Die Löwin
auf ihren Köpfen, und ihren Augen war anzusehen, dass sie gerne mehr getan hätten, als der Dame an Land zu helfen. Doch unter dem mahnenden Räuspern eines älteren Herrn in einem schwarzen Talar und gleichfarbiger Mütze ließen sie Caterina mit einem bedauernden Seufzen los und wandten ihre Aufmerksamkeit Bianca zu. Diese ergriff die ihr entgegengestreckten Hände und sprang ans Ufer. Als einer der Burschen mit seinen Fingern jedoch ihre Schultern berührte und ihr an den Busen zu greifen versuchte, versetzte sie ihm einen heftigen Klaps auf die vorwitzigen Finger.
Der ältere Herr räusperte sich noch einmal und um etliches lauter. »Ihr seid eine Schande für unsere Stadt!«, herrschte er die Jugendlichen an, trat jedoch selbst nicht näher, um zu helfen, so dass einer der bunt gescheckten Burschen nun Malle half, ohne seine Finger auf Reisen gehen zu lassen.
»Können wir den Damen irgendwie behilflich ein?«, bot er an und bemühte sich, den schwarz gekleideten Herrn zu ignorieren.
Caterina warf einen Blick über den gepflasterten Platz, der sie vom Eingang des Dogenpalasts trennte, und klopfte mit dem Fuß ärgerlich auf den Boden. »Ich wurde zu einer Audienz mit Messer Antonio Venier geladen und finde diesen Empfang etwas eigenartig.«
Sie hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da sprang die Pforte des Palastes auf und gab den Blick auf ein Rudel Diener frei, die zwei Sänften herausbegleiteten. Einer von ihnen, der in seinem dunklen Gewand, mit spitzigem Gesicht und dem beständig nickenden Kopf einer Krähe glich, verneigte sich vor ihr.
»Seid Ihr die Signorina di Monte Elde?«
Caterina nickte. »Die bin ich.«
»Ich bitte Euch und Eure Begleitung, in den Sänften Platz zu nehmen.«
Caterina zog die Augenbrauen hoch und wies auf den Dogenpalast. »Will Messer Antonio mich nicht hier empfangen?«
Der Mann bedachte Caterina mit einem strafenden Blick, weil sie von dem gewählten Oberhaupt des mächtigen Venedig sprach, als wäre er ein einfacher Landadeliger oder Beamter.
»Seine Gnaden, der Herzog von Dalmatien und Herr der Stadt Venedig, ist leider unabkömmlich und gab uns daher den Befehl, Euch zu einem seiner Palazzi zu bringen, in dem seine Gemahlin Euch empfangen wird.« Es tat dem Mann sichtlich gut, so mit dieser aufgeblasenen Tedesca reden zu können. Allein schon ihr Ansinnen, den mächtigsten Mann in ganz Italien und darüber hinaus persönlich sprechen zu wollen, war in seinen Augen eine Anmaßung. Würde sie aus hohem Adel stammen und einer mächtigen Sippe angehören, so hätte man darüber hinwegsehen können. Aber die Tochter eines deutschen Ritters, die ihr Leben damit fristen musste, ein paar Dutzend Raufbolde zu kommandieren, hatte damit zufrieden zu sein, überhaupt beachtet zu werden. Am liebsten hätte der Mann Caterina samt ihren Begleiterinnen in die nächste Gondel gesetzt und dorthin zurückgeschickt, woher sie gekommen waren, doch das ließen seine Befehle nicht zu. So drängte er sie, endlich in einer der Sänften Platz zu nehmen.
Sie tat es jedoch erst, als Bianca die Hand auf ihre Schulter legte und mit ihrem Mund so nahe an ihr Ohr kam, dass keiner mithören konnte. »Wir sollten mitgehen, Caterina, und die Dogessa aufsuchen. Gewiss wird Messer Antonio Venier mit seiner Gemahlin über unseren Besuch sprechen und uns vielleicht danach empfangen.«
Caterina musste ihrer Freundin Recht geben, doch das kühlte ihre Wut, die bereits durch einige andere Ärgernisse in Wallung geraten war, nicht gerade ab. Obwohl der Herzog von Molterossa ihr Kommen angekündigt und auch Nachricht erhalten hatte, dass der Doge sie empfangen würde, hatte man sie zwei Wochen in der Stadt Chioggia warten lassen, bevor man sie endlich nach Venedig gebracht und in einem kleinen Nonnenkloster auf dem Inselchen San Giorgio einquartiert hatte. Dadurch war sie von Camillo di Rumi und den anderen Männern getrennt worden, die sich in einer Schifferherberge hatten einmieten müssen, in der ihren Bemerkungen nach an einem Abend mehr geflucht wurde als in der Eisernen Kompanie in einem ganzen Monat.
»Wir hätten nicht hierher kommen sollen!« Zum Glück sagte Caterina es auf Deutsch, so dass der Diener des Dogen es nicht verstand.
»Vielleicht will man uns entführen«, antwortete Malle, die mit in Caterinas Sänfte saß, sichtlich besorgt. Der Dienerin war jeder Ort suspekt, den man nicht auf seinen eigenen Beinen oder denen eines Reittiers erreichen konnte. Sie hielt Venedig für eine
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