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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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nur da und drehte sich etwa einen Meter unterhalb des Fensters im Wind. Drinnen sahen wir Major, der sich verzweifelt an das Kabel klammerte. Allerdings hatte er ja nur ein Bein, und ich fürchtete, dass er nicht lange durchhalten würde. Hinter ihm entdeckte ich zwei Gestalten, vermutlich Wobble Tackett und Chick Elliot, die übliche Pokergesellschaft.
    Wiley fing an, unterdrückt zu lachen, bis sein ganzer Körper bebte.
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    Bei jeder Feuerpause holte die gesamte Stadt Atem, spähte aus der Deckung hervor und hoffte, dass es vorbei war. Und jede neue Salve versetzte uns noch mehr in Panik.
    Zwei Schüsse knallten. Baggy bewegte sich heftig, als wäre er getroffen worden, obwohl der Heckenschütze ihn unmöglich sehen konnte. Die überraschende Bewegung war offenbar zu viel für Majors Bein. Es gab nach, das Kabel löste sich, Baggy schrie auf und plumpste wie ein Mehlsack in eine dichte Buchsbaumhecke, die die
    »Töchter der Konföderierten« gepflanzt hatten. Die Büsche federten den Aufprall ab und schleuderten Baggy, einem Trampolin gleich, auf den Bürgersteig, wo er wie eine Melone aufklatschte und so zum einzigen Opfer der gesamten Episode wurde.
    In der Ferne hörte ich Gelächter.
    Wiley hielt das gesamte Spektakel erbarmungslos fest.
    Noch Jahre später sollten die Fotos in Clanton herumgehen.
    Baggy rührte sich lange Zeit nicht. »Lasst den Idiot liegen«, brüllte ein Polizist unter uns.
    »Betrunkene fallen weich«, sagte Wiley, als er wieder zu Atem kam.
    Schließlich erhob Baggy sich auf alle viere. Langsam und mühsam wie ein angefahrener Hund kroch er in die Büsche, die ihm das Leben gerettet hatten, und saß den Sturm dort aus.
    Drei Häuser vom Tea Shoppe entfernt stand ein Streifenwagen, den der Heckenschütze mit einer Salve bedachte.
    Der Benzintank wurde getroffen, und Baggy war vergessen. Die Krise erreichte einen neuen Höhepunkt, als unter dem Fahrzeug Rauch hervorquoll. Dann sahen wir Flammen aus dem Wagen schlagen. Der Heckenschütze 291

    fand das offenbar lustig und beschoss einige Minuten lang nur Autos. Ich war überzeugt davon, dass er meinen Spitfire unwiderstehlich finden musste, aber vielleicht war der zu klein.
    Als endlich zurückgeschossen wurde, verlor der Schütze die Nerven. Zwei von Sheriff Coleys Männern gingen auf unterschiedlichen Dächern in Position, und als sie die Kuppel unter Beschuss nahmen, verschwand der Heckenschütze in seiner Deckung und ward nicht mehr gesehen.
    »Ich hab ihn erwischt!«, rief einer der Deputys zu Sheriff Coley hinab.
    Wir warteten zwanzig Minuten lang, aber alles blieb ruhig. Baggys Füße mit den alten Schuhen, deren Kappen gebogen waren, und den schwarzen Socken ragten aus den Büschen heraus, sonst war nichts von ihm zu sehen.
    Gelegentlich blickte Major mit einem Glas in der Hand aus dem Fenster und brüllte Baggy, von dem niemand wusste, ob er im Sterben lag, etwas zu.
    Weitere Polizisten liefen ins Gerichtsgebäude. Die Lage schien sich so weit entspannt zu haben, dass wir uns auf die Schaukelstühle setzten, allerdings ohne die Kuppel aus den Augen zu lassen. Bigmouth, Margaret und Hardy, die Baggys Sturz am Fenster im Erdgeschoss beobachtet hatten, kamen zu uns auf den Balkon. Nur Margaret machte sich seinetwegen Sorgen.
    Der Streifenwagen brannte, bis endlich die Feuerwehr anrückte und die Flammen löschte. Dann öffneten sich die Türen des Gerichtsgebäudes, und einige Verwaltungsangestellte kamen heraus und fingen an, hektisch zu rauchen.
    Zwei Deputys gelang es, Baggy aus den Büschen zu ziehen. Er konnte kaum gehen und hatte offenbar große Schmerzen. Sie setzten ihn in einen Streifenwagen und brachten ihn weg.
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    Dann sahen wir einen Deputy in der Kuppel, und die Stadt war wieder sicher. Wir fünf eilten gemeinsam mit dem Rest der Innenstadt zum Gerichtsgebäude.
    Der zweite Stock war abgesperrt. Da das Gericht nicht tagte, führte Sheriff Coley uns in den Sitzungssaal, wo er uns eine kurze Informationsrunde versprach. Während wir dorthin gegangen waren, hatte ich gesehen, wie Major, Chick Elliot und Wobble Tackett von einem Deputy nach draußen eskortiert wurden. Sie waren offenkundig betrunken und mussten so lachen, dass sie kaum gehen konnten.
    Wiley lief nach unten, um herumzuschnüffeln. Wenn die Leiche des Heckenschützen abtransportiert wurde, wollte er sich das nicht entgehen lassen. Weißes Haar, schwarzes Gesicht, aufgemalte Streifen – da stellten sich eine Menge Fragen.

    Die Scharfschützen des

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