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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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lassen sich allgemein von Frauenschönheit bezaubern, aber nun stelle man sich die Faszination eines jungen Mannes vor, der in seinem ganzen bisherigen Leben solchen Wesen weder begegnet war noch sich ein Bild von ihnen gemacht hatte. Nach ein paar Tagen mit ihr zusammen hatte das Staunen ein wenig nachgelassen, dafür meldeten sich jedoch andere Gefühle als Ehrfurcht und Bewunderung. Er bemühte sich, dieses himmlische Wesen nicht in irgendeiner Weise herabzuwürdigen – obgleich ihm nicht klar war, in welcher Form diese Herabwürdigung bestehen könnte. Tief in seinem Innern regte sich etwas, wofür er keine Worte hatte. Bei ihrer Durchquerung der Scablands waren sie an eine kleine Oase mit einer Quelle gelangt, um die sich ein Tümpel gebildet hatte. Riba begrüßte die Quelle freudig, und Vague Henri, der ein natürliches Feingefühl besaß, bot sofort an, sich auf die andere Seite des Hügels hinter dem Tümpel zurückzuziehen. Dort legte er sich auf den Rücken und geriet in seinen ersten wirklich großen Kampf mit dem Teufel. In der Ordensburg hatten dazu die Gelegenheiten gefehlt. Pater Hauer, fast zehn Jahre lang sein geistlicher Mentor, hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wenn er gesehen hätte, wie kläglich sich Vague Henri gegen die Versuchung wehrte, wie wenig Eindruck die ständigen Drohungen mit Höllenstrafen für jede Sünde wider den Heiligen Geist gemacht hatten – angeblich konnte vor allem der Heilige Geist durch sündige Gedanken dieser Art beleidigt werden. Plötzlich sah sich Vague Henri in der Hand des Teufels, er drehte sich auf den Bauch und schlängelte sich wie die Schlange des Beelzebub bis an den Rand der Anhöhe. War ein Herz, das der Versuchung nachgab, jemals so reich belohnt worden? Riba stand im Tümpel und benetzte sich mit dem Wasser, das ihr bis über die Knie reichte. Sie besaß üppige Brüste – nicht dass Vague Henri irgendeinen Vergleich hätte ziehen können -, die mit zartrosa Erdbeeren bekrönt waren. Wenn Riba sich bewegte, wippten auch ihre Brüste, aber so anmutig, dass er bei dem Anblick schier verging. Zwischen den Beinen... aber so weit müssen wir nicht gehen – wenngleich sich Vague Henri auch über dieses Tabu hinwegsetzte. Der Teufel hatte ganz von ihm Besitz ergriffen. Ihm stockte der Atem, so gebannt war er vom Anblick dieses geheimsten Ortes. In Henris Seele hatten sich viele Bilder der Hölle eingebrannt, aber kein einziges Bild des Himmels. Hier war der Inbegriff der Anmut, in zarte Haut gehüllt und von einer Faszination, die bis in die Stunde seines Todes in der Seele nachwirken sollte. Und Vague Henri, von heiligem Schrecken geschlagen, kroch langsam zurück auf seinen Platz unterhalb der Anhöhe. Unterdessen plantschte Riba noch eine Weile weiter, ohne etwas von der Verwandlung zu ahnen, die hinter dem Hügel in Henris Seele vonstattenging. Wäre Vague Henri einfach am Tümpel geblieben und hätte ihr zugeschaut, wäre sie darüber nicht empört gewesen. Sie bereitete Männern gern Vergnügen, dazu war sie erzogen worden. Der arme Vague Henri jedoch war wie eine Stimmgabel in Schwingung versetzt worden und bebte noch nach Monaten fort. Die Natur hatte ihm ein heftiges Begehren eingepflanzt, doch in seinem ganzen bisherigen Leben fand er keinen Anstoß, wie er damit hätte umgehen können.

    Riba hatte mit ihrer Anstellung sehr viel mehr Glück als die Jungen. Sie hatte als Dienerin der Dienerin der Kammerdienerin von Mademoiselle Jane Weld begonnen. So bescheiden diese Stellung in der gnadenlosen Hierarchie der Dienstbotenwelt war, so konnte es doch fünfzehn Jahre und mehr eisernen Dienst bedeuten, um überhaupt dorthin zu kommen. Kanzler Viponds Nichte war Riba mit ausgesprochener Verachtung begegnet, weil sie eine Unterunterunterdienerin von so niederem Stand bei sich aufnehmen musste. Doch ihre Verachtung schwand – während gleichzeitig die Verachtung der anderen Dienerinnen proportional zunahm -, je mehr sich herausstellte, dass Riba ein Genie für alle Fertigkeiten besaß, die bei einer Kammerdienerin besonders geschätzt wurden: Sie war eine geschickte Friseurin, sie verstand es, Pickel so auszudrücken, dass die Haut möglichst wenig Schaden nahm und dann die Röte mit Schminke unsichtbar zu machen; mit ihren selbst gemachten Cremes, deren Zubereitung nur sie allein kannte, verhalf sie dem weiblichen Teint zu neuem Glanz; garstigen Fingernägeln gab sie ein elegantes Aussehen; Wimpern erhielten Fülle, Lippen wurden

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