Die Löwin von Aquitanien
das nicht einzuordnen war: »Ich danke Euch, Euer Gnaden.«
Alienor blickte ihr nach und stellte mit Belustigung fest, daß sie, bestimmt die weltlichste und unfrömmste aller Frauen, nun an zwei Tagen hintereinander von zwei Heiligen gesegnet worden war - würde auch Bernhard von Clairvaux lauthals Blasphemie schreien, wenn er erführe, daß Alienor Heloise mit ihm auf eine Stufe stellte. Dann horchte sie dem Klang von Heloises Worten nach: »Gott wird Euch Frieden geben.« Sie war noch zu jung, um nicht daran zu zweifeln, daß Frieden wirklich ein beneidenswertes Geschenk und dem stürmischen Abenteuer vorzuziehen war.
Suger und der bei Hof nun wieder sehr gegenwärtige Thibaud de Blois, Graf der Champagne, begannen nun immer lauter zu verkünden, die Königin sei unfruchtbar und somit eine Gefahr für den Fortbestand des Königtums; zusätzlich erinnerte Suger den König daran, daß er, ob nun verheiratet oder nicht, ohnehin Lehnsherr über Aquitanien sei. Doch hier zog Louis die Grenze. Seine wiedergefundene christliche Demut ging nicht so weit, daß er bereit gewesen wäre, sich von Alienor zu trennen. Nicht mehr auf seine Gemahlin zu hören, wie Suger forderte, nun, das war eine andere Sache, aber er liebte Alienor noch mit der gleichen hoffnungslosen Anbetung, die er ihr seit ihrem Hochzeitstag entgegengebracht hatte. Einmal, als er auf seinem Feldzug in der Champagne sehr krank geworden war und der Feldscher ihm riet, zur Wiederherstellung seiner Körpersäfte mit einer Frau zu schlafen, hatte er den Vorschlag entrüstet abgewiesen und für die heimliche Belustigung seiner Ritter gesorgt, indem er leidenschaftlich erklärte, nie würde er das Ehegelöbnis brechen und seine Gemahlin betrügen.
Alienor spürte überdeutlich die Gefahr, in der sie sich befand, zumal als eine ihrer Zofen eine für sie bestimmte Frucht aß und sich gleich darauf in Krämpfen wand. Die Zeichen waren ihr nur allzu vertraut; versuchte man sie, da es über Louis nicht möglich war, nun auf andere Weise loszuwerden?
Sie entschied sich, im Gegenzug mit allen Mitteln zu versuchen, den rachsüchtigen Grafen der Champagne zu versöhnen und auf ihre Seite zu ziehen. Wenn Alienor wollte, konnte sie ungeheuer liebenswürdig sein, und sie bemühte sich wochenlang so sehr um Thibaud de Blois, daß Louis eine eifersüchtige Bemerkung nicht unterdrücken konnte. Als sie ihrem alten Gegner dann einen ihrer eigenen Vettern, der eine der reichsten Grafschaften Aquitaniens sein eigen nannte, als neuen Gemahl für seine Nichte anbot, stimmte er zu, Raoul de Vermandois ziehen zu lassen, und sorgte dafür, daß auch die Exkommunikation Petronilles ihr Ende fand.
Alienors Freude war nur von dem Ärger geschmälert, nicht früher an diese Möglichkeit gedacht zu haben. Wenngleich man Thibaud de Blois noch immer nicht als ihren Freund bezeichnen konnte, so stand er ihr nun zumindest nicht mehr feindlich gegenüber und würde nicht mehr mit dem gleichen Eifer dabeisein, wenn es galt, gegen sie zu handeln.
Ihr Triumph wurde noch gekrönt, als sie spürte, daß sie wieder Mutter wurde. Diesmal war sie entschlossen, jeder Gefahr aus dem Weg zu gehen. »Du betest genügend für uns beide«, sagte sie lächelnd zu Louis, »und glaubst du nicht, daß man dem Herrn nicht nur durch Bußübungen danken kann, sondern auch dadurch, daß man sich an seiner Gabe, der Musik, erfreut?« Louis glaubte es nicht, doch Alienor fügte noch ein wenig spöttisch hinzu, selbst der große David habe die Laute gespielt und dazu gesungen und könne somit als Rechtfertigung der Heiligen Schrift für die Troubadoure angesehen werden. Er gab sich geschlagen. Er fand nie so schnell Argumente wie Alienor, und außerdem trug sie seinen Erben, so daß er ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen versuchte. Louis’ feierliche Versöhnung mit der Kirche jährte sich - ein glücksverheißendes Datum für ihn -, als sein und Alienors erstes Kind, eine Tochter, geboren wurde. Mit keinem Wort ließ er Enttäuschung laut werden. Als ihm das Neugeborene, in weißes Laken gewickelt, zum ersten Mal gezeigt wurde, erklärte er glückstrahlend: »Sie soll Marie heißen, nach der Mutter Gottes, der wir dieses wunderbare Geschenk zu danken haben!«
Auch Alienor empfand keine Enttäuschung, denn sie hatte bewiesen, daß sie fruchtbar war, und sie würde auch Söhne gebären können. Und falls nicht - sie selbst hatte Aquitanien geerbt, und sie würde den törichten Nordfranzosen ihre
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