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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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endlose Trauerlieder zu verfassen.«
    Alienor wehrte sich mit Händen und Füßen, und sie endeten wieder auf dem Boden. »Gut, ich heirate dich, du Unmensch«, sagte sie mit fliegendem Atem. »Schon allein der aufschlußreichen Verwandtschaft wegen, die ich dann bekomme.« Henrys Miene verdüsterte sich. »Ich habe es gehört. Geoff ist ein gieriger kleiner Mistkerl, und er wird dafür bezahlen, das schwöre ich.«

    »Nun, du kannst ihm kaum übelnehmen, daß er dasselbe haben will wie du auch. Familienähnlichkeit würde ich sagen. Wie war das noch mit der teuflischen Abstammung?«
    Sie genossen ihre Wortgefechte fast so sehr wie ihre Nächte, die sie jeder den anderen immer wieder neu entdecken ließ. Es war, wie Henry gesagt hatte - sie waren das vollkommene Paar, »zwei so selbstsüchtige, machthungrige, gottlose Menschen, die in der Welt ihresgleichen suchen«, formulierte es Alienor einmal und schloß:
    »Armer Louis.«
    Die Vorbereitungen für ihre Hochzeit verliefen unter äußerster Geheimhaltung, und weder Alienor noch Henry schickten, wie es eigentlich üblich gewesen wäre, Aufforderungen an all ihre Versallen, in Poitiers zu erscheinen. Am Morgen des achtzehnten Mai, kaum fünf Wochen, nachdem ihre erste Ehe annulliert worden war, tauschte Alienor in der Kathedrale von Saint-Pierre mit Henry Plantagenet ihr Heiratsgelübde aus.
    Es war Frühling, und Poitiers schien noch nie so schön, so hoffnungsvoll gewesen zu sein. Auf ihrem Hochzeitslager erwartete Alienor ein Meer von Lilien.
    »Ich hielt es für passend«, bemerkte Henry, »eine jungfräuliche Blume.«
    Sie waren beide jung, glücklich bis zum Überschwang und sicher, die Welt erobern zu können.

    Die Nachricht von der Vermählung Alienors von Aquitanien mit dem zehn Jahre jüngeren Henry Plantagenet versetzte alle Fürstenhöfe Europas in helle Aufregung.
    Die Aquitanier sahen in der zweiten Heirat ihrer Fürstin einen großartigen Schachzug auf Kosten des französischen Königs, der sie in ihrem Nationalgefühl bestätigte - diese Nordfranzosen, kalte Fische waren sie allesamt, ohne das geringste Talent zur Liebe -, und machten Lieder auf die Hochzeit, die bald überall gesungen wurden:
    Beim Einzug der hellen Frühlingszeit - heia,
    um wieder Freude zu finden

    und den Eifersüchtigen zu ärgern,
    will die Königin uns zeigen,
    daß sie so verliebt ist…

    Vom französischen Hof kamen erwartungsgemäß ganz andere Töne. Für Louis war eine Welt zusammengebrochen, als er entdeckte, wie übel ihm mitgespielt worden war. Er weigerte sich, die Heirat anzuerkennen, und verlangte, daß beide unverzüglich vor ihm erschienen. Als Begründung gab er an, er sei ihr oberster Lehnsherr, und sie hätten nicht das Recht gehabt, sich ohne seine Einwilligung zu vermählen.
    Mit der Vereinigung der Normandie und Anjous mit Aquitanien war der gesamte Westen, von der Bresle bis zu den Pyrenäen, in den Händen eines Mannes, der sich anscheinend nicht das geringste aus Lehenstreue machte, und einer Frau, die offensichtlich weniger berechenbar war als alle früheren aquitanischen Herzöge. Mit einem Schlag war das französische Königreich wieder zusammengeschrumpft, ja mehr noch, es stand völlig ohne starke Vasallen dar.
    Der einzige Fürst, der sich mit der Normandie - von Aquitanien schwieg man besser - hätte messen können, der alte Graf der Champagne, war tot, und seine beiden Söhne Henri und Thibaud stritten um sein Erbe.
    Da traf als nächstes die Nachricht ein, daß Henry Plantagenet beabsichtigte, sich nach England einzuschiffen und sich dort mit seiner Mutter Maude, der ›Kaiserin‹, zu treffen. Wer konnte wissen, ob der junge Ehrgeizling es mit Aquitanien im Rücken nicht auch noch fertigbrachte, König Stephen die Krone zu entreißen?
    Alienor hatte Henry auf dem Weg zum Hafen Barfleur bis zu dem Kloster Fontevrault begleitet. Dort blieb sie auch in den folgenden Wochen, nicht nur, weil es näher am Kanal lag, sondern auch, weil sie sich dort sehr wohl fühlte und sich mit der Äbtissin, die Henrys Tante war, angefreundet hatte.
    Mathilda von Anjou erschien ihr mit ihrer zärtlichen Wehmut wie ein Echo ihrer Mutter Aenor. Mathilda war in Fontevrault aufgewachsen und hatte eigentlich schon immer den Schleier nehmen wollen, hatte aber auf Bitten ihres Vaters eingewilligt, den einzigen Bruder der Kaiserin Maude zu heiraten. Doch nur kurze Zeit später war ihr junger Gemahl auf der Überfahrt nach England ertrunken, die Hoffnung auf eine direkte

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