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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Zweitens muß Richard daraufhin die tatsächliche Gewalt über Aquitanien bekommen, drittens muß John das Kreuz nehmen, und viertens sollen Eure Barone in England und auf dem Festland Richard vor seiner Abreise als Thronerben huldigen.«
    Henry spürte die Kälte in seinen Knochen, wie er sie vorher nie empfunden hatte, spürte die Anstrengungen der Reise nach Bonsmoulins und den Druck der sich immer wieder im Kreis drehenden Verhandlungen. So entgegnete er nur knapp: »Ihr könntet ebensogut die Stadt Jerusalem von mir fordern. Es ist mir unmöglich, mit Euren Forderungen einverstanden zu sein.« Er war überrascht, als Philippe nichts erwiderte.
    Statt dessen ging Richard einen Schritt auf ihn zu und fragte sehr ernst, ihn unverwandt ansehend: »Vater, erkennt Ihr mich als Euren Erben an?«
    Henry blinzelte und schwieg. Die Stille schien sich endlos hinzuziehen.
    Dann löste Richard seinen Blick von seinem Vater. »Nun ist sonnenklar geworden«, erklärte er tonlos, »was ich bis jetzt für unmöglich gehalten habe.«
    Damit löste er sein Wehrgehenk, legte es Philippe vor die Füße, kniete nieder und umfaßte in der Haltung, in der traditionellerweise ein Vasall seinem Lehnsherrn den Eid schwor, die Hände des französischen Herrschers.
    »Ich schwöre Euch, mein König«, sagte er laut und klar, »Treue für meine Lehen, Aquitanien, die Normandie, Maine, Berry und alle Gebiete in Eurem Land, die ich erobert habe. Ich schwöre Euch weiterhin Treue wider all Eure Feinde, mit Ausnahme«, er stockte kurz,
    »meines Vaters, des Königs von England. Dies alles schwöre ich, und Gott soll mich an Leib und Seele strafen, wenn ich meinen Eid nicht halte.«

    »Nun«, sagte Ralph mit einem verächtlichen Blick auf die fast leere große Halle in Chinon, »es sind nicht mehr viele übriggeblieben.«

    William Marshall nickte stumm.
    Henry hatte nach Richards Lehnseid an Philippe seine augenblickliche Rückkehr an seinen Hof gefordert und seinem Sohn nach dessen Weigerung den Krieg erklärt. Seit Bonsmoulins waren acht Monate vergangen, acht Monate, in denen der König vor aller Augen immer kränker geworden war und Richard an der Seite des französischen Königs eine Stadt nach der anderen eroberte. Am Weihnachtshof hatte schon weniger als ein Drittel des geladenen Adels teilgenommen, und jetzt waren es noch viel weniger.
    »Ihr habt uns allerdings ungeheuer geholfen, Marshall«, fuhr Ralph schneidend fort, »als Ihr darauf verzichtet habt, Richard zu töten, obwohl er Euch direkt vor die Lanze kam.« William Marshall betrachtete ihn von oben bis unten. Nach dem Fall von Le Mans, als Henry die Flucht hatte ergreifen müssen, wäre Ralph beinahe von einem Verfolgungstrupp, der von Richard angeführt wurde, eingeholt worden, hätte nicht William Marshall eingegriffen.
    Der Ritter hatte sein Pferd gewendet und war mit angelegter Lanze auf Richard selbst losgeritten. Doch als er erkannte, daß Richard, der mit einer Verfolgungsjagd gerechnet hatte, keinen Schild und Brustpanzer trug und infolgedessen vollkommen ungeschützt war, hatte er im letzten Moment die Lanze gesenkt, statt Richard dessen Pferd durchbohrt und die Verfolger des Königs so erst einmal zum Stehen gebracht.
    »Wirklich«, sagte Ralph, »sehr ritterlich war das.«
    Marshall konnte sich nicht länger zurückhalten. »Darf man fragen, was Euch das überhaupt angeht? Wollt Ihr Richard unbedingt tot sehen? Aufrichtig gesagt, bezweifle ich sogar, daß der König das will. Doch wenn Ihr Richard so sehr haßt, dann reitet doch zu seinem Lager und fordert ihn zu einem Zweikampf heraus. Oder seid Ihr dazu zu feige und wünscht, daß andere für Euch die Schmutzarbeit erledigen? «
    Ralph lief rot an. »William Marshall, das ist genug! Ich werde Euch sagen, was ich denke - Ihr habt Richard nicht getötet, weil Ihr Euch beim nächsten König Liebkind machen wollt. Außerdem habt Ihr vielleicht nie die Freundschaft zu Richard aufgegeben, wer weiß, vielleicht steckt Ihr sogar heimlich mit ihm unter einer Decke.«
    »Ist das Euer Ernst?« fragte Marshall mit tödlicher Ruhe. Ralph erinnerte sich rechtzeitig daran, daß er einem der besten Kämpfer des Reiches gegenüberstand und eine Forderung kaum überleben dürfte.
    Doch er wurde der Verlegenheit einer Antwort enthoben, denn ein junger, dunkelhaariger Mann rief sie beide an.
    »Ralph, Marshall! Wo ist mein Vater?«
    William Marshall murmelte kaum hörbar: »Hier kommt der Grund für all diesen Ärger.«
    Ralph

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