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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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Memphis anfangen, bloß um drei Jungen und ein dickes Mädchen wieder in ihre Gewalt zu bekommen?«
    IdrisPukke räusperte sich. »Nicht, wenn man es so ausdrückt. Allerdings hast du mich in den vergangenen zwei Monaten belogen.«
    »Für wen haltet Ihr Euch, dass Ihr die Wahrheit von mir verlangt?«
    »Für den besten Freund, den du jetzt hast.«
    »Wirklich?«
    »Ja – das ist wirklich so. Hast du mir nichts zu sagen?«
    »Nein.« Und bei dem Nein blieb es.
    Zwanzig Minuten später stießen sie auf die Reste eines Lagerfeuers.
    »Was schätzt Ihr?«, fragte Cale, als IdrisPukke die Asche durch die Finger rieseln ließ.
    »Noch warm. Höchstens ein paar Stunden.« Er wies mit dem Kinn auf das niedergedrückte Gras und den zertrampelten Boden. »Wie viele?«
    Cale seufzte. »Wahrscheinlich mindestens zehn, aber auch nicht mehr als zwanzig. Im Spurenlesen bin ich nicht so gut.«
    »Ich auch nicht.« IdrisPukke ließ den Blick nachdenklich umherschweifen. »Einer von uns sollte zurückreiten und den Materazzi unsere Einschätzung der Lage melden.«
    »Aber warum denn? Werden die Materazzi deswegen schneller reiten? Und selbst wenn, was werden sie tun, wenn sie hier sind? Kommt es zu einer richtigen Schlacht, werden die Erlöser Arbell umbringen. Ergeben werden sie sich nicht, das weiß ich aus Erfahrung.«
    IdrisPukke seufzte. »Was schlägst du also vor?«
    »Wir holen sie ein und bleiben immer in Deckung. Wenn wir wissen, mit wie vielen wir es zu tun haben, machen wir einen Schlachtplan. Wir könnten Verstärkung bei den Materazzi anfordern und ohne viel Lärm aufräumen. Soweit mein Plan. Kennen wir die Stärke des Gegners, könnte sich alles wieder ändern.«
    IdrisPukke seufzte abermals. »Na gut. Du kennst die Erlöser schließlich am besten.«
    Fünf Stunden später – es wurde schon dunkel – schlichen Cale und IdrisPukke bis zu einer Anhöhe vor dem Zugang zum Cortinapass, an dem die Grenze zwischen den Gebieten der Erlösermönche und der Materazzi verlief.
    Von der Anhöhe hatte man einen Blick auf eine Senke, wo sechs Mönche gerade ihr Lager aufschlugen. In deren Mitte saß Arbell Materazzi, vermutlich gefesselt, denn die ganze Zeit über rührte sie sich nicht. Nach fünf Minuten zogen sich die beiden in ein rund zweihundert Schritte entferntes Gebüsch zurück.
    »Falls Ihr Euch wundert, dass nur sechs Mönche im Lager zu sehen sind, mindestens vier weitere bilden Außenposten«, sagte Cale. »Außerdem haben sie einen Reiter zur Garnison vorausgeschickt, damit man ihnen von der anderen Seite des Passes entgegenkommt.«
    »Ich reite zurück und versuche, die Materazzi zu holen«, sagte IdrisPukke.
    »Wozu?«
    »Wenn sie nicht mehr weit entfernt sind, gehen sie sicherlich das Risiko ein, nachts zu reiten. Selbst wenn die Materazzi unterwegs die Hälfte der Pferde einbüßen, haben sie nur ein Dutzend Mönche als Gegner.«
    »Und wenn Ihr vor Morgengrauen nicht wieder zurück seid und nicht sofort in Stellung geht, entkommen sie durch den Pass. Und selbst wenn nicht – ein Angriff bei Tageslicht bedeutet den Tod des Mädchens. Entweder überwältigen wir den Gegner, bevor er aufbricht, oder gar nicht.«
    »Wir sind nur zu zweit«, gab IdrisPukke zu bedenken.
    »Ja«, erwiderte Cale, »aber einer davon bin ich.«
    »Das ist doch Selbstmord.«
    »Wenn es Selbstmord wäre, würde ich es nicht tun.«
    »Warum also?«
    Cale zuckte mit den Schultern. »Wenn ich das Mädchen rette, dann hat Seine Eminenz der Marschall allen Grund, mir unendlich dankbar zu sein. Dankbar genug, mir Geld, viel Geld zu geben und freies Geleit zu gewähren.«
    »Wohin?«
    »Wo es warm ist, wo das Essen gut ist und weit weg von den Erlösern, so weit wie man gehen kann, ohne vom Rand der Welt zu fallen.«
    »Und deine Freunde?«
    »Meine Freunde? Oh, die dürfen mitkommen. Warum nicht?«
    »Das Risiko ist zu hoch. Es ist sicherer, Arbell als Geisel in der Hand der Mönche zu lassen und die Materazzi kaufen sie frei.«
    »Woher wisst Ihr, dass sie als Geisel gehalten wird?«, fragte Cale mit gereiztem Ton in der Stimme. IdrisPukke sah ihn erstaunt an.
    »Aha – vielleicht hören wir jetzt die Wahrheit.«
    »Die Wahrheit ist, dass Ihr die Erlöser für Euresgleichen haltet – grausamer, verrückter – und dass sie mehr oder weniger die gleichen Ziele verfolgen wie Ihr. Aber genau das sind sie nicht.« Er machte eine Pause. »Nicht, dass ich sie verstehe. Ich glaubte sie zu verstehen, bis ich dieses Scheusal Picarbo abgestochen

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