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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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Cale den Schlafsaal, um sich ein wenig auszuruhen. Henris Plan, den Diener auf der Suche nach Cale äußerstenfalls bis zur Ordensburg zu schicken, erfüllte sich also nicht.
    »Das ist er«, sagte der Diener zu Henri.
    »Das ist nicht Kleist«, erwiderte Vague Henri triumphierend. »Das ist Cale.«
    Als Cale im Sommergarten erschien, hatte sich die Menschenansammlung um Conn schon zerstreut. Doch der letzte und, zumindest für Conn, wichtigste Besucher kam erst jetzt: Arbell Schwanenhals. Da sie so erzogen war, Männer mit Verachtung oder allenfalls Herablassung zu behandeln, fiel es ihr schwer, Conn den Eindruck zu vermitteln, dass sie mehr für ihn empfand als Gleichgültigkeit. Tatsächlich war sie wie alle anderen jungen Frauen von Conns blendendem Aussehen und seinem beispiellosen Erfolg fasziniert. Bei jedem anderen hätte sie gewusst, wie sie gemäß der Etikette ein förmliches Kompliment zu machen und sich wieder zurückzuziehen hatte. Doch bei Conn half ihr die Routine nicht. Selbst die kühlste Vertreterin der Materazzi-Elite konnte diesem jungen Krieger nicht ihre Anerkennung verweigern. Arbell Schwanenhals war durchaus nicht so herablassend, wie sie erschien, ja sie hatte zu ihrer großen Verwirrung sogar gezittert, als Conn in Siegerpose das Schwert der Menge präsentierte und diese dem strahlenden jungen Mann begeistert applaudierte. Ihre Fähigkeit, vor jungen Männern die unnahbare und kühle Aristokratin zu spielen, war ihr abhandengekommen. Aus Unschlüssigkeit kam sie viel zu spät, und sie errötete sogar – wenn auch nicht so stark, dass Conn es bemerkt hätte -, als sie ihm zu seinem großen Erfolg gratulierte. Conn wiederum hegte nur für zwei Menschen wirkliche Hochachtung – für seinen Onkel und für die Tochter des Onkels. Er hatte eine heilige Scheu vor Arbell, wegen ihrer atemberaubenden Schönheit und ihrer zur Schau getragenen Verachtung für ihn. Obwohl dieser Tag den jungen Mann mit noch mehr Glanz und Ansehen ausgestattet hatte, fühlte sich Conn in Arbells Anwesenheit verwirrt und nahm ihre Befangenheit gar nicht wahr, denn in Wahrheit hätte sie ihm am liebsten die Arme um den Hals gelegt und ihn geküsst. Er war so verlegen, dass er kaum verstand, was sie zu ihm sagte, geschweige denn das Zittern in ihrer Stimme bemerkte. Sie verneigten sich voreinander, und Arbell Schwanenhals wandte sich schon zum Gehen, als Cale dazutrat.
    Normalerweise hätte Arbell einem Waffenschüler nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt als einer Motte. Innerlich schon aufgewühlt, geriet sie noch mehr in Verwirrung, als sie plötzlich dem fremden jungen Mann begegnete, der sie vor wenigen Tagen vor dem Sturz von der Treppe bewahrt hatte. Unter diesem seelischen Druck gefror Arbells Miene zu einer eisigen Maske.
    Nur die erfahrenen großen Liebhaber der Geschichte wie der legendäre Nathan Schaft oder der viel besungene Nikolaus Hasenherz hätten hinter dieser Maske eine in Wallung geratene Frau erkannt. Der arme Cale besaß nicht die Erfahrung jener großen Liebhaber und sah nur, was er am meisten fürchtete. Für ihn sprach aus Arbells Miene lediglich kalte Verachtung. Er hatte ihr das Leben gerettet und sich in sie verliebt, aber sie erkannte ihn nicht einmal. Ihr Abgang in dieser Situation sprach eine deutliche Sprache. Sie wandte sich um und lenkte ihre Schritte zu dem Tor am anderen Ende des Gartens. Zu diesem Zeitpunkt waren neben den drei Hauptakteuren nur noch acht weitere Personen in den Anlagen. Fünf enge Freunde von Conn Materazzi und drei Soldaten, die, in voller Rüstung und mit dreimal mehr Waffen ausgestattet als bei einem Kampfeinsatz üblich, gelangweilt Wache standen. Und nun kam noch ein Zuschauer hinzu. Vague Henri hatte sich aus Sorge um seinen Freund auf das Dach geschlichen und beobachtete, hinter einem Schornstein versteckt, die Szene im Garten.
    Conn Materazzi erwartete seinen Waffenschüler, doch was er auch vorgehabt haben mochte, einer seiner Freunde, der trinkfreudigste, kam ihm zuvor. Er meinte, alle zu unterhalten, indem er Conn nachahmte und Cale wie einen Schwachsinnigen behandelte. So verpasste er Cale zur Ankunft ein paar leichte Ohrfeigen. Die anderen, Conn ausgenommen, lachten so laut, dass sich Arbell umdrehte und noch sah, wie Cale eine weitere Ohrfeige erhielt. Der Anblick verstörte sie sehr, doch Cale erkannte wieder nur Verachtung in ihrem maskenhaften Gesicht.
    Der vierte Schlag in Cales Gesicht brachte schließlich das Fass zum Überlaufen, und – der

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