Die linke Hand Gottes
Geschichte der Waffenkunst, bog sich und brach mit einem glockenhellen Klang entzwei.
Von den versammelten Soldaten kam ein erstauntes »Oh!« wie aus einem Mund. Cale schaute den Offizier an, dann ließ er das zerbrochene Schwert fallen. Der Offizier nahm von einem seiner Soldaten Kette und Schloss in Empfang und trat zu Cale.
»Dreh dich um, Junge.«
Cale tat wie geheißen. Der Offizier fesselte ihm die Hände und flüsterte ihm dabei ins Ohr: »Das war die letzte Dummheit, die du in deinem Leben begangen hast.«
Ein Wundarzt untersuchte den ohnmächtigen Conn. Er nickte dem Offizier zu und wandte sich dann Conns am Boden liegenden Freunden zu. Jetzt rauschte Arbell Schwanenhals in den Kreis der Soldaten und kniete nieder, um Conns Puls zu fühlen. Beruhigt erhob sie sich und schaute zu Cale. Regungslos und mit undurchdringlicher Miene starrte er zurück.
»Ich glaube nicht, dass du mich ein zweites Mal vergisst«, sagte er, ehe er von den Soldaten abgeführt wurde. Und abermals war das Glück auf seiner Seite. Vague Henri war nämlich nicht allein auf dem Dach gewesen. Ebenso neugierig, wenn auch nicht so besorgt wie Henri, war Kleist ihm gefolgt. Gleich zu Beginn des Zweikampfes hatte Henri Kleist gebeten, Hauptmann Albin zu holen.
Kleist hatte Albin just an dem einzigen Ort gefunden, wo er ihn gesucht hatte. Albin hatte ungesäumt seine Dienststelle in Begleitung seiner Männer verlassen. Nun traf Albin gerade ein, als vier Soldaten Cale aus dem Garten hinaus zum Stadtgefängnis führten, wo man schon ein gütiges Geschick haben musste, die Nacht lebend zu überstehen.
»Wir kümmern uns um ihn«, sagte Albin im Beisein seines Gefolges, zehn Männern in schwarzen Uniformen und schwarzen Hüten.
»Der wachhabende Offizier hat uns angewiesen, ihn ins Gefängnis zu bringen«, beharrte der ranghöchste Soldat.
»Ich bin Hauptmann Albin, der Geheimdienstchef und Verantwortliche für die Sicherheit in der Festung. Also übergebt ihn uns, andernfalls...«
Albins Kommandoton und die Gegenwart der zehn »Bulldoggen«, wie sie im Volksmund genannt wurden, schüchterten die Soldaten ein, die nur selten in die Festung kamen und sich dort unbehaglich fühlten. Der Ranghöchste protestierte dennoch.
»Dazu muss ich erst meinen Vorgesetzten fragen.«
»Fragt, wen Ihr wollt. Er ist unser Gefangener und er kommt mit uns.« Damit gab Albin seinen Männern den Befehl, Cale zu übernehmen. Die Soldaten ließen es geschehen, und ihr Anführer ordnete den Rückzug in den Garten an, wo er Hilfe zu finden hoffte. Inzwischen hatten die Bulldoggen Cale in ihre Mitte genommen und traten den Weg ins Labyrinth der Gassen an, die die Festung kreuz und quer durchzogen. Bis Verstärkung eintraf, war von Albins Truppe nichts mehr zu sehen.
Innerhalb von zehn Minuten war Cale in einem von Viponds geheimen Kerkern gelandet, wo ein Kerkermeister sich anschickte, ihn von den eisernen Handschellen zu befreien. Zwanzig Minuten später hatte er die Hände wieder frei und stand in der Mitte einer spärlich beleuchteten Zelle, deren Tür hinter ihm verschlossen wurde. Von den Nachbarzellen trennten ihn teils Mauern, teils Gitterstäbe. Cale setzte sich und begann, über seine Tat nachzudenken. Er hatte schon ein paar Minuten lang düstere Gedanken gewälzt, als aus der Zelle zu seiner Rechten eine Stimme ihn fragte: »Hast du was zu rauchen?«
FÜNFZEHNTES KAPITEL
I mmer wenn wir uns treffen«, sagte IdrisPukke, »sind die Umständen alles andere als glücklich. Vielleicht sollten wir getrennte Wege gehen.«
»Sprecht für Euch selbst, alter Mann.« Cale setzte sich auf die Pritsche und tat so, als kenne er seinen Mitgefangenen gar nicht. Was für ein Zufall, schon wieder mit IdrisPukke zusammenzutreffen.
»Wie der Zufall so spielt«, sinnierte IdrisPukke.
»Wem sagt Ihr das.«
»Ich meine ja nur.« Sie schwiegen beide. Schließlich fragte der Ältere: »Was führt dich her?«
Cale überlegte seine Antwort genau. »Hatte einen Kampf.«
»In einen Kampf verwickelt zu werden ist kein Grund, in Viponds Kerker zu landen. Gegen wen hast du gekämpft?«
Wieder überlegte Cale genau. »Conn Materazzi.«
IdrisPukke lachte, aber aus deutlich erkennbarer Freude und Bewunderung. Cale konnte der Schmeichelei kaum widerstehen.
»Donnerwetter, das nenne ich Schneid. Wie ich gehört habe, hattest du Glück, noch am Leben zu sein.«
Cale hätte merken sollen, dass er provoziert wurde, doch bei aller Gewitztheit war er dazu zu unerfahren in der
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