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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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verbreitet, Marschall Materazzi wolle noch seine Strategiedebatte abschließen, dann werde er unverzüglich zu seinen Truppen stoßen. Das entsprach nicht den Tatsachen. Der Marschall lag mit einer Lungenentzündung darnieder und war nicht in der Lage, am Feldzug teilzunehmen.
    Die Lage der Erlöser war jedoch weitaus schlimmer. In der Armee war die Ruhr ausgebrochen, die zwar nur wenige Todesopfer forderte, aber viele in der Truppe schwächte. Außerdem war der Plan, die Materazzi so zu täuschen, dass diese vor den Scablands Stellung bezogen, während sie in Wirklichkeit in die entgegengesetzte Richtung marschierten, offenkundig gescheitert. Kaum hatten sie den Wald von Hessel verlassen, da tauchte auch schon eine zweitausend Mann starke Voraustruppe der Materazzi am anderen Ufer des Oxus auf und folgte ihnen. Jede Bewegung der Kriegermönche wurde genau beobachtet und Meldung darüber umgehend an General Narcisse gemacht.
    Zu Princeps’ Überraschung unternahmen die Materazzi jedoch keinen Versuch, seine Armee am Weitermarsch zu hindern. So legten sie in weniger als drei Tagen sechzig Meilen zurück. Mittlerweile war mehr als die Hälfte der Truppe an der Ruhr erkrankt, weshalb Princeps eine halbtägige Ruhepause in Burnt Mills verordnete. Er schickte eine Abordnung zu den Verteidigern der Stadt und drohte ihnen ein Massaker wie dasjenige in Mount Nugent an, wenn sie sich nicht ergäben und seine Männer mit allem nötigen Proviant versähen. Die Bürger beugten sich und taten wie ihnen geheißen. Am folgenden Tag setzten die Kriegermönche ihren Weg zur Baring-Enge fort. Princeps wusste jetzt, welche Wirkung die Furcht vor Massakern auf die Bevölkerung hatte, und stellte eine Voraustruppe von zweihundert Mann dazu ab, dieselbe Taktik erneut anzuwenden. So erhielten seine immer noch von der Krankheit gebeutelten Männer regelmäßig frischen Proviant und sogar besseren, als sie gewohnt waren. Die Stimmung der Mönche hob sich deutlich.
    Der von Cale ausgearbeitete Kriegsplan zu einem ersten, nur Erkundungszwecken dienenden Angriff auf das Materazzi-Reich war bisher erfolgreich verlaufen. Über das Gebiet, das sie nun betraten, hatte es nur sehr ungenaue Karten in der Bibliothek der Ordensburg gegeben. Ein wichtiger Zweck des Feldzugs bestand daher darin, zwanzig Kartografen in das weitgehend unbekannte Gebiet mitzunehmen und sie jeweils zu zweit das Gelände für den Angriff im kommenden Jahr möglichst genau aufnehmen zu lassen. Die drei vorausgeschickten Kartografengruppen waren nicht zurückgekehrt, sodass Princeps sich nun auf einem ihm kaum bekannten Terrain bewegte. Am folgenden Tag wollte Princeps seine Armee den Oxus bei White Bend überqueren lassen, aber die Materazzi-Truppe, die ihn vom anderen Ufer aus beobachtete, war auf fünftausend Mann angewachsen. Er musste den Versuch aufgeben und marschierte stattdessen in ein Gebiet, in dem die Truppe nur langsam vorankam und in dem die wenigen Dörfer, die er für den Nachschub hätte plündern können, auf Geheiß der Materazzi mitsamt allen Vorräten evakuiert worden waren.
    In den folgenden zwei Tagen hielten die Kriegermönche immer dringlicher Ausschau nach einer Stelle zum Überqueren, was die Materazzi auf dem anderen Ufer gerade um jeden Preis verhindern wollten. Mit jeder weiteren Stunde ließen die Kräfte der Mönche nach, sie litten unter den Folgen der Ruhr und dem Mangel an Proviant und schafften nicht mehr als zehn Meilen pro Tag. Aber dann wendete sich das Blatt zu ihren Gunsten. Ihren Spähern fiel ein Kuhhirte und seine Familie in die Hände. Um seine Familie zu retten, berichtete er ihnen von einer alten, nun nicht mehr benutzten Furt, an der wohl auch eine größere Armee den Fluss durchqueren könnte. Die Späher kehrten mit der Neuigkeit zurück, dass eine Durchquerung zum jetzigen Zeitpunkt schwierig wäre, da die Furt erst repariert werden müsse, aber grundsätzlich sei ein Übertritt möglich. Zudem sei die Furt überhaupt nicht bewacht. Und sie hatten noch mehr Glück. Ausgedehnte Sümpfe am anderen Ufer des Oxus zwangen die Materazzi-Truppe, sich vom Flusslauf immer weiter zu entfernen, bis sie schließlich außer Sichtweite waren. Die Mönche, die schon fast allen Mut verloren hatten, fassten neue Zuversicht. Nach zwei Stunden war ein Brückenkopf am anderen Ufer des Oxus errichtet, und die restliche Truppe befestigte die Furt mit Steinen von den umliegenden Häusern. Um die Mittagsstunde war die Arbeit getan, das Gros der Armee

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