Die Löwin
sein Gold ihm verlieh, um auf diese Weise ihren Kampfgeist zu schwächen. Sie spürte, wie sich Zweifel in ihr Herz fraß, und fragte sich, ob es tatsächlich sinnvoll war, sich gegen einen Mann zu stellen, der genug Geld besaß, um sämtliche Condottieri Italiens in seine Dienste nehmen zu können. Dann machte sie sich klar, dass Gian Galeazzo dies weder bei ihrem Vater noch bei Muzio Sforza Attendolo gelungen war, und schüttelte die Bedrückung ab. Der Herr von Mailand war nicht allmächtig, auch wenn er versuchte, diesen Anschein zu erwecken.
So war das Lächeln, das Caterina dem Gesandten schenkte, freundlich und unbekümmert. »Ich danke Euch, Signore, und selbstverständlich auch Seiner Gnaden, dem Herzog Gian Galeazzo! Leider erlauben mir die Umstände nicht, die prachtvollen Geschenke Eures Herrn entsprechend zu beantworten, doch dafür erhält er ja einen Capitano, etliche Offiziere und sehr viele Söldner zurück, die sein Condottiere Ugolino Malatesta schmerzlich vermisst.«
Sie hatte eigentlich nicht spotten wollen, doch angesichts des übertrieben prachtvollen Auftritts der Mailänder konnte sie diese Worte einfach nicht zurückhalten.
Der Gesandte nahm ihre Ironie mit verkniffenen Lippen zur Kenntnis. Humor schien nicht zu seinen Eigenschaften zu zählen, und Caterina ahnte, dass man in Mailand nach diesem Tag noch mehr darauf hinarbeiten würde, sie und ihre Kompanie auszuschalten. Aber ihr war ein ehrlicher, offener Kampf lieber als dieses Gefecht verzuckerter Worte, in denen das Gift so geschickt verborgen war, dass man es erst wahrnahm, wenn es bereits wirkte.
Sie wartete einen Augenblick auf die Erwiderung des Gesandten, aber da er immer noch um Worte zu ringen schien, klatschte sie in die Hände. »Steifnacken, wärt Ihr so gut, die Gefangenen zu übergeben!«
Der kleine Schwabe nickte und stapfte auf den Ausgang zu. Seine Rüstung klirrte bei jedem Schritt, als marschiere eine Zehnerschaft durch das Zelt, und als er an dem Gesandten vorbeikam, schlug er mit der Rechten vernehmlich gegen seinen Schwertgriff. »Es wird wohl nicht das letzte Mal sein, dass wir uns sehen, Signore!«, sagte er herausfordernd.
Der Gesandte verstand die Anspielung auf weitere Gefangenenübergaben, tat sie aber mit einer Handbewegung ab und wandte sich Caterina zu. »Signorina, Ihr solltet in Euch gehen und Euch fragen, ob es wirklich sinnvoll für Euch ist, weiterhin den Feinden Mailands zu dienen. Pisa wird Euch bald nicht mehr benötigen, und der Herr auf Molterossa besitzt nicht das Geld, Eure Kompanie auf Dauer besolden zu können.«
Caterinas Augen weiteten sich einen Herzschlag lang, denn eben hatte Gian Galeazzos Gesandter eine wichtige Information preisgegeben. Mailand wollte also etwas gegen Pisa unternehmen, und Iacopo Appiano wusste davon. Deswegen hatte der alte Stadtherr wohl nach ihrer Kompanie geschickt. Um ihre Gedanken nicht zu verraten, zwang sie sich ein nichtssagendes Lächeln auf die Lippen und neigte leicht den Kopf. »Signore, der Krieg ist unsere Mutter, denn er ernährt uns. Im Frieden müssten wir Söldner darben.«
»Ihr könntet in die Dienste Neapels treten, oder noch besser in die der Provence. Re Ladislao oder Conte Lodovico wären gewiss überglücklich, eine Condotta mit Euch abschließen zu können.«
»Bin ich für Mailand so gefährlich geworden, dass es mich unbedingt loswerden will?«, spöttelte sie.
Das Gesicht des Gesandten blühte purpurn auf, und er musste mehrmals ansetzen, bevor er antworten konnte. »Ihr scheint ja sehr von Euch überzeugt zu sein, Signorina. Doch seid versichert, für meinen allerdurchlauchtigsten Vetter Gian Galeazzo seid Ihr nicht mehr als eine Laus, die man zerknackt, wenn sie einen stört.«
»So wie er meinen Vater und meinen Bruder zerknackt hat?«
Der Gesandte kniff die Augen zusammen, musterte sie wie ein Bildnis, über dessen Wert man sich im Unklaren ist, und lächelte dann überlegen. »Signorina, wenn es der Zorn über den Tod Eures Vaters und Eures Bruders ist, der Euch die Waffen gegen Mailand erheben lässt, so seid noch einmal versichert, dass weder mein Herr noch irgendeiner seiner Vertrauten diese Bluttat befohlen hat oder sie billigt. Francesco di Monte Elde im Kampf zu besiegen und zu töten wäre ruhmreich gewesen! Doch dieser Mord wirft einen Schatten auf Mailands Glorie. Im Namen meines allerdurchlauchtigsten Vetters schwöre ich Euch: Mailand hat nichts damit zu tun und wird Euch bei der Verfolgung und Bestrafung dieser
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