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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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rasch Atem. Das Angebot kam überraschend und war doch so logisch, daß es ihm den Atem nahm. Wer hätte vor wenigen Tagen noch gedacht, daß er, Sohn eines normannischen Kaufmanns und einfachen Diakons, hier stehen und mit Henry Plantagenet über Englands Zukunft debattieren würde?
    »Und Eustace?« gab er vorsichtig zurück. »Glaubt Ihr wirklich, er wird eine derartige Lösung annehmen, vorausgesetzt, daß der König es tut?«
    Henrys Mund bildete eine schmale Linie. »Er wird es müssen.
    Überlaßt Eustace ruhig mir. Einen derartigen Narren zu besiegen, dürfte nicht allzu schwer sein.«

    Alienor hatte das Siegel des Briefes erbrochen und überflog hastig die Zeilen. Petronille beobachtete ihre Schwester und staunte. Petronille war nach dem Tod ihres Gemahls, Raoul de Vermandois, nach Aquitanien zurückgekehrt und hatte Alienor nicht nur zufrieden, sondern geradezu überschäumend vor Glück und als sichtbares Zeichen der Gunst Gottes auch noch schwanger angetroffen. Die Geburt ihres Sohnes hatte sie nicht mehr als ein paar Tage von der Regierung abgehalten. Der neue Erbe hatte in Aquitanien einen Freudentaumel ausgelöst; die Zukunft war gesichert, und es gab einen weiteren Beweis dafür, daß Gott auf der Seite ihrer Herzogin war.
    Alienor war immer schön gewesen, dachte Petronille, aber nie so strahlend wie nun, als sie den Brief sinken ließ und tief aufatmete.
    Mit ruhiger Stimme, die wenig von der Beherrschung verriet, die sie sich auferlegte, wandte sie sich an den Boten: »Ihr bringt wunderbare Neuigkeiten.« Zu Petronille gewandt fuhr sie fort: »Henry wurde am sechsten November von Stephen als sein Erbe anerkannt und adoptiert, nachdem Stephens Sohn Eustace plötzlich von dem Fleckfieber erfaßt wurde und starb. Die englischen Barone gaben ihre Zustimmung zu Henrys Anerkennung bei Winchester, und Henry und Stephen zogen Seite an Seite in London ein.«
    Petronille war stumm vor Überraschung, obwohl sie inzwischen an die unerwarteten Erfolge ihres neuen Schwagers gewöhnt sein mußte. Wer hätte das noch vor weniger als zwei Jahren, als er vor Louis in Paris den Lehnseid schwor, gedacht? Alienor sprach inzwischen mit dem Boten: »Ihr habt den Einzug meines Gemahls miterlebt? «
    Der Mann grinste breit. »So ist es, Euer Gnaden. Was für ein Tag das war! Der Herzog wurde von den Londoner Bürgern empfangen, als sei es unser Herr Jesus; in der ganzen Stadt läuteten die Glocken, und ich darf sagen, das ganze Land lag auf den Knien vor Erleichterung, daß der Herzog dem Krieg nun endlich ein Ende gesetzt hatte.«
    Alienor lächelte. »Solche Botschaft verdient einen besonderen Lohn. Ich werde dafür sorgen, daß Ihr angemessen untergebracht werdet, doch vorher nehmt dies als Dank.« Sie zog einen ihrer Ringe, einen Saphir, in den ihr persönliches Wappen geschnitten war, vom Finger und reichte ihn Henrys Boten.
    Er war überwältigt, denn keine Dame, die er kannte, hätte eine solche Geste an einen Mann seines Standes verschwendet. Er stammelte: »Ich werde ihn immer tragen, Euer Gnaden.« Sie reichte ihm die Hand zum Kuß. Er hatte von ihrer Schönheit sprechen gehört und war nicht enttäuscht worden, doch in diesem Moment kämpfte er mit dem plötzlichen Impuls, ihr zu schwören, daß er sein Leben für sie opfern würde.

    Als er die kleine Halle verlassen hatte, stand Alienor auf, griff ihre Schwester bei den Händen und wirbelte mit ihr wie ein ausgelassenes kleines Mädchen auf dem steinernen Fußboden herum, der um diese Jahreszeit mit flämischen Teppichen bedeckt war, bis Petronille lachend sagte: »Genug, genug, du bringst mich noch um.«
    Sie ließen sich wieder nieder, und Petronille bemerkte: »Dieser Bote sprach ein seltsames Französisch, selbst für einen Normannen.«
    »Er ist keiner«, erwiderte Alienor. »Seinem Namen nach zu schließen, war das einer von Henrys angelsächsischen Soldaten.«
    Petronilles Neugier war geweckt. »Wirklich? Ich habe noch nie mit einem Angelsachsen gesprochen…«
    »Du wirst noch Gelegenheit haben«, entgegnete Alienor belustigt,
    »spätestens, wenn Henry und ich den Thron bestiegen haben. O Petronille, ist es nicht herrlich?«
    Sie griff nochmals nach dem Brief, las ihn, und Grübchen zeigten sich auf ihren Wangen. »Guillaume«, sagte sie langsam, »Herzog von Aquitanien, der Normandie… und König von England.«
    »Ist Henry denn damit einverstanden, daß du euren Sohn nach unserem Vater und Großvater genannt hast?«
    Alienor nickte. »Es ist auch

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