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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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rekrutiert. Und genau das darf nicht geschehen.«
    Patrick von Salisbury schaute seinen Freund mit einer Mischung aus Zuneigung, Verärgerung und Bewunderung an. Henry war kaum einundzwanzig, doch wenn man ihn sprechen hörte, konnte man glauben, er habe schon tausend Schlachten hinter sich. »Du ziehst nie in Erwägung, daß du dich irren könntest, nicht wahr, Henry? Und was hast du vor, wenn dein geliebter Bruder Geoff unterdessen Anjou und die Normandie an sich reißt?«

    Henry schüttelte den Kopf. Er schien bester Laune zu sein. »Das wird nicht geschehen. Glaub mir, wenn es jemanden gibt, der Geoff in Schach halten kann, dann ist es meine Frau.«
    Salisbury warf ihm einen neugierigen Blick zu. Er brannte darauf, etwas über die sagenumwobene Alienor von Aquitanien zu erfahren, doch er wußte nicht, wie er es formulieren sollte.
    Endlich räusperte er sich und meinte, um Takt bemüht: »Deine Heirat hat hier ziemliche Wellen geschlagen. Stimmt… stimmt es, daß sie sehr schön ist?«
    Henry durchschaute ihn und brach in Gelächter aus. »Schön? Du wirst auf die Knie sinken, wenn du sie siehst«, sagte er, als er wieder zu Atem kam. »Übrigens, mein Freund, das ist einer der Gründe, warum ich möglichst bald mit Stephen fertig sein will. Eine solche Frau zieht einen schon gewaltig zu sich.«
    »Könntest du sie nicht nachkommen lassen?« schlug Patrick von Salisbury vor.
    Sein Freund verneinte. »Erstens brauche ich sie als Regentin auf dem Festland, und zweitens ist sie schwanger. Um deine unziemliche Neugier zu befriedigen«, fügte er sarkastisch hinzu, »das Kind wird erst Ende Juli kommen.«
    Patrick zählte absichtlich laut und deutlich an den Fingern.
    »Schade«, seufzte er. »Ich wage zu behaupten, das wird eine große Menge Leute enttäuschen.«
    Henry versetzte ihm einen Rippenstoß. »Nächstes Jahr um diese Zeit«, sagte er übermütig, »wirst du mit etwas Glück den König und die Königin von England mit ihrem Thronerben in London besuchen können.«
    Ein Donnerschlag ließ das Zelt erbeben, und Henry runzelte die Stirn. »Ich sehe mir die Sache besser selbst noch einmal an, damit uns morgen kein Fehler passiert, Regen oder nicht Regen.« Schon halb draußen, drehte er noch einmal den Kopf und rief zurück:
    »Trotzdem, mach dir keine Sorgen wegen des Wetters, Pat. Regen hat mir schon mehr als einmal Glück gebracht.«

    Henrys Rechnung ging auf: Er nahm Malmesbury im Sturm, während König Stephen noch immer Wallingford belagerte. Als Stephen die Nachricht erhielt, war es zu spät, um dem siegreichen Henry, der sich nun mit neuer Verstärkung nach Wallingford wandte, noch auszuweichen. Aber der Regen hatte die Themse bei Wallingford so anschwellen lassen, daß sich die beiden Armeen tagelang an getrennten Ufern gegenüberlagen, ohne daß es zum Kampf kam.
    Stephen entschied sich resignierend, die Belagerung aufzuheben und sich zunächst nach London zurückzuziehen, um dort auf seine Adligen und die versprochenen englischen Truppen zu warten. Inzwischen marschierte Henry nach Oxford, um den für die landwirtschaftliche Versorgung so wichtigen mittleren Teil Englands zu erobern. Durch seine Erfolge eilte ihm sein Ruf als Feldherr nun schon voraus, und als der Graf von Leicester ihm nicht weniger als dreißig Burgen gleichzeitig übergab, war auch dieses Ziel erreicht. Danach verblüffte Henry Freunde wie Feinde, indem er ganz gegen jede Sitte der Zeit seinen Truppen befahl, den Bauern ihr geplündertes Hab und Gut wiederzugeben.
    »Ich bin nicht hergekommen«, verkündete Henry vor der gesamten Armee und der Bevölkerung von Oxford, »um Raubzüge zu veranstalten, sondern um das Gut der Armen vor der Raublust der Großen zu schützen!«
    Diese Rede verbreitete sich wie ein Lauffeuer, hatte doch das Volk so lange unter Krieg und Plünderung gelitten, und die Begeisterung für den jungen Herzog, dem der Sieg zu folgen schien wie ein treuer Hund und der den ersehnten Frieden verkörperte, wuchs ins Unermeßliche.
    Stephen war alt und krank. Sein Leben lang hatte er mit seiner Cousine Maude gekämpft, doch die Kaiserin war von ihren Anhängern zwar wegen ihres Mutes und ihrer Zähigkeit bewundert, aber nie geliebt worden. Ihr Sohn dagegen war mit seiner Feldherrnkunst, seiner Jugend und seiner merkwürdigen Kumpanei mit der Bevölkerung zum Abgott von Normannen und Angelsachen gleichermaßen aufgestiegen.

    Während Henry die Nachricht erhielt, daß ihm Alienor einen Sohn geboren hatte, schickte

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