Die Liste
blank.«
»Das wundert mich nicht«, erwiderte ich. »Ich stelle mich inzwischen auch nicht mehr ans Fenster.«
439
40
ie Beerdigung von Mo Teale fand in der Methodis
D
tenkirche in der Willow Road statt –
Nummer sechsunddreißig auf meiner Liste und eine meiner Lieblingskirchen. Sie lag südlich vom Clanton Square und gerade noch innerhalb der Stadtgrenze. Da ich Mr Teale nie kennen gelernt hatte, ging ich nicht hin. Für viele andere war das kein Hinderungsgrund.
Wäre er mit einundfünfzig an einem Herzanfall gestorben, dann wäre das tragisch gewesen, und er wäre unter großer Anteilnahme zu seiner letzten Ruhestätte begleitet worden. Aber da er von einem gerade aus der Haft entlassenen Mörder in einem Racheakt erschossen worden war, hielt die Neugierigen nichts mehr. Zu der Menschenmenge, die sich in der Kirche drängte, gehörten längst vergessene Highschool-Bekanntschaften von Mr Teales vier erwachsenen Kindern, aufdringliche alte Witwen, die selten eine gute Beerdigung verpassten, Reporter auswärtiger Zeitungen und mehrere Männer, deren einzige Verbindung zu Mo darin bestanden hatte, dass sie einen Traktor von John Deere ihr Eigen nannten.
Ich blieb der Beerdigung also fern, verfasste aber seinen Nachruf. Sein ältester Sohn war so nett gewesen, in der Redaktion vorbeizukommen und mir ein paar Informationen zu geben. Er war dreiundreißig – Mo und seine Frau hatten früh mit der Familiengründung begonnen –
und verkaufte neue Fords in Tupelo. Mos Sohn blieb fast zwei Stunden und wollte unbedingt von mir hören, dass man Danny Padgitt schnappen und steinigen würde.
Nach dem Gottesdienst wurde der Sarg zum Friedhof von Clanton überführt. Der Trauerzug erstreckte sich über 440
mehrere Straßenzüge. Er schlängelte sich um den Stadtplatz und reichte bis weit in die Jackson Avenue hinein.
Der Straßenverkehr wurde dadurch in keinster Weise beeinträchtigt – sämtliche Bewohner Clantons waren auf der Beerdigung.
Lucien Wilbanks benutzte Harry Rex als Vermittler und arrangierte ein Treffen mit Sheriff McNatt. Ich wurde von Wilbanks namentlich erwähnt und ausdrücklich nicht eingeladen. Das spielte keine Rolle, denn Harry Rex machte sich Notizen und erzählte mir später alles, allerdings unter der Bedingung, dass kein Wort davon in der Zeitung erschien.
Die Besprechung fand in Luciens Kanzlei statt.
Anwesend war auch Rufus Buckley, der Bezirksstaatsanwalt, der das Amt 1975 von Ernie Gaddis übernommen hatte. Buckley suchte ständig das Licht der Öffentlichkeit.
Danny Padgitts Entlassung hatte er kommentarlos hinge-nommen, doch jetzt brannte er darauf, sich an die Spitze des Mobs zu stellen, der Padgitt lynchen wollte. Harry Rex verabscheute Buckley, was aber auf Gegenseitigkeit beruhte. Lucien hatte ebenfalls nichts für den Bezirksstaatsanwalt übrig, aber schließlich verachtete Lucien so gut wie jeden, weil ihn niemand leiden konnte. Sheriff McNatt konnte Lucien nicht ausstehen, vertrug sich einigermaßen mit Harry Rex und war gezwungen, auf der gleichen Seite wie Buckley zu arbeiten, obwohl er lieber nichts mit ihm zu tun gehabt hätte.
Angesichts dieser Gefühlslage war ich froh, dass man mich bei der Besprechung nicht dabeihaben wollte.
Wilbanks sagte, dass er sowohl mit Danny Padgitt als auch mit dessen Vater, Gill, gesprochen habe. Sie hätten sich irgendwo außerhalb Clantons getroffen, aber nicht auf 441
der Insel. Danny gehe es gut, er arbeite jeden Tag in der familieneigenen Straßenbaufirma, deren Büro praktischer-weise im sicheren Hafen von Padgitt Island lag.
Wie nicht anders zu erwarten, stritt Danny jede Beteiligung an den Morden an Lenny Fargarson und Mo Teale ab. Er sei bestürzt über das, was geschehen sei, und wütend darüber, dass man ihn für den Hauptverdächtigen halte. Lucien betonte, dass er Danny in die Mangel genommen und ihn durch seine beharrlichen Fragen sogar verärgert habe, aber Danny habe sich kein einziges Mal in Widersprüche verwickelt.
Lenny Fargarson sei am Nachmittag des 23. Mai erschossen worden. Um diese Zeit sei Danny in seinem Büro gewesen, was vier Leute bezeugen könnten. Um von Padgitt Island zum Haus der Fargarsons zu kommen, brauche man mindestens dreißig Minuten mit dem Auto, und die vier Zeugen seien sicher, dass Danny sich den ganzen Nachmittag über in seinem Büro oder in dessen Nähe aufgehalten habe.
»Wie viele dieser Zeugen heißen Padgitt?«, wollte McNatt wissen.
»Zum jetzigen Zeitpunkt geben wir die
Weitere Kostenlose Bücher