Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
Gemurmel wurde undeutlich, verlor sich in den Wahnvorstellungen des Fiebers.
    Wenige Stunden später war er tot, und schon am nächsten Tag lagen seine Söhne in erbittertem Streit. Der jüngere, der den Namen seines Vaters trug, fragte mißtrauisch, während sie beide vor dem aufgebahrten Leichnam knieten: »Was hat er gemeint, Henry, als er sagte, du hättest nicht auf ihn gehört?«
    »Ich wüßte nicht, was dich das angeht, Geoff«, entgegnete Henry abweisend.
    Geoff glich auch äußerlich seinem Vater, und er besaß das berüchtigte ›gallenschwarze‹ Temperament der Plantagenets. »Ich hoffe, du denkst daran, daß ich genauso sein Erbe bin wie du! Mir steht rechtmäßig die Hälfte von allen Besitzungen zu!«
    »Herrgott, Geoff«, sagte Henry wütend, »selbst du müßtest Verstand genug haben, um zu begreifen, daß wir jetzt keine Gebietsteilung vornehmen können, nicht mit Stephens Schwert an der Kehle!«
    Die hellblauen Augen seines Bruders leuchteten in einem irrlichternden Zorn. »Ich wußte doch, daß du alles an dich reißen würdest.
    Sei gewarnt, Bruder Henry, zumindest die Grafschaft steht mir zu, und wenn du nicht einwilligst, nehme ich mir auch die Normandie!«
    Henry packte ihn bei den Schultern. »Du kannst es gerne versuchen, und viel Glück dabei! Aber bis dahin halte den Mund und bemüh dich wenigstens, so zu tun, als würde es dich berühren, daß er hier liegt!«
    Geoffs Arme sanken herab, und er war zum Schweigen gebracht.
    Er setzte noch ein paarmal zum Sprechen an, sagte jedoch nichts und warf nur von Zeit zu Zeit haßerfüllte Blicke auf seinen Bruder.

    Der Herbst neigte sich bereits seinem Ende zu, als Alienor und Louis eine letzte gemeinsame Reise nach Aquitanien unternahmen; nach Aquitanien, wo ihre Ehe begonnen hatte. Zu Weihnachten hielten sie Hof in Limoges, und Uneingeweihten schien es, als hätte der König seiner Gemahlin nie größere Anhänglichkeit und Liebe entgegengebracht.
    Doch schon während der Reise ließ Alienor die Nordfranzosen in den Befestigungen ihrer Provinz wieder durch ihre eigenen Vasallen, durch Aquitanier, ersetzen. Louis und sie kehrten in die Ile-de-France zurück, und am Dienstag vor dem Palmsonntag 1152 ließ der König in Beaugency ein Konzil zusammentreten, das aus den Bischöfen von Sens, Reims, Rouen und Bordeaux bestand.
    Nochmals wurde der Verdacht der zu nahen Blutsverwandtschaft untersucht und schließlich die Ehe zwischen dem König und der Königin für ungültig erklärt.
    »Und was wirst du jetzt tun? « fragte Louis Alienor, nachdem ihm ein Bote feierlich die Entscheidung der Bischöfe überbracht hatte.
    Frauen, die auf diese Weise von ihren Männern verlassen wurden, nahmen meistens den Schleier, aber er konnte sich Alienor nicht in einem Kloster vorstellen. »Könntest du nicht einfach hier bei Hofe bleiben… als meine Cousine?«
    »Das wäre doch wirklich ein wenig unpassend, nicht wahr?« erwiderte sie lächelnd. »Ich werde nach Aquitanien zurückkehren.«
    Louis räusperte sich und wandte die Augen ab. Um Fassung ringend sagte er: »Ich… ich werde dich schrecklich vermissen, Alienor.«
    »Und ich dich, Louis.« Sie sah ihn ernst an. »Fünfzehn Jahre gehen nicht spurlos vorüber.«

    Sie verließ Louis und seinen Hofstaat mit ihren Töchtern am ersten Frühlingstag, um sich, wie sie angab, nach Poitiers zurückzuziehen. Selten hatte ein Mann so am Boden zerstört gewirkt.
    »Man sollte meinen, da ginge die beste und treueste Frau auf Erden«, bemerkte Thierry Galeran aufgebracht, »und nicht eine wertlose Hure.«
    Der Graf de Maurienne sah ebenfalls Alienor und ihrem kleinen Gefolge nach. »Die beste Frau auf Erden«, wiederholte er gedehnt.
    »Ihr mögt es nicht verstehen, und ehrlich gesagt, ich verstehe es auch nicht ganz, aber für ihn war sie es, und da kann man nichts machen.
    Für ihn war sie es.«

    Alienor hatte nur ein kleines Gefolge bei sich; im großen Stil zu reisen, hätte sie nur unnötig aufgehalten. Außerdem besaß sie nun nicht mehr die Immunität der Königin von Frankreich, und sie wollte es vermeiden, Straßenräubern und Wegelagerern aufzufallen, die überall lauern konnten.
    Als sie sich am Palmsamstag Blois näherten, schickte sie einige ihrer Leute voraus, um sich nach Unterbringungsmöglichkeiten zu erkundigen. Hier residierte der jüngere Sohn des Grafen der Champagne, jenes Thibaud de Blois, den seinerzeit die Heirat ihrer Schwester mit Raoul de Vermandois zum Aufstand getrieben hatte. Wenn

Weitere Kostenlose Bücher