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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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und Rückseite standen und nach ein paar Stunden abgelöst werden sollten. Es gab keinen Mangel an Freiwilligen. Miss Callie hätte es sich nie träumen lassen, dass aus ihrem hübschen, gottesfürchtigen Haus einmal eine waffenstarrende Festung werden würde, aber unter diesen Umständen war es unvermeidbar.
    Harry Rex und ich fuhren durch die angsterfüllten Straßen zu mir nach Hause. Dort fanden wir Buster schlafend in seinem Wagen, den er in der Einfahrt geparkt hatte. Wir holten eine Flasche Bourbon und setzten uns auf die Veranda vor dem Haus. Während wir versuchten, die Lage einzuschätzen, schlugen wir hin und wieder nach allzu angriffslustigen Stechmücken.
    »Er hat viel Geduld«, sagte Harry Rex. »Nach ein paar Tagen werden die Nachbarn genug davon haben, auf der Veranda herumzusitzen, und etwas weniger wachsam sein.
    Die Geschworenen können sich nicht für immer in ihren Häusern verstecken. Er wird warten.«
    Eine beunruhigende Tatsache, die man nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben hatte, war ein Anruf, der eine Woche zuvor bei der Vertretung des Traktor-herstellers eingegangen war. Auf der Anderson-Farm südlich der Stadt war ein Traktor unter ähnlichen Umständen fahruntüchtig gemacht worden. Zu dieser Reparatur war nicht Mr Teale – einer von vier Chef-428

    mechanikern –, sondern ein Kollege geschickt worden.
    Und mit Sicherheit hatte jemand das gelbe Hemd des Mannes durch das Visier eines Jagdgewehrs beobachtet.
    »Er hat Geduld und geht sehr akribisch vor«, stimmte ich zu. Zwischen den beiden Morden lagen elf Tage, und es waren keinerlei Spuren hinterlassen worden. Wenn es wirklich Danny Padgitt war, gab es erhebliche Unterschie-de zwischen seinem ersten Mord – an Rhoda Kassellaw –
    und den beiden letzten. Aus einem brutalen Verbrechen aus Leidenschaft waren kaltblütige Hinrichtungen geworden. Vielleicht waren die neun Jahre im Gefängnis schuld daran. Er hatte genug Zeit gehabt, um an die Gesichter der zwölf Geschworenen zu denken, die ihn ins Gefängnis geschickt hatten, und seine Rache zu planen.
    »Er ist noch nicht fertig«, sagte Harry Rex.
    Ein Mord mochte vielleicht noch Zufall sein. Zwei Morde bedeuteten, dass es ein Muster gab. Beim dritten würde eine kleine Armee aus Polizisten und bewaffneten Bürgern nach Padgitt Island ziehen und einen Krieg beginnen.
    »Er wird warten. Vermutlich eine ganze Weile.«
    »Ich überlege, ob ich die Zeitung verkaufen soll«, sagte ich.
    Harry Rex trank einen großen Schluck Bourbon.
    »Warum?«
    »Wegen des Geldes. Eine Firma aus Georgia hat mir ein gutes Angebot gemacht.«
    »Wie viel?«
    »Eine ganze Menge. Mehr als ich mir je erträumt habe.
    Ich brauchte sehr lange nicht mehr zu arbeiten. Vielleicht nie mehr.«
    Die Vorstellung, dass ich womöglich nie wieder arbeiten 429

    musste, war ein Schock für Harry Rex. Er schuftete zehn Stunden am Tag und musste sich mit einem Haufen gefühlsbetonter und nervöser Scheidungsmandanten herumschlagen. Häufig arbeitete er auch die Nacht durch, wenn es in der Kanzlei ruhig geworden war und er Zeit zum Nachdenken hatte. Er verdiente nicht schlecht, aber er musste für jeden Penny etwas tun. »Wie lange haben Sie die Zeitung jetzt?«, fragte er.
    »Neun Jahre.«
    »Es fällt schwer, sich die Times ohne Sie vorzustellen.«
    »Vielleicht ist das ein Grund dafür zu verkaufen. Ich möchte kein zweiter Wilson Caudle werden.«
    »Und was würden Sie tun?«
    »Pause machen, reisen, mir die Welt ansehen, ein nettes Mädchen finden, heiraten, Kinder haben. Das Haus ist groß genug.«
    »Sie würden also nicht wegziehen?«
    »Wohin? Mein Zuhause ist hier.«
    Wieder ein großer Schluck aus dem Glas. »Ich weiß nicht, was ich Ihnen raten soll. Lassen Sie mich darüber schlafen.« Dann stand er auf, ging die Treppe der Veranda hinunter und fuhr nach Hause.
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    39
    a es nun schon zwei Tote gab, wurden zwangsläufig auch größere Zeitungen als die
    D
    Times auf die
    Geschichte aufmerksam. Am nächsten Morgen kam der Zeitungsreporter aus Memphis, den ich kannte, in mein Büro, zwanzig Minuten später gesellte sich einer von einer Zeitung aus Jackson zu uns. Beide berichteten über den Norden von Mississippi, wo eine sensationelle Nachricht in der Regel eine Explosion in einer Fabrik oder die Festnahme eines korrupten Beamten war.
    Ich gab ihnen die Hintergrundinformationen zu beiden Morden und Danny Padgitts Haftentlassung und erzählte von der Angst, die das County ergriffen hatte. Wir waren keine

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