Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
weiteren Stuhl zu bringen.
    Noch ehe das Mädchen den Befehl ausgeführt hatte, schob sich ein beleibter Mann in dunkler Kleidung in den Raum. Er mochte um die fünfzig sein, wirkte aber mit seinem runden rosigen Gesicht alterslos.
    »Buon giorno, Signorine!«, grüßte er höflich und nahm ächzend auf dem letzten freien Stuhl Platz. Ihm folgte ein hagerer Mann im Amtstalar eines Notars mit einer abgegriffenen Ledertasche unter dem Arm, der sich vor dem Dicken und dem Jüngling devot verneigte.
    Der junge Mann überließ dem Notar seinen Stuhl, auf den er sich gestützt hatte. Zwar war er der Ranghöhere, aber ihm schien es selbstverständlich, älteren Menschen höflich zu begegnen. Als die ausgesandte Magd einen Stuhl hereintrug und neben den Tisch stellte, nahm auch er Platz.
    »Ich bitte die Damen, uns die Ehre zu erweisen, mit uns zu speisen. Bei Antonio Venier habt ihr gewiss hungern müssen.«
    »Das könnt Ihr laut sagen!« Malle legte ihrer Herrin und Bianca vor, vergaß dabei aber auch sich selbst nicht. Sie genehmigte sich sogar einen Becher Wein, während Caterina sich aus einer Karaffe, in der Eisstückchen schwammen, Wasser einschenken ließ. Sie trank einen Schluck von dem kühlen, nach frischem Quellwasser schmeckenden Nass und blickte dann den jungen Herrn leicht gereizt an. »Nun, Signore, wäre es mir lieb, wenn Ihr mir den Zweck dieser Zusammenkunft nennen könntet.«
    »Mein Oheim und ich wollen mit Euch reden und nach Möglichkeit auch ins Geschäft kommen«, antwortete er in einem sanften Tonfall, der nicht so ganz zu seiner ernsten Miene passte.
    Caterina runzelte die Stirn. »Zuallererst würde ich gerne erfahren, mit wem ich es zu tun habe. Ich nehme an, Ihr wünscht meine Söldnerkompanie zu mieten? Wenn Ihr daran denken solltet, sie zu kaufen, muss ich Euch enttäuschen. Ich veräußere die Eisernen nicht.«
    Der junge Mann schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich will Euch und Eure Männer weder kaufen noch mieten, Signorina. Später einmal, wenn die Notwendigkeit dafür bestehen sollte, werden wir die Eiserne Kompanie in unsere Dienste nehmen. Doch bevor wir weiterverhandeln, muss ich eines klarstellen: Mein Name und der meines Oheims wie auch der des Notars tun derzeit nichts zur Sache. Wenn man uns später fragen sollte, ob wir Euch gesehen oder gar mit Euch gesprochen haben, werden wir dies verneinen. Da wir wissen, wie lose euch Frauen die Zungen im Mund sitzen, müssen wir uns auf diese Weise schützen.«
    »Und was ist, wenn wir Euch und Euren Oheim unterwegs treffen und andere Leute danach fragen, wer ihr seid?«, antwortete Caterina mit deutlichem Spott.
    Ihre Pfeile prallten an dem jungen Mann ab. »Diese Gefahr besteht nicht. Ich werde in wenigen Tagen zu einer Handelsreise aufbrechen und mein Onkel geht selten aus. Zudem werdet Ihr und Eure Begleitung Venedig bereits morgen früh verlassen und nach Chioggia zurückkehren. Von dort aus könnt Ihr nach Molterossa weiterreisen.«
    »Aber nicht mit leeren Händen!« Caterina tat so, als habe sie noch einen Trumpf im Ärmel, obwohl ihre Hoffnung, eine Condotta mit Venedig zu erhalten, an der feindseligen Haltung des Dogen gescheitert war.
    Der dicke Mann beugte sich interessiert vor und legte seine Hände so zusammen, dass die Spitzen der Finger sich berührten. »Wenn wir ein Übereinkommen treffen können, erhaltet Ihr eine Summe, die Euch weiterhelfen wird. Euer Vater war ein sehr berühmter Condottiere, und auch Ihr habt Euch schon einen gewissen Ruf erworben. Bevor wir zum eigentlichen Geschäft kommen, möchte ich jedoch wissen, wie Ihr die Situation in Norditalien einschätzt. Schließlich habt Ihr schon zweimal den Truppen der Viper von Mailand gegenübergestanden.«
    »Ich verstehe die Frage nicht ganz«, erklärte Caterina verwundert.
    »Gian Galeazzo Visconti hat bereits mehr als die Hälfte der Städte in Nord- und Mittelitalien erobert oder mit anderen Mitteln auf seine Seite gebracht. Nun bedrängt er weitere. Glaubt Ihr, dass er seine Macht so weit ausbauen kann, wie er es sich wünscht?«
    »Um das zu wissen, müsste ich im Kopf des Herzogs von Mailand sitzen. Er schafft es, seinen Einfluss immer weiter auszudehnen, und dort, wo die Überredungskünste seiner Gesandten und Bestechung nicht ausreichen, wendet er Gewalt an, ohne dass andere, die ebenso gefährdet sind, ihn daran hindern. Nun bedroht er sämtliche Städte und Signorien bis hinunter nach Perugia, das er unbedingt haben will, um Florenz einschließen zu

Weitere Kostenlose Bücher