Die Löwin
selbstverständlich an den Tisch, als wäre er ein langjähriges Mitglied im Offizierskorps der Kompanie. »Ihr erlaubt?«
Mit diesen Worten winkte er einem Diener, ihm einen Teller zu bringen und ihm vorzulegen. »Ich habe heute noch nicht gespeist!«, entschuldigte er sein Tun und lächelte dann Caterina an. »Ihr seid wirklich eine bemerkenswerte Frau, Capitana. Hoffen wir, dass der Feind das noch eine Zeit lang nicht begreift.«
»Wer seid denn Ihr und was habt Ihr hier zu suchen?« Amadeo bemühte sich noch nicht einmal um den Anschein von Höflichkeit.
Der Pisaner betrachtete ihn mit einem nachsichtigen Lächeln. »Mein Name tut nichts zur Sache. Die Hauptsache ist, dass die Capitana mir vertraut.«
»Tut Ihr das, Jungfer?« Steifnacken fragte es mit einem gewissen Zweifel, der sich verlor, als Caterina nickte.
»Ich vertraue dem Signore. Allerdings würde ich nachher gerne mit ihm unter vier Augen sprechen.«
»Ich stehe Euch stets zu Diensten, Capitana, doch bitte ich Euch, dieses Gespräch nicht zu lange währen zu lassen, denn ich würde mir von Signore Amadeo gerne die Befestigungen der Stadt zeigen lassen.«
»Wie käme ich dazu?«, fuhr Amadeo auf.
»Weil es der Wunsch der Capitana sein wird!« Ohne Amadeo weiter zu beachten, wandte der Pisaner sich seinem Mahl zu und begann mit Genuss zu essen. Caterina sah ihm zu und fühlte sich, als säße sie auf Nesseln. Am liebsten hätte sie sofort mit dem Mann geredet, doch sie musste warten, bis er sichtlich zufrieden seinen Teller zurückschob und sich einen letzten Becher Wein einschenken ließ.
»Jetzt können wir reden. Wenn die Herren uns bitte entschuldigen würden? Signore Caetani, wir sehen uns auf der Piazza wieder.«
Steifnacken wechselte einen kurzen Blick mit Caterina und verließ dann an der Spitze der Offiziere den Raum. Amadeo ging als Letzter und warf dem Pisaner dabei einen mörderischen Blick zu. Insgeheim nahm er sich vor, bei seinem Onkel darauf zu drängen, dass Caterina und ihre Kompanie in Zukunft nur noch Molterossa und sonst niemand unterstehen sollte.
Nachdem auch die Diener sich zurückgezogen hatten, stand Caterina auf, durchquerte das Zimmer und drehte sich dann mit einer heftigen Bewegung zu Appianos Boten um. »Signore, schwört mir bei Eurer Seligkeit und dem Leben Eurer Frau und Eurer Kinder, dass Ihr mich und meine Männer nicht in eine Falle der Mailänder locken werdet!«
Der Pisaner lachte leise auf. »Das Gift, das einem die Viper von Mailand ins Ohr träufelt, ist sehr stark, Signorina. Sogar Ihr wisst nicht, ob Ihr ihm erliegen sollt oder nicht. Doch diesen Schwur kann ich unbesorgt ablegen. Mein Ziel und das meines Herrn Iacopo Appiano ist die Freiheit Pisas, und diese wird von Gian Galeazzo Visconti bedroht. Mein Herr wird mir meine Offenheit verzeihen, doch ich glaube nun, Eurer Verschwiegenheit vertrauen zu können. Mailand versucht die Erkrankung Messer Iacopos auszunützen und sich in den Besitz unserer Stadt zu setzen. Herzog Gian Galeazzos Verwandter Angelo Maria Visconti hat Messer Iacopo bedroht und darauf gedrungen, dass Pisas Zitadelle an Mailänder Truppen übergeben wird. Eben jetzt zu dieser Stunde ist der Condottiere Henry Hawkwood mit seinen Truppen auf dem Weg dorthin. Werden ihm erst einmal die Tore Pisas geöffnet, herrscht Mailand in meiner Heimatstadt, und es wird ein Morden geben, das jenes hier in Rividello bei weitem übertrifft. Das wollen mein Herr und ich verhindern.«
Caterina maß ihn mit einem scharfen Blick. »Welche Rolle sollen ich und meine Kompanie dabei spielen?«
»Eine für die Mailänder sehr überraschende. Mein Herr zieht alles an Pisaner Truppen und Söldnern zusammen, was er aufbringen kann. Er will allerdings versuchen, einen offenen Krieg mit Mailand zu verhindern. Dafür braucht er Eure Leute.«
»Das begreife ich nicht!« Caterina hoffte auf weitere Informationen, doch der Pisaner lächelte nur und bat sie, ihm zu vertrauen.
»Messer Iacopo mag alt und krank sein, doch sein Verstand arbeitet so scharf wie eh und je. Er weiß, was zu tun ist, und wird es Euch bei passender Gelegenheit mitteilen. Doch nun entschuldigt mich. Ich will Signore Amadeo nicht länger warten lassen. Er ist mir ein wenig übereifrig, und ich will nicht, dass er Dinge anstößt, die besser ruhen sollten.« Damit verbeugte sich der Mann und verließ den Raum.
Caterina blieb in einem Zustand zurück, der zwischen Wut und unangemessener Heiterkeit schwankte. Würde der Krieg um die
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