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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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informierte ihn inoffiziell über die Einzelheiten des Mordes, und mein Wissen schien ihn zu beeindrucken.
    Die Padgitts, die in voller Stärke erschienen waren, 167

    hatten ihre Stühle dicht an den Tisch der Verteidigung gezogen. So, wie sie sich um Danny und Lucien Wilbanks drängten, sahen sie wirklich aus wie eine Bande von Verbrechern. Auf mich wirkten sie arrogant und unheimlich, und ich fand jeden Einzelnen von ihnen widerwärtig. Wie die meisten Leute kannte auch ich ihre Vornamen nicht, aber bei ihrem Anblick fragte ich mich, wer der dilettantische Brandstifter gewesen sein mochte, der das Benzin in unsere Druckerei gebracht hatte. Meinen Revolver hatte ich in meiner Aktentasche, und ihre Waffen waren mit Sicherheit ebenfalls griffbereit. Eine falsche Bewegung, und es würde zu einer richtig schönen Schießerei kommen. Wenn sich dann noch Sheriff Coley und seine Männer einmischten, die zwar schlecht ausgebildet waren, aber sicher gern herumknallten, würde die Bevölkerung der Stadt drastisch reduziert werden.
    Die Padgitts warfen mir ein paar Blicke zu, waren aber deutlich mehr an den Geschworenen interessiert als an mir. Sie verfolgten genau, wie diese nacheinander den Sitzungssaal betraten und vom Geschäftsleiter des Gerichts Anweisungen erhielten. Dabei studierten sie gemeinsam mit ihren Anwälten Listen, die sie irgendwo aufgetrieben hatten, und verglichen ihre Aufzeichnungen.
    Danny war ordentlich, aber lässig gekleidet: Er trug ein langärmeliges weißes Hemd und eine gestärkte Khakihose. Auf Anweisung von Wilbanks lächelte er viel, als wäre er ein richtig netter Junge, dessen Unschuld sich jeden Augenblick erweisen würde.
    Auf der anderen Seite des Ganges ließen Ernie Gaddis und sein kleines Team die Geschworenen ebenfalls nicht aus den Augen. Gaddis hatte zwei Assistenten, eine juristische Hilfskraft und einen nebenberuflichen Staatsanwalt namens Hank Hooten. Die Hilfskraft trug Akten und Taschen, während Hooten hauptsächlich da zu 168

    sein schien, damit Gaddis sich mit jemandem beraten konnte.
    Baggy beugte sich vor, um mir etwas zuzuflüstern. »Der Typ da drüben in dem braunen Anzug«, sagte er, wobei er mit dem Kopf auf Hooten deutete, »der hatte was mit Rhoda Kassellaw.«
    Ich war schockiert, und das sah man mir an. Langsam drehte ich mich nach rechts zu Baggy, der selbstzufrieden nickte und von sich gab, was er immer von sich gab, wenn er einen richtig fetten Skandal auftischte: »Wenn ich’s Ihnen sage.« Das bedeutete, dass er nicht den geringsten Zweifel hegte. Baggy täuschte sich oft, aber er zweifelte nie.
    Hooten schien um die vierzig zu sein. Sein Haar war vorzeitig ergraut, er war gut gekleidet, nicht unattraktiv.
    »Wo kommt er her?«, flüsterte ich. Im Sitzungssaal war es laut geworden, während alles auf Richter Loopus wartete.
    »Er ist von hier. Beschäftigt sich ein bisschen mit Immobilienrecht, macht sich aber keinen großen Stress.
    Ein richtiger Widerling. Ein paarmal geschieden und immer auf der Suche.«
    »Weiß Gaddis, dass sein Assistent was mit dem Opfer hatte?«
    »Natürlich nicht. Sonst hätte er ihn längst von dem Fall abgezogen.«
    »Glauben Sie, Wilbanks weiß es?«
    »Niemand weiß es.« Baggy klang noch selbstzufriedener, als hätte er die beiden persönlich im Bett erwischt, das aber bis zu diesem Augenblick für sich behalten.
    Kurz vor neun traf Miss Callie ein. Esau begleitete sie in den Saal, musste aber wieder gehen, weil er keinen Platz 169

    fand. Sie meldete sich beim Geschäftsleiter des Gerichts, der ihr einen Stuhl in der dritten Reihe zuwies und ihr ein Formular zum Ausfüllen gab. Sie sah sich nach mir um, aber es waren zu viele Leute zwischen uns. Unter den Jurykandidaten zählte ich vier weitere Schwarze.
    Ein Gerichtsdiener brüllte, wir sollten uns erheben. Wir gehorchten, und es klang wie eine Stampede. Als Richter Loopus uns aufforderte, uns zu setzen, bebte der Boden.
    Der Richter ging sofort an die Arbeit. Er schien guter Dinge, schließlich hatte er einen Sitzungssaal voller Wähler vor sich, und in zwei Jahren musste er sich zur Wahl stellen – auch wenn es bis jetzt nie einen Gegenkandidaten gegeben hatte. Sechs Geschworene wurden von ihrer Pflicht entbunden, weil sie über fünfundsechzig waren, fünf aus medizinischen Gründen. Der Vormittag fing an, sich in die Länge zu ziehen. Ich konnte den Blick nicht von Hank Hooten wenden, der tatsächlich wie ein Frauenheld wirkte.
    Am Ende der Vorbefragung hatte sich das

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