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Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Titel: Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gold
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es seltsam, dass sie noch nichts von ihm gehört hatte? War es seltsam, dass sie sich fragte, ob es seltsam war, dass sie noch nichts von ihm gehört hatte? Hatte sie einen Hauch Sandelholzseife an seinem Körper wahrgenommen, als er sich an sie geschmiegt hatte? Sein Körper hatte sich kräftiger und muskulöser angefühlt, als sie gedacht hätte. Nicht, dass sie zuvor je darüber nachgedacht hätte. Sie blätterte zwei Seiten, die zusammenklebten, auf einmal um, ohne es zu merken, und musste daran denken, was für ein komisches Gefühl es gewesen war, in Lincolns Armen aufzuwachen. Nicht komisch auf negative Art, sondern eher auf unerwartete, verwirrende Weise. Es hatte sich gut angefühlt. Die Tatsache, dass er in ihren Gedanken herumspukte – derselbe Knallkopf, der früher heimlich Kleber gegessen und ihr vor so vielen Monden den Moonwalk beigebracht hatte –, wo sie sich eigentlich darauf konzentrieren wollte, den Morsecode zu lernen, überraschte Clara noch mehr.
    Sie klappte das dicke gelbe Handbuch zu und legte es auf ihren neuen Couchtisch aus Glas. Langsam, aber sicher fing die Eigentumswohnung des Richters an, sich wie ein Zuhause anzufühlen und auch so auszusehen. Sie stand vom Sofa auf, nahm ihr Handy von der Tischtennisplatte und wählte die Nummer ihres Bruders. Das sonntägliche Familienessen bei Libby war mittlerweile zu einer allwöchentlichen Routine geworden – oder zu einer »wundervollen, neuen Tradition«, wie Libby es nannte –, und Clara und Leo fuhren am Sonntagnachmittag normalerweise zusammen nach River Pointe hinaus. Ihr war nach Gesellschaft, und sie hoffte, dass ihr Bruder Lust hätte, sie schon etwas früher als sonst abzuholen. »Klingt gut«, sagte Leo. »Ich bin in etwa zwanzig Minuten bei dir. Oh! Aber ich muss dir vorher noch was Wichtiges sagen …«
    »Entschuldige, kannst du kurz dranbleiben?«, unterbrach ihn Clara, als ein weiterer Anruf hereinkam. Doch als sie sah, dass es Lincoln war, überlegte sie es sich anders. »Das heißt, ich muss auflegen. Bis gleich!«
    Sie wechselte auf die andere Leitung und begrüßte Lincoln mit einem betont gelassenen: »Hallo?«
    »Clara James!« Er klang frisch und putzmunter. »Wie geht es meiner Laufpartnerin heute?«
    »Ganz gut. Und dir?«
    »Ich fühle mich wie ein neuer Mensch. Ich habe geschlafen wie im Koma. Allerdings«, seine Stimme wurde ernster, »ich fürchte, ich muss mich entschuldigen.«
    »Entschuldigen? Wofür?« Clara fragte sich, ob er auf ihre versehentliche Kuschelsession anspielte. Immerhin war Lincoln in einer festen Beziehung, und sie hatte den Verdacht, dass Meg es vorziehen würde, wenn ihr Freund jegliches Geschmuse mit anderen Frauen unterließ – vielleicht mit Ausnahme von Dinosaurier-Sue, die mit ihren siebenundsechzig Millionen Jahren keine wirkliche Bedrohung darstellte.
    »Dafür, dass ich wie ein Narkoleptiker weggepennt bin, während du da warst – ganz zu schweigen davon, dass es auch noch bei ›Amoklauf aus Eifersucht‹ passiert ist. Großartiger Film übrigens«, fügte er kleinlaut hinzu. »Ich kann nicht glauben, dass mir das passiert ist. Meine gastgeberischen Fähigkeiten könnten ganz klar noch etwas Schliff vertragen. Ich hatte nicht einmal die Gelegenheit, dir richtig danke zu sagen, dafür, dass du mich gestern Abend aufgeheitert hast.«
    »Komm, red keinen Quatsch.« Clara hatte aufgehört zu zählen, wie oft und auf welche verschiedenen Arten er dasselbe in den vergangenen fünf Monaten für sie getan hatte. Sie war froh, dass sie einmal auch ihm einen Gefallen hatte tun können. »Das ist wirklich nicht nötig. Wenn überhaupt, dann bin ich dir dankbar, dass du mich dazu gebracht hast, meinen Hintern hochzukriegen und bei diesem Lauf mitzumachen. Das war eine gute Erfahrung für mich. Ich muss sagen, es hat mir die Augen geöffnet«, gestand sie.
    »Ich weiß, was du meinst«, stimmte er ihr zu. »Es erstaunt mich immer wieder, wie man sich nur um seinen eigenen Kram kümmern kann und darüber das Offensichtliche vergisst. Die Dinge, die jeden Tag direkt vor unserer Nase sind.« Er seufzte nachdenklich. »Ich nehme an, manchmal braucht es ein bestimmtes Ereignis, damit wir aufmerksam werden und die Dinge aus einer anderen Perspektive sehen können. Aber natürlich muss man auch bereit dazu sein.«
    »Da hast du so was von recht«, stimmte Clara ihm von ganzem Herzen zu. »Du meinst, der Kummer und das Leid von anderen können uns trösten?«
    An Lincolns Ende der Leitung entstand

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