzogene Faruk hat brav an der Tür
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