Die Löwin
deutlich, wie lächerlich er es fand, hinter einem Weib zurückstehen zu müssen, und im Stillen schwor er sich, es ihr bei passender Gelegenheit heimzuzahlen. War er erst einmal Capitano del Popolo einer bedeutenden Stadt oder gar der Nachfolger seines Onkels als Herzog von Molterossa, würde er Caterina zu dem machen, zu dem sie bestimmt war, nämlich zu dem Gefäß, das seinen Samen empfangen und seine Kinder gebären würde. Der Herr aber würde er sein, so wahr der heilige Pietro in Rom gekreuzigt worden war.
Diese angenehme Vorstellung ermöglichte es ihm, ein Lächeln aufzusetzen, als Botho in seiner grauenhaften Mischung aus Romagnolisch, Toskanisch und Deutsch eine Frage an ihn richtete. Kurz hinter dem Tor passierten sie die Gruppe der Gefangenen, die bereits ins Freie geschafft worden waren und von Caterinas Söldnern nur noch recht nachlässig bewacht wurden, und erreichten das für die Zeremonie der Übergabe errichtete Zelt. Caterina hätte gerne ihr eigenes genommen, das mit dem Wappen von Monte Elde geschmückt war. Doch das hätten ihre Leute hinterher in aller Eile abbauen müssen, da es auf den Marsch mitgenommen werden sollte. Daher hatte sie das Prunkzelt gewählt, welches Umberto di Muozzola für sich hatte nähen lassen. Es war mit Purpur gefärbt und dick mit Gold bestickt, und allein der Stoff hatte mehr Geld gekostet als die Ausrüstung und der Jahressold von zehn Lanzen. Caterina konnte nicht begreifen, warum der Mann ein Vermögen für so viel Prunk ausgegeben hatte, obwohl seine Herrschaft in Rividello alles andere als gesichert gewesen war, und begann, den Hass der Bürger auf ihr gewähltes Stadtoberhaupt zu begreifen. Andererseits würden diese Leute an Muozzolas Stelle wohl genauso gehandelt haben, denn es war geradezu eine Sucht der Italiener, ihren Reichtum und damit ihre wahre oder eingebildete Bedeutung möglichst glänzend zur Schau zu stellen. Auch sie hatte dieser Unsitte Rechnung tragen und ein Kleid anziehen müssen, welches mehr wert war als das Maierdorf, das am Fuß von Burg Eldenberg lag.
Ein Söldner eilte heran und half ihr aus dem Sattel, ein zweiter führte Pernica beiseite und ein dritter schlug den Eingang zum Zelt zurück. Ein einziger, mit Gold überzogener Stuhl stand auf dem mit Teppichen bedeckten Boden. Caterina ließ sich darauf nieder, während Amadeo, Steifnacken, Botho und Friedel an ihren Seiten Aufstellung nahmen.
Ein Fanfarenstoß kündigte die Ankunft der Mailänder an. Da der Zeltvorhang am Eingang aufgerollt worden war, konnte Caterina den Aufzug der Gesandten ungehindert beobachten. Das Zaumzeug der Pferde war so reich geschmückt, dass ein König sich dessen nicht hätte schämen müssen; die Gewänder der Herren strotzten vor Gold und Edelsteinen, und die Diener, die sie begleiteten, hätten in Caterinas Heimat mit der Pracht ihrer Kleidung so manchen Edelmann in den Schatten gestellt.
Der Anführer der Gesandtschaft, der mit dem Mailänder Herzog den Sippennamen Visconti teilte und zu dessen umfangreicher Verwandtschaft zählte, stieg von seinem Rappen und schritt an der Spitze seiner Begleiter ins Zelt. Dort verneigte er sich so tief vor Caterina, dass sein Scheitel beinahe den Teppich berührte. »Buon giorno, Signorina. Mein Herz erbebt vor Freude, Euch sehen und sprechen zu dürfen, und mein Mund vermag fast nicht all die guten Wünsche auszusprechen, die mein allererlauchtester Vetter, der Herzog der Lombardei, Euch übermitteln lässt.«
Als er sich wieder aufrichtete, blickte er Caterina an, als wäre sie die liebste Freundin seines Herrn. Wortreich bekundete er die Achtung und Zuneigung, die der Herzog der Lombardei für sie empfinde, und lobte ihr militärisches Können und ihre Kühnheit in einer Weise, die die Grenzen des Lächerlichen überschritt. Er kam auch dann noch nicht auf den Zweck ihrer Zusammenkunft zu sprechen, sondern überbrachte erst einmal die Geschenke, die Gian Galeazzo Visconti gesandt hatte, um die Capitana seiner Freundschaft zu versichern.
Caterina starrte auf die glitzernden Stoffe und das funkelnde Geschmeide, die den Wert des Lösegelds weit übertrafen, und fragte sich, ob sie träumte. Als schließlich die ausgehandelte Summe in einem kostbaren, goldbeschlagenen und mit Edelsteinen besetzten Kasten übergeben wurde, begriff sie langsam, was der Mailänder damit bezweckte. Er wollte sie nicht kaufen, wie sie im ersten Augenblick vermutet hatte, sondern mit seinem Reichtum und der Macht beeindrucken, die
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