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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Überzeugung, daß Frauen von der Erbfolge auszuschließen seien, austreiben.
    Sie erholte sich sehr schnell von der Geburt und konnte schon wenige Tage später wieder aufstehen. »Jetzt«, sagte sie, ihre Tochter im Arm und die Stirn gegen eines der Schloßfenster gepreßt, »jetzt werde ich nach Aquitanien zurückkehren.«
    Doch bevor sie in ihre Heimat aufbrechen konnte, erreichte Frankreich die Nachricht, daß eine der wichtigsten und berühmtesten Städte im Heiligen Land, Edessa, von dem moslemischen Gouverneur von Aleppo erobert worden war. Zenghi von Aleppo galt als gefürchteter Krieger, und eine Vielzahl von Legenden hatte sich um ihn gebildet. Sofort erließ der Papst eine neue Kreuzzugsbulle und betraute 80
    keinen anderen als Bernhard von Clairvaux damit, für den Zweiten Kreuzzug zu predigen.
    In Bourges, wo Louis und Alienor zum Weihnachtsfest hofhielten, hörten König und Königin, Adlige und Volk Bernhard unermüdlich für die Sache Gottes predigen, bis Louis voll glühender Begeisterung rief: »Vater, ich nehme das Kreuz!« Nachdenklich beobachtete Alienor ihren Gemahl. Dann straffte sie sich, trat neben Louis und erklärte laut: »Auch ich nehme das Kreuz!«
    Hatte schon Louis’ Ankündigung erregtes Gemurmel hervorgerufen - er war der erste unter den Königen, der sich tatsächlich zum Kreuzzug entschlossen hatte -, löste Alienor allgemeine Entgeisterung aus. Sie sah die Bestürzung und Fassungslosigkeit auf Bernhards Gesicht und sagte leise: »Steckt mir das Kreuz an, Vater. Seine Heiligkeit der Papst schreibt doch nichts über das Geschlecht der Kreuzfahrer vor, oder?« Er befestigte es zögernd auf ihrem Umhang, wobei seine Hände vor der Berührung mit dem warmen weiblichen Körper zurückzuckten.
    An diesem Tag nahmen, befeuert von Bernhards Predigt und dem beispielhaften Verhalten des Königspaares, noch Hunderte das Kreuz, bis der Abt von Clairvaux sogar Abzeichen aus seinem eigenen Gewand schneiden mußte, um das Verlangen der Menschen zu erfüllen.
    Bis dahin war die Bulle des Papstes auf wenig Enthusiasmus gestoßen, besonders bei den Herrschern, die tief in ihre eigenen Machtkämpfe verwickelt waren. Das französische Volk hatte kaum Zeit gehabt, sich von dem Aufstand in der Champagne und dem Konflikt zwischen König und Kirche zu erholen. Die Bischöfe, die die Barone ermahnten, dem frommen Beispiel ihres obersten Lehnsherrn zu folgen, fanden wenig Gehör, doch wo immer Bernhard von Clairvaux persönlich auftauchte, riß der begnadete Prediger die Masse mit.
    Louis sah in dem Kreuzzug nicht nur die Gelegenheit, durch den Kampf für den Glauben seine Irrtümer zu sühnen, sondern fühlte auch zum ersten Mal, wie seine ungewollte Berufung als König und sein Hang zur Religion ein gemeinsames Ziel fanden.
    Über Alienors Entscheidung, ebenfalls das Kreuz zu nehmen und ihn zu begleiten, war er allerdings weniger glücklich. Er wollte gern glauben, daß die gute Sache sie hinweggerissen hatte, doch eine Frau auf einem Kreuzzug? Es hatte etwas Blasphemisches.
    »Aber Louis«, sagte Alienor und summte vor sich hin, »warum nicht? Außerdem ist es nicht ganz so einzigartig. Es ist schon ein paarmal vorgekommen.«
    Ja, gab Louis innerlich zu, doch die wenigen Frauen, die bisher ins Heilige Land gepilgert waren, hatten entweder ein Gelöbnis ihrer verstorbenen Männer erfüllt oder waren Büßerinnen, meist Nonnen, gewesen. Aber bei einem Kriegszug zu Ehren Gottes… und Alienor machte sehr deutlich, daß sie nicht die Absicht hatte, als Büßerin zu gehen, sondern mit ihren Kammerfrauen reisen würde. Er konnte sich Alienor im Pilgergewand, nur mit dem Bettelsack, den ein Kreuzfahrer eigentlich haben sollte, auch nicht vorstellen.
    Louis waren auch schon mehrere Beschwerden seiner erbosten Adligen zu Ohren bekommen: Von Alienors Beispiel angeregt, hatten nämlich andere Damen, die Gräfin von Flandern und die Herzogin von Burgund zum Beispiel, angekündigt, sie würden der Königin folgen. Wo war die weibliche Zucht und Bescheidenheit geblieben, fragte man sich, wo die natürliche Ordnung der Dinge? Und das alles nur, weil der König seine Gemahlin nicht im Zaum halten konnte.
    »Alienor«, brachte Louis schließlich hilflos hervor, »bist du sicher?« Alienor küßte ihn lange und zärtlich, was ihn immer wieder in Verwirrung brachte. »Ganz sicher. Ich würde dich doch schrecklich vermissen. Und ich habe ein heiliges Gelübde abgelegt, vergiß das nicht, es wäre schwere Sünde, es zu

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