Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
angereisten Papst den Pilgerstab empfangen hatte. Neben einem riesigen Heer begleitete ihn eine endlose Kette von Wagen, die größtenteils ein für einen Kreuzzug sehr unübliches Gepäck trugen: Abgesehen von Zelten und Teppichen für die Rast hatten sie Kleider, Waschbecken, Schmuck, Pelze zum Wärmen und leichte Schleier, um sich gegen den Wind und den Staub zu schützen, geladen: mit einem Wort, das Zubehör seiner Gemahlin und ihrer Damen.
    Viele von ihnen zogen es vor, in den Wagen zu bleiben. Nicht so Alienor. Sie ritt an der Seite ihres Gemahls, und den Soldaten, die sie beobachteten, schien es ein seltsames Spiel der Natur: die schlanke, zarte Gestalt, die mit einer Leichtigkeit ihr Pferd beherrschte, die dem besten Ritter wohl angestanden hätte.

    Ein zartblauer Himmel wölbte sich über Konstantinopel, und Manuel Komnenos, der auf den Zinnen der Mauer seines Blachernenpalastes stand, atmete tief die würzige Meeresbrise ein, die vom Goldenen Horn her über die Stadt wehte. Es war eine weise Entscheidung seines Vaters gewesen, den kaiserlichen Sitz vom Bukoleion, dem Großen Palast, hierher zu verlegen. Das Bukoleion mit seinen vielen kleinen Einzelpalästen, die seit Justinians Zeiten immer weiter ausgebaut und ineinander verschachtelt worden waren, war zwar prächtig, lag aber direkt am Hafen und war damit ständig allen möglichen schlechten Gerüchen ausgesetzt.
    Der Kaiser lächelte stolz. Konstantinopel besaß den größten Hafen der Welt; keine andere Stadt gab es, die sich einer so günstigen Lage hätte rühmen können wie dieses Kleinod am Bosporus. Keine, die eine ähnliche Schönheit besessen hätte - jeder Turm in der Stadtmauer war gearbeitet, als handele es sich um ein seltenes, einmaliges Kunststück, und die alte Akropolis mit ihren Säulen, Triumphbogen und Portiken war nicht nur vollständig erhalten, sondern auch eine vollkommene harmonische Verbindung mit der neuen Stadt eingegangen. Byzanz mit seinen mächtigen Basiliken, allen voran die Hagia Sophia, besaß Roms Vergangenheit und Gegenwart, ohne je wie Rom eine zerstörerische Völkerwanderung erlebt zu haben.
    Ein Hüsteln unterbrach seine Gedanken. »Wenn Ihr gestattet, Allerherrlichster.«
    Widerwillig riß sich Manuel Komnenos von dem Anblick seiner Stadt los und wandte sich an den kleinen Mann, der vor ihm stand.
    »Berichte.«

    »Die Franken wurden, wie Ihr es befahlt, in das Philopation gebracht. Es hat etwas länger gedauert, weil die Bürger zusammenliefen, um die Barbaren aus dem Norden zu bestaunen, und…«
    Der Kaiser winkte unwillig ab. »Wissen Eure Leute, was sie zu tun haben? «
    Sein Minister räusperte sich. »Selbstverständlich, Allerherrlichster. Aber wenn Ihr mir die Bemerkung gestattet, der Herrscher der Franken scheint mir nicht von der Art zu sein, die Spione lohnend machen würden.«
    Manuel lachte auf. »In der Tat, mir ist noch nie ein solch gläubiger Narr begegnet. Sogar mein verehrter Schwager, der römische Kaiser, war mißtrauischer. Und der gehörte schon zu diesen unzivilisierten germanischen Tölpeln.« Er grinste. »Übrigens, ist es richtig, daß mein Schwager diesem Franken auf seinem Weg einiges Unbehagen bereitet hat?«
    Der Minister zuckte die Schultern. »So ist es, Allerherrlichster.
    König Louis war der erste Herrscher, der das Kreuz nahm, aber Kaiser Konrad hatte wesentlich schneller seine Vorbereitungen abgeschlossen, und überall, wohin die Franken kamen, waren die Deutschen schon gewesen. Die Märkte in den Orten waren leergekauft und die Preise in die Höhe getrieben. Da der König der Franken seinen Leuten das Plündern untersagte…«
    »Das war ausgesprochen töricht von ihm«, unterbrach der Kaiser.
    »Ich habe noch nie einen so elenden Haufen wie diesen einen Herrscher begleiten sehen, selbst wenn man bedenkt, daß es ohnehin nur Barbaren sind.« Er verzog den Mund. »Doch auch hier gibt es Aus-nahmen. Sie sah nicht erschöpft oder elend aus, nicht wahr, Nikos?
    Es ist nicht zu fassen. Wenn man einer unserer Damen fünf Monate lang ganztägige Ritte zumutete, quer durch Europa… Sie dagegen könnte gleich am nächsten Hoffest teilnehmen.«
    Der Minister, der das Interesse seines Herrn schon beim Empfang des französischen Königspaars bemerkt hatte, meinte: »Ich habe in Eurem Namen eine kleine Aufmerksamkeit in das Philopation bringen lassen, Allerherrlichster.«

    Manuel war erfreut. »Sehr gut. Und sorgt dafür, daß wir bei dem Bankett heute Abend nicht mehr als nötig

Weitere Kostenlose Bücher