Die Löwin
um einen schlichten Geschäftsvertrag. Venedig wird Euch für ein Jahr sagen, gegen wen Ihr nicht kämpfen dürft. Dafür erhaltet Ihr einen Wechsel, den Ihr in jeder großen Bank in Rom, Florenz, Neapel, ja selbst in Mailand einlösen könnt. Ach ja, der Mann, der diesen Wechsel ausgestellt hat, gehört nicht zu meinen speziellen Freunden, sondern ist ein Handelsherr, der vor allem im Fondaco dei Tedeschi mit Euren Landsleuten handelt. Selbst wenn Ihr ihn darauf ansprecht, wird er Euch nicht sagen können, wer ihm den Auftrag dazu gegeben hat.«
Caterina fand die Geheimniskrämerei der Venezianer lächerlich, aber solange ihr das Geld ausbezahlt wurde, hatte sie keine Lust, viele Gedanken an deren Motive zu verschwenden. Es gab nur noch eine Frage, die sie gerne beantwortet haben wollte. »Und wer, Signori, wird mir Venedigs Freunde nennen, die ich nicht bekämpfen soll?«
»Der Herzog von Molterossa. Er wird von uns auf dem Laufenden gehalten.« Die Stimme des Dicken hatte jetzt viel von seiner zuvorkommenden Art verloren, als könne er den Abschied seiner Gäste kaum erwarten. Er stand auf, deutete eine Verbeugung an und wandte sich an seinen Neffen.
»Sorge dafür, dass der Notar den Vertrag ausfertigt. Unsere Seite soll als ›Freunde Venedigs‹ bezeichnet werden. Wenn die Damen dann so weit sind, kannst du sie zum Kloster von San Giorgio bringen lassen. Und nun, arrivederci, Signorine! Ich habe dringende Geschäfte zu tätigen.« Mit diesen Worten verließ er den Raum.
Der Notar öffnete seine Tasche, holte Papier, Tintenfass und Federkästchen hervor und begann, den Vertrag niederzuschreiben, den der Jüngling ihm diktierte. Caterina aß derweil die Reste eines gebratenen Hühnchens, das raffiniert gewürzt war, und dachte seufzend daran, dass ihr neuer Geldgeber im Gegensatz zu dem leutseligen Iacopo Appiano ein gesichtsloses Etwas war, das seine Anweisungen nach Belieben erteilen würde, ohne dass sie die Gründe dafür erfuhr. Das würde ihr die Aufgabe, für die Eiserne Kompanie zu sorgen und sie erfolgreich zu führen, nicht gerade erleichtern. Die Wege der Interessen und der Politik schienen in Venedig noch verwirrender zu sein als in anderen Städten, und sie fragte sich nun doch, welches Spiel man hier mit ihr getrieben hatte. Sie konnte sich nämlich nicht vorstellen, dass der Doge nichts von diesen Freunden Venedigs wusste. Es musste ein Plan dahinterstecken, dass er sie von der Piazza San Marco in einen abgelegenen Teil Venedigs hatte bringen lassen und ihr junger Gastgeber genau dort auf sie gewartet hatte.
3.
I n den letzten Monaten hatte Rodolfo d’Abbati die Spur der mutmaßlichen Mörder von Francesco di Monte Elde dreimal neu aufgenommen und jedes Mal wieder verloren. Die Räuberbande war nach dem Mord in der Toskana ebenso spurlos verschwunden, wie sie zuvor wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Deswegen dehnte er seine Suche bis in die Romagna und in die Lombardei aus und kannte inzwischen beinahe jede Meile der Wege und Pfade zwischen Perugia und Milano und jede Taverne, die es in dieser Region gab. Die meisten waren Räuberhöhlen, in denen man beinahe alles kaufen konnte, was für Geld zu haben war, und er hatte einiges an Gold für Informationen ausgegeben.
Nun schien das Glück ihm endlich hold zu sein. Der Podesta eines kleinen Städtchens bei Pontremoli hatte dem Marchese Olivaldi Nachricht gesandt, dass seine Schergen Räuber gefangen genommen hätten, von denen einige aus der Romagna stammen sollten. Nach all den Rückschlägen und Irrwegen gab Rodolfo nicht viel auf die Botschaft, die ein Kurier ihm nach Parma gebracht hatte, doch als er mit Gaetano und vier handfesten Söldnern Arzelato erreichte, spürte er eine stärkere Anspannung als sonst.
Das Städtchen wirkte auf den ersten Blick völlig verschlafen. Es war von einer eindrucksvollen Mauer umgeben, allerdings sahen die Wachen am Tor aus, als würden sie sich für ein gutes Trinkgeld nicht an die Gesichter und Namen der Reisenden erinnern. Einer machte sogar die Geste des Geldzählens, als er auf Rodolfo zuging. Dieser hob die Reitpeitsche und sah auf den Mann hinab.
»Gib den Weg frei! Wir sind Gäste des Podestas.«
»Das kann jeder behaupten!« Der Wächter baute sich breitbeinig vor Rodolfo auf.
Einer seiner Kameraden hatte in Rodolfo jedoch den Edelmann erkannt, der schon vor einigen Wochen hier gewesen war, und zupfte ihn am Ärmel. »Du Narr, dies ist Seine Eccellenza, der Conte d’Abbati, ein berühmter
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