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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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Ausdruck ist angebracht – die Welt nahm einen anderen Lauf. Scheinbar mühelos packte Cale mit der Linken das Handgelenk des jungen Schnösels und den Vorderarm mit der Rechten, dann drehte er ihm den Arm um. Ein lautes Knacken war zu hören, gefolgt von einem Schmerzensschrei. Cale bewegte sich lässig, ergriff den schreienden Jungen bei den Schultern und warf ihn gegen den verdutzten Conn Materazzi, der daraufhin zu Boden ging. Cale tat einen Schritt rückwärts, nahm die rechte Faust in die linke Hand und stieß den Ellbogen ins Gesicht des Materazzi, der ihm am nächsten stand. Der wurde ohnmächtig, noch ehe er den Boden berührte. Die verbliebenen zwei Jungspunde hatten sich gefasst, zogen ihre Prunkdolche und nahmen Kampfstellung ein. Sie sahen nicht gerade Furcht einflößend aus, wenn sie das vielleicht auch glaubten. Cale näherte sich ihnen, bückte sich und kratzte eine Hand voll Sand vom Boden auf, den er seinen beiden Gegnern ins Gesicht warf. Sie wandten sich ab, und im nächsten Augenblick versetzte Cale einem von ihnen einen Schlag in die Nieren und dem anderen einen Stoß vor die Brust. Er hob die Dolche auf und wandte sich nun Conn zu. Der hatte sich von seinem immer noch schreienden Freund losgemacht. Eine Weile standen sie sich schweigend gegenüber. Conn Materazzi machte einen gefassten, aber doch zornigen Eindruck, Cales Gesicht dagegen war ausdruckslos.
    Unterdessen waren die drei Wachsoldaten vom Kreuzgang, wo sie sich im Schatten ausgeruht hatten, zu den Kämpfenden geeilt.
    »Überlasst uns die Arbeit, Mylord«, sagte einer der Offiziere.
    »Bleibt, wo ihr seid«, befahl Conn. »Wenn einer von euch ihn anrührt, verspreche ich euch, dass ihr für den Rest eures Lebens nur noch Pferdemist wegräumt. Ihr habt mir zu gehorchen.«
    Das war nur zu wahr. Der Offizier zog sich zurück, gab den anderen beiden jedoch ein Zeichen, Verstärkung zu holen. I ch hoffe, dachte er, dass du hochnäsiger Bengel endl ich mal e inen T ritt i n d en Arsch bekommst. Doch er wusste auch, dass das nicht geschehen würde. Conn Materazzi war, obwohl erst sechzehn Jahre alt, ein unerreichter Könner in der Kampfkunst. Hochnäsig war er zwar, aber seine Meisterschaft musste man ihm lassen.
    Conn zog die »Schneide«. Dieses Schwert wurde nur zu hohen Festtagen gezeigt, sonst blieb es sicher verwahrt im Großen Saal. Es war viel zu kostbar, um in einem Kampf benutzt zu werden. Conn durfte sich indes darauf berufen, keine andere Wahl gehabt zu haben, und so wurde die »Schneide« zum ersten Mal nach vierzig Jahren mit der Absicht, zu töten, gezogen.
    »Schluss damit!«, rief Arbell Schwanenhals.
    Conn beachtete sie nicht – bei einem Waffengang hatte selbst Arbell nichts zu vermelden. Cale zeigte mit keiner Miene, dass er sie überhaupt gehört hatte. Und Henri oben auf dem Dach wusste, dass er jetzt nichts mehr tun konnte.
    Schließlich begann der Kampf.
    Conn schwang das Schwert und teilte Hieb auf Hieb aus, während Cale, langsam rückwärts gehend, jeden Hieb mit den beiden Dolchen abblockte, die bald so viele Scharten wie eine alte Säge hatten. Conn parierte jeden Stoß und bewegte sich dabei mit der Anmut eines Tänzers. Conn trieb Cale vor sich her, hieb überall dorthin, wo er eine Blöße vermutete, ob Kopf, Herz oder Beine, aber Cale wehrte jeden Angriff ab. Die beiden maßen sich in vollkommenem Schweigen, nur untermalt vom Klirren der Waffen, dem hellen Klang der »Schneide« und dem dumpfen Widerhall der Dolche.
    Conn Materazzi griff an, Cale parierte jedes Mal, ganz gleich, ob der Hieb von oben oder von unten kam. Schließlich hatte Conn ihn bis an die Mauer gedrängt, sodass es für Cale keinen Rückzug mehr gab. Jetzt, da sein Gegner in der Falle saß, trat er einen Schritt zurück, um jeden Ausfall, den Cale wagen sollte, mit seinem Schwert zu vereiteln.
    »Du kämpfst wie ein Köter, der um sich beißt«, reizte er Cale. Doch Cales Miene blieb kalt und ausdruckslos.
    Conn führte links und rechts ein paar elegante Stöße aus, um den Zuschauern anzudeuten, dass er sich nun zum Todesstoß bereit machte. Ihm schlug das Herz bis zum Hals, das Wissen, dass er danach nicht mehr derselbe sein würde, berauschte ihn.
    Unterdessen waren zwanzig Soldaten, darunter auch Bogenschützen, in den Garten geeilt und hatten einen Halbkreis um die Kontrahenten gebildet. Der Offizier sah wie alle anderen Soldaten auch, wohin das führen musste. Trotz Conns Befehl wusste er, dass er mit dem Schlimmsten rechnen

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