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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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sah, konnte gar nicht sein. Ungefähr anderthalb Meilen entfernt stieg über den Wipfeln der Bäume ein großes schwarzes Objekt in den purpurnen Morgenhimmel auf und kam dann in hohem Bogen auf die Stadt zugeflogen. Das Objekt wurde immer größer und schien noch an Fahrt zu gewinnen, bis Wilfred Penn, hypnotisiert wie ein Mastbulle von dem Beil des Fleischers, endlich den Felsbrocken von der Größe einer Kuh gewahrte, der, sich träge um sich selbst drehend, keine zwanzig Fuß über ihn hinwegsauste. Dann schlug das Objekt in der unterhalb gelegenen Stadt ein, zerstörte in einer Wolke von Staub und umherfliegenden Steinen vier große Bürgerhäuser und kam schließlich im städtischen Nachtigallenpark zum Stillstand.
    In den folgenden zwei Stunden schossen die Erlösermönche noch zehn weitere Felsbrocken von ihren vier mobilen Belagerungsmaschinen ab. Auf die richtige Entfernung eingestellt, richteten ihre Projektile erheblichen Schaden an der Stadtmauer an. Die Maschinen waren neuartig und noch nicht auf dem Schlachtfeld erprobt, und tatsächlich brach bei zweien von ihnen die große Spannvorrichtung. Die Pioniere der päpstlichen Rüstungskammer, die die Vierte Armee unter dem Befehl des Generals Princeps begleiteten, stellten Messungen an und begutachteten die Schwächen der neuen Maschinen, dann packten sie die gebrochene Spannvorrichtung sorgfältig ein, und keine Stunde später waren sie schon wieder auf dem langen Rückweg nach Shotover.
    Nachmittags wurde es so heiß, dass kein Vogel mehr sang und nur noch die Zikaden ihr monotones Geschrei hören ließen. Um drei Uhr machte eine Abteilung von hundertfünfzig leicht bewaffneten Reitern auf Befehl des Garnisonskommandanten einen Ausfall. Der Kommandant wollte damit eine Reaktion provozieren, um sich ein Bild von der Stärke des Gegners zu machen. Ein Hagel Pfeile aus den Bäumen zwang die Reiter gleich wieder abzuschwenken. Diese Lektion mussten die Materazzi mit zwei Toten, fünf Verwundeten und zehn lahmenden Pferden bezahlen. Die Erlösermönche beobachteten den Rückzug der Abteilung aus der sicheren Deckung der Baumkronen. Eine bedrückende Spannung lag in der Luft, als ob das Unheil vor dem drohenden Ausbruch den Atem anhielte. Aber dann lachten die Mönche, als die bedrohliche Stille von den kleinen Wesen, die schuld daran waren, wieder gebrochen wurde. Die Zikaden, die das Hufgetrappel der Kavallerie zum Schweigen gebracht hatte, begannen wieder mit ihrem Geschrei, als ob sie ein einziges Wesen und nicht Hunderttausende wären.
    In der folgenden Nacht begann für Stabsfeldwebel Trevor Beale und zehn seiner Männer der wirklich gefährliche Einsatz, als sie in den düster-unheimlichen Dudley Forest auf Patrouille gingen. In der Morgendämmerung kamen Beale und sieben seiner Männer mit zwei Gefangenen hinter die Stadtmauer zurück. Unverzüglich erstattete er dem Statthalter Bericht.
    »Weshalb in Gottes Namen greifen uns die Erlösermönche an?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte Stabsfeldwebel Beale.
    »Das war eine rhetorische Frage, Stabsfeldwebel, die nur wegen des Effektes gestellt wird, aber keine Antwort erwartet.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Wie groß ist die zahlenmäßige Stärke?«
    »Zwischen acht- und sechzehntausend Mann.«
    »Könnt Ihr keine genauere Angabe machen?«
    »Mit Verlaub, wir waren bei stockdunkler Nacht in dichtem Unterholz mitten unter einer bis an die Zähne bewaffneten Armee, da kann ich beim besten Willen keine genauere Angabe machen. Es dürften eher mehr als weniger sein.«
    »Ihr seid frech, Stabsfeldwebel.«
    »Ich habe heute Nacht drei meiner Männer verloren.«
    »Das bedauere ich, aber das ist nicht meine Schuld.«
    »Selbstverständlich nicht, Sir.«
    Drei Stunden später befand sich Stabsfeldwebel Beale erneut im Amtszimmer des Statthalters Agostino.
    »Wir haben nicht viel aus den Gefangenen – aus einem jedenfalls – herausbekommen«, sagte der Statthalter. »Ehe er das Bewusstsein verlor, sagte der Gefangene etwas von sechstausend Mann im Wald, aber die Armee soll sich vor drei Tagen geteilt haben. Ach ja, sie soll unter dem Kommando eines gewissen Princeps stehen.«
    »Lasst mich eine Stunde allein mit den Gefangenen, Sir.«
    »Ich bezweifle, dass Ihr im Misshandeln von Gefangenen besser seid als Bradford. Er ist schließlich vom Fach. Im Übrigen habe ich eine andere Verwendung für Euch. Ihr sollt mit drei Eurer Männer eine Depesche nach Memphis bringen. Schlagt verschiedene Wege ein und nehmt Männer,

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