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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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ansahen. Der Anblick machte ihn seltsam zornig und verwirrte ihn. Sie haßten sich, sie hatten jeden nur erdenklichen Grund, sich zu hassen, und den größten Teil der Zeit benahmen sie sich auch so, doch selbst ihr Haß schien so persönlich, so ausschließlich zu sein, daß jede Einmischung in eine ihrer Streitereien einer Verletzung ihrer Geheimnisse gleichkam.
    Richard war im Grunde unkompliziert. Menschen waren seine Feinde oder seine Freunde, und dementsprechend behandelte er sie.
    Mit seinem Feind, den er haßte, zu lachen, wie er seine Eltern nur Momente, bevor sie einander die ärgsten Grausamkeiten an den Kopf warfen, hatte lachen sehen, kam ihm so widernatürlich und unehrenhaft vor, wie bei einem Turnier eine tödliche Lanze zu verwenden oder einen Mord durch Gift zu begehen. Schließlich zog er William Marshall zur Seite, um mit ihm über das Gerücht zu sprechen, das seit einigen Wochen das Abendland erreicht hatte. Es hieß, Saladin, der Herrscher von Ägypten und Syrien, plane, die Heilige Stadt selbst anzugreifen, das Königreich Jerusalem, das derzeit von Guy de Lusignan regiert wurde. Bald diskutierten sie leidenschaftlich über die Möglichkeit eines neuen Kreuzzugs, ohne den König und die Königin noch weiter zu beachten. Henry und Alienor fixierten sich mit einem stummen Blick, als gelte es, den anderen zu zwingen, als erstes die Lider niederzuschlagen.
    »Schön«, sagte er schließlich. »Auf eine neue Runde in unserem idyllischen Eheleben.« Er führte ironisch ihre Hand an seinen Mund.
    »Ich bete dich an, meine Königin, aber ich muß leider darauf verzichten, dich wiederzusehen, bis du nicht deine Unterschrift unter diesen kleinen Vertrag gesetzt hast.« Alienor neigte den Kopf. »Also dann, Henry - bis zum nächsten Jahrtausend. Ich wollte schon immer wissen, ob ich lange genug leben werde, um festzustellen, wann sich unser Herr Jesus zu seinem zweiten Erscheinen auf Erden entschließt.«

    »Nun«, sagte Geoffrey, »das verändert die Lage etwas, nicht wahr?«
    »Ein wenig«, erwiderte Philippe. Sie befanden sich in einem großzügig ausgestatteten Gemach im königlichen Schloß von Paris.
    Der Palast auf der Ile-de-la-Cite hatte sich sehr verändert, seit Louis gestorben war. Fort waren die vielen kleinen Altäre, die Kreuze, fort auch die mönchische Kargheit, die Louis bei seinen Königinnen durchgesetzt hatte.
    Statt dessen speisten sie nun gesottenen Kapaun auf goldgetriebenem Geschirr, und der Wein leuchtete dunkel in Kristallgläsern, die man mühsam aus dem fernen Byzanz herbeigebracht hatte. Philippe war in vielem das genaue Gegenteil seines Vaters. Er war klein, doch gutaussehend, und ihm fehlte zur Gänze Louis’ Gutmütigkeit, seine seltsame Unschuld in dem Glauben an Gott und die Menschen.

    Philippe II glaubte nur an sich selbst, seine rigide Körperhaltung drückte eiserne Wachheit aus, und sein eisgrauer Blick, mit dem er Geoffrey musterte, war zielgerichtet und kalt. Geoffrey fuhr, nicht im geringsten beeindruckt, fort: »Da Richard Aquitanien übergeben hat, ist er nun wieder in Gnaden bei meinem Vater aufgenommen, und John ist weder der Provinz noch dem Thron um ein Stückchen näher.«
    »Und?«
    »Ich halte den Zeitpunkt für günstig, endlich meine eigenen Ansprüche anzumelden. Richards Macht ist geschwächt, und John ist ein Junge, der nicht zählt und mir obendrein vertraut.«
    Philippes Lippen verzogen sich leicht. »Seid Ihr dessen so sicher, Geoffrey? Doch wie auch immer - warum sollte ich von Henry Plantagenets Söhnen ausgerechnet Euch helfen? Ihr vergeßt wohl, daß Richard mit meiner Schwester verlobt ist.«
    Geoffrey lachte. »Euer Gnaden, seien wir doch ehrlich - Ihr wißt so gut wie ich, daß Richard nicht die geringste Chance hat, Alais zu heiraten, solange unser Vater noch lebt, und ich bezweifle sehr, ob er es nach dessen Tod tun wird.«
    »Und meine Freundschaft mit Richard?« fragte Philippe sarkastisch.
    »Männer«, erwiderte Geoffrey gedehnt, »schließen keine Bündnisse um der Freundschaft willen.«
    Der junge König von Frankreich hüstelte. »Ihr seid in der Tat der Mann, als den man Euch beschreibt. Gut, lassen wir die Spielchen und kommen wir zur Sache. Sagt mir einen vernünftigen Grund, warum ich Euch unterstützen sollte.«
    Geoffrey beugte sich vor. »Ich behaupte nicht, daß ich Alais heiraten würde - Ihr wißt, daß ich die Ehe mit meiner Gattin nicht annullieren lassen kann, nicht mit zwei Kindern und der Bretagne, auf die sie

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