Die Löwin
erfüllte.
Lange Augenblicke lang gab es nur noch sie beide, und als sie einige Zeit später zur Erfüllung gekommen waren, zog Bianca Caterina wie einem kleinen Mädchen das Nachthemd an, brachte sie zu Bett und beseitigte alle verräterischen Spuren. Dann hüllte sie sich selbst in einen weiten Morgenmantel und setzte sich neben sie auf die Bettkante. »Du hast doch etwas auf dem Herzen!«
Caterina nickte. »Ja, ich möchte dich etwas fragen, das mir schon länger auf der Seele liegt: Wie ist es wirklich, wenn man mit einem Mann zusammen ist? Ich habe gehört, dass es wehtun soll.«
»Beim ersten Mal ist das möglich, aber nur, wenn der Mann zu stürmisch zu Werke geht. Danach kann es wunderschön sein! Dir wird das Ehewerk deines Mannes gewiss großes Vergnügen bereiten.«
Caterina stützte sich leicht auf und blickte Bianca nachdenklich an. »Warum hast du dir nach dem Tod meines Vaters keinen neuen Geliebten genommen? Du hättest auf dieses Vergnügen, wie du es nennst, doch nicht so lange verzichten müssen.«
Bianca fauchte wie eine Katze, der man auf den Schwanz getreten hatte. »Die Trauer um meinen geliebten Francesco ist zu groß, als dass ich meinen Schoß unbedenklich dem Nächsten öffnen könnte. Zudem bin ich nicht seine Witwe, sondern war nur seine Mätresse und muss als solche viel stärker auf meinen Ruf achten als ein Eheweib. Hat die Gattin eine mächtige Verwandtschaft, vermag sie ihrem Ehemann bedenkenlos Hörner aufzusetzen und er muss es dulden. Wird aber eine Geliebte auf Abwegen erwischt, schneidet man ihr die Kehle durch oder überlässt sie einer Horde geiler, betrunkener Männer, die nicht eher von ihr ablassen, bis sie nur noch ein Klumpen zerstoßenen Fleisches ist.«
Bianca schüttelte sich und schlang die Arme um die Schultern. Dabei sah sie so erschreckt aus, dass Caterina sie zu beruhigen versuchte.
»Aber dieses Schicksal brauchst du doch nicht mehr zu fürchten. Mein Vater ist tot …«
Bianca unterbrach sie heftig. »Doch du bist am Leben! Glaub mir: meist sind ein Sohn oder eine Tochter viel grausamer, als der Vater es je hätte sein können.«
»Du hast Angst vor mir?« Caterina starrte sie verblüfft an.
Bianca nickte scheu. »Jetzt vielleicht nicht mehr so stark wie zu Beginn, aber genug, um dich nicht erzürnen zu wollen. Außerdem trauere ich von ganzem Herzen um deinen Vater. Ich habe bis jetzt bei keinem anderen Mann gelegen und will es so schnell auch nicht tun. Warum musste er nur sterben! Vielleicht hätte er mich sogar noch geheiratet – oder mit einem braven Mann vermählt, dem ich eine gute Ehefrau hätte sein können. Doch ihn so zu verlieren …« Sie brach ab und begann zu weinen.
Caterina schlüpfte unter der Decke hervor und zog sie an sich. »Ist es dein Wunsch zu heiraten?«
Bianca nickte beschämt. »Es würde eine ehrbare Frau aus mir machen und verhindern, dass ich eine …«, sie schluckte, da die Worte nicht so recht über ihre Lippen kommen wollten, »… eine Kurtisane oder gar eine billige Hure werde.«
Caterina hatte noch nicht viel von Huren und gar nichts von Kurtisanen gehört und zog verständnislos die Schultern hoch. Daher erzählte Bianca ihr einiges über das Leben jener Frauen. Nicht lange, da schüttelte es Caterina bei der Vorstellung, dass Frauen gezwungen sein sollten, sich völlig unbekannten Männern für ein Geschenk oder gar nur ein paar Münzen hinzugeben.
»Dieses Schicksal wird dich gewiss nicht treffen!«, versprach sie Bianca feierlich und setzte lächelnd hinzu: »Ich werde dafür sorgen, dass du einen guten Mann bekommst.«
Dabei dachte sie an Bothos verliebte Blicke und stellte sich vor, was Hartmann Trefflich zu Bianca als Schwiegertochter sagen würde. Sie sah ihn in Gedanken toben und brüllen und wollte die Idee schon fallen lassen. Dann sagte sie sich, dass Bianca immerhin von adeliger Herkunft war und damit zumindest in einem wichtigen Punkt den Vorstellungen entsprach, die Bothos Vater sich von seiner zukünftigen Schwiegertochter machte.
3.
C aterinas scheinbar leicht errungener Erfolg machte rasch die Runde. Was Herzog Gian Galeazzo Visconti in Mailand dazu zu sagen hatte, drang allerdings nicht aus den Mauern seines Palasts hinaus. In Pisa hingegen war Caterinas beherzter Schritt Tagesgespräch. Nicht wenige Bürger bedauerten, dass ihr Stadtherr Iacopo Appiano die Truppe nach Rividello hatte marschieren lassen, denn sie hätten sie in ihrer Stadt ebenso gut brauchen können. Messer Iacopo
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