Die Liste
Auge auf sie haben. Es gibt Hunderte Möglichkeiten, von der Insel runterzukommen, aber nur die Padgitts kennen alle.«
Die Ruffins, die sich gerade mit einem der schwarzen Deputys unterhielten, kamen langsam auf uns zu.
422
»Sie ist vermutlich noch am wenigsten gefährdet«, sagte McNatt.
»Kann ein Anschlag auf die Geschworenen überhaupt verhindert werden?«
»Das werden wir bald rausfinden. Er wird es wieder versuchen, Willie, da bin ich mir absolut sicher.«
»Ich auch.«
Ned Ray Zook besaß im Osten des County tausend-sechshundert Hektar Land. Er baute Baumwolle und Sojabohnen an, und sein Betrieb war groß genug, um Gewinn abzuwerfen. Man erzählte sich, er sei einer der wenigen Farmer, die mit ihrem Grund noch gut verdienen konnten. Vor neun Jahren hatte Harry Rex mich einmal auf Zooks Farm mitgenommen, in eine umgebaute Viehscheune, die gut versteckt in einem kleinen Wäldchen lag. Dort hatte ich meinen ersten und letzten Hahnenkampf gesehen.
In den frühen Morgenstunden des 14. Juli brach jemand in Zooks gewaltige Gerätescheune ein und ließ bei zwei der großen Traktoren das Öl aus dem Motor ab. Das Öl wurde in Kanistern aufgefangen und zwischen den Vorräten versteckt, sodass keine Spuren der Manipulation zu sehen waren, als die beiden Traktorführer gegen sechs Uhr morgens zur Arbeit erschienen. Einer der beiden überprüfte vorschriftsmäßig den Ölstand, stellte fest, dass zu wenig Öl im Motor war, wunderte sich, sagte nichts, und goss vier Liter nach. Der andere hatte den Ölstand seines Traktors wie immer am Nachmittag zuvor kontrol-liert. Eine Stunde später blieb der erste Traktor plötzlich stehen. Der Traktorführer lief einen Kilometer zur Scheune zurück und meldete den Schaden dem Verwalter.
Zwei Stunden später rumpelte ein grün-gelber Kunden-423
diensttransporter über den Feldweg und fuhr so nah wie möglich an den liegen gebliebenen Traktor heran. Zwei Mechaniker stiegen aus, warfen einen Blick auf die glühende Sonne und den wolkenlosen Himmel und gingen dann einmal um den Traktor herum. Widerwillig öffneten sie die Türen ihres Transporters und holten Schraubenschlüssel und andere Werkzeuge heraus. Die Sonne brannte auf sie herab, und bald fingen sie an zu schwitzen.
Um die Arbeit etwas angenehmer zu machen, schalteten sie das Radio in ihrem Transporter ein und drehten es auf volle Lautstärke. Merle Haggards Stimme schallte über das Sojabohnenfeld.
Die laute Musik übertönte den Knall eines Gewehr-schusses. Die Kugel traf Mo Teale in den oberen Rücken, durchschlug seine Lungen und riss ein großes Loch in seine Brust, als sie wieder austrat. Red, Teales Partner, sagte immer wieder, dass er lediglich ein lautes Stöhnen gehört habe, ein oder zwei Sekunden, bevor Mo unter die Vorderachse gefallen war. Zuerst dachte er, dass irgendein Teil des Traktors abgebrochen und mit voller Wucht gegen Mo geprallt wäre. Red zerrte Mo in den Transporter und rannte zur Scheune. Zu diesem Zeitpunkt machte sich Red mehr Sorgen um seinen Freund als darum, was ihn verletzt hatte. Der Verwalter in der Gerätescheune rief sofort einen Krankenwagen, aber es war zu spät. Mo Teale starb auf dem Betonboden eines kleinen, staubigen Büros.
»Mr John Deere«, wie wir ihn beim Prozess immer genannt hatten. In der Mitte der vorderen Reihe, besorgniserregende Körpersprache.
Zum Zeitpunkt seines Todes hatte er eines jener grellgelben Uniformhemden an, die er auch den ganzen Prozess über getragen hatte. Es hatte ihn zu einem einfachen Ziel gemacht.
Ich sah ihn aus einiger Entfernung, durch die offene Tür 424
hindurch. Sheriff McNatt ließ uns in die Scheune hinein und erinnerte uns an das inzwischen übliche Fotografier-verbot. Wileys Fotoapparate lagen ohnehin in seinem Pick-up.
Wiley hatte den Polizeifunk abgehört, als die Meldung durchgegeben wurde: »Ein Schuss auf Ned Ray Zooks Farm!« Er blieb immer in Hörweite seines Scanners und war damit zurzeit nicht der Einzige. Angesichts der gespannten Lage im County wurde jeder verfügbare Scanner benutzt, und fielen irgendwo Schüsse, war dies natürlich ein Grund, in den Pick-up zu steigen und sich die Sache anzusehen.
Nach einer Weile bat uns McNatt, zu gehen. Seine Männer entdeckten die Kanister mit dem Öl, das der Ein-brecher abgelassen hatte, und dass ein Fenster aufgedrückt worden war. Sie untersuchten alles auf Fingerabdrücke, fanden aber keine. Sie suchten nach Fußspuren auf dem Kiesboden, fanden aber keine. Sie
Weitere Kostenlose Bücher