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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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war.
    »Unser Vater wollte Ralph schon einmal zum Bischof von Lincoln machen, doch Ralph lehnte ab«, sagte er, »und nur wer ihn nicht kannte, fragte sich, warum er so eine fette Pfründe gehen ließ.« Philippe hob die Brauen. »Nun?«
    »Ein Priester kann nicht König werden«, entgegnete Richard,
    »und ich erinnere mich, daß Bruder Ralph schon während unserer Kindheit bis zum Überdruß wiederholte, daß auch der Eroberer als Bastard geboren wurde.«
    »Jetzt erzählt er schon von Träumen, in denen ein goldener Reif unter seinem Kissen liegt«, bemerkte John. Richard gestattete sich ein Achselzucken. »Ralph ist eine Schwierigkeit, aber keine allzu große. Ich schlage vor, kleiner Bruder, du läßt deine Zelte hier auf-schlagen… bei den anderen edlen Herren aus Chinon. Es herrscht ziemlich viel Gedränge hier.

    Das erinnert mich an ein Sprichwort über Schiffe und Ratten, aber ich komme im Moment nicht darauf.«
    John biß die Zähne zusammen. Die Muskeln an seinem Kiefer bewegten sich, doch ansonsten gab es kein äußeres Anzeichen von dem Zorn, der in ihm tobte. Warten wir es ab, Richard, dachte er.
    Warten wir es ab.

    Richard eroberte Tours am dritten Juli, und einen Tag später begegnete er seinem Vater zum letzten Mal. Henry konnte kaum auf einem Pferd sitzen, doch er zwang sich, den Verhandlungen beizuwohnen. Das Ergebnis war, daß Richard Alais nach seinem Kreuzzug heiraten sollte, von Henry als Erbe anerkannt wurde und Henry versprach, seinen Untertanen zu gebieten, Richard die Treue zu schwören.
    Anschließend wurde er auf einer Tragbahre in das nahegelegene Chinon zurückgeschafft. Er hatte mit Philippe vereinbart, daß man sich wechselseitig die Namen der Verräter während des Krieges schicken würde, doch der Beamte, der Henry - nun unfähig, selbst zu lesen - Philippes Liste vortragen sollte, kam nie über den ersten Namen hinweg. Es war der von Henrys jüngstem Sohn John.
    Henry gebot dem Beamten Schweigen, als dieser fortfahren wollte: »Ihr habt genug gesagt.«
    Henry Plantagenet, der erste seiner Linie auf dem englischen Thron, starb am sechsten Juli im Jahr des Herrn 1189. Er wurde im Kloster Fontevrault beigesetzt.

V

Richard

    »Die Teufelskrone.« Richard hielt sie
    empor ins Licht: die große Krone von
    Anglia, die mit Rubinen wie Blutstropfen
    besetzt war. »So hat mein Vater
    sie immer genannt.« (…) »Nichts
    Böses haftet Euch an«, erklärte Alf
    und wagte, eine Spitze der Krone mit
    dem Finger zu berühren. » Und ihr
    auch nicht«, fügte er hinzu,
    obgleich er Macht in der Krone fühlte…

    Judith Tarr, Die gläserne Insel

Der König hat mich dann in Fontevrault sofort beauftragt, nach England zu reisen und Euch zu befreien, Euer Gnaden«, schloß William Marshall. Er sah die siebenundsechzigjährige Frau an, die ihm gegenübersaß, und verbiß sich ein Lächeln. Er hätte wissen müssen, daß das Gerücht schneller als er sein würde und daß Alienor von Aquitanien nicht im Salisbury Tower darauf warten würde, daß man sie befreite. Sie hatte ihren Wachen befohlen, sie unverzüglich frei-zusetzen, und diese hatten ihr auch gehorcht - wer wußte, was jetzt, da der alte König tot war, noch kommen würde? William Marshall hatte Alienor bereits in Winchester bei ihrer schwerkranken Tochter Mathilda vorgefunden.
    »Der König…« sagte Alienor langsam und ließ das Wort verhallen. »Hat Richard sich sofort mit Euch versöhnt, William Marshall?«
    »Als er in Fontevrault eintraf, ließ er mich kommen und stellte mich zur Rede, weil ich ihn hätte töten wollen.« Flüchtig spiegelte das Gesicht des Ritters leichte Gekränktheit wider. »Ich erwiderte, daß ich mein Ziel niemals verfehle und daß mich niemand davon hätte abhalten können, ihn zu töten, wenn ich es wirklich gewollt hätte. Er lachte, meinte, er hege keinen Groll gegen mich, und gewährte mir alles, was mir… der alte König versprochen hat. Übrigens hielt er es so auch mit allen anderen, die seinem Vater bis zur Todesstunde treu geblieben waren.«
    Alienor nickte schweigend. »Ihr wart bei seinem Tod dabei«, fragte sie unvermittelt, »wie starb…« Sie konnte den Namen nicht aus-sprechen. »Wie starb er?«
    Marshall räusperte sich. »Meine Königin, es dauerte lange und war furchtbar«, entgegnete er aufrichtig. »Nachdem die Liste mit den Verrätern eingetroffen war, sagte der König nicht mehr viel.« Er zögerte, dann setzte er etwas hinzu, was er noch keinem Menschen berichtet hatte, auch

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