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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Nerven bis zum Äußersten. Inzwischen hasste Borelli ihn von ganzem Herzen, doch er konnte gerade in dieser Situation nicht auf ihn verzichten. »Was kann ich dafür, dass Monte Eldes Tochter Ravenna bereits verlassen und dann auch noch Wege benutzt hat, wie sie höchstens streunende Ziegen wählen? Weiber denken nun einmal nicht geradeaus!«
    Ranuccio bedachte ihn mit einem spöttischen Blick. »Nun, auf alle Fälle sind wir jetzt auf ihrer Spur.«
    »Ich denke, ich kenne den Weg, den sie nun einschlagen wird. Sie dürfte versuchen, Palazuolo zu umgehen und Conale zu erreichen. Dabei muss sie auf jeden Fall den Pass von San Ilario überqueren.« Borelli nickte so zufrieden, als hätte Caterina selbst ihm ihre Pläne offenbart.
    Das Lächeln seines Vetters wurde noch breiter. »Das denke ich auch und ich kenne dort oben eine Herberge, deren Wirt mir noch aus alten Zeiten zu Dank verpflichtet ist. Die Tedesca wird mit Sicherheit dort Rast machen, damit sie und ihre Leute sich von der Anstrengung des Aufstiegs erholen können. Dann sitzt sie in der Falle und wir können das Gleiche mit ihr machen wie ich mit dieser Fliege hier!« Noch während Ranuccio sprach, schlug seine Hand mit einem klatschenden Geräusch gegen die Wand des Stalles, und dann zeigte er Borelli die auf seiner Haut verschmierten Reste des Insekts.
    Borelli winkte angeekelt ab und verließ den Stall. Draußen lief er sich vorsichtig in Deckung haltend in die Richtung, die Caterina eingeschlagen hatte, und beobachtete hinter hohem Gestrüpp verborgen, wie ihr Trupp in der Ferne verschwand. Zwar war er sich sicher, dass sie nicht nach Süden ins Mugello abbiegen würde, doch er wollte sie nicht noch einmal aus den Augen verlieren. Daher suchte er drei Mann aus und erteilte ihnen den Befehl, die aus Marradi herausführenden Straßen zu überwachen. Dann warf er dem Wirt ein paar Münzen für die Zeche zu und winkte dem Rest seiner Leute, ihm zu folgen. Sie umgingen Marradi auf Wegen, die eher für Ziegen als für Pferde geeignet waren, ohne den steilen Abhängen, an denen sie vorbeiritten, mehr als einen beiläufigen Blick zu schenken. Die Männer, die Borelli jetzt noch begleiteten, waren ausnahmslos ehemalige Räuber und gewohnt, noch weitaus riskantere Pfade zu benutzen, und er selbst missachtete in seiner Gier nach Rache jegliche Gefahr.
    Sie übernachteten nur wenige Meilen außerhalb des Städtchens in einem kleinen Piniengehölz, so wie Ranuccio und seine Männer es vor dem Mord an Franz von Eldenberg getan hatten. Ranuccio spielte mehrmals auf die damaligen Geschehnisse an, während sie ihr Lager aufschlugen, doch sein Vetter würdigte ihn keiner Antwort. Daher hüllte er sich brummend in seine Decke und fragte sich, welchen Profit sie aus dieser Jagd ziehen würden. Rache, die keinen zählbaren Gewinn einbrachte, war in seinen Augen verschwendete Zeit. Statt der Tedesca Gewalt anzutun und sie hinterher umzubringen, wäre es in seinen Augen sinnvoller, sie unversehrt zu lassen und ein hohes Lösegeld für sie zu verlangen. Malatesta und Borelli hatten aber nichts anderes im Kopf, als wie brünstige Bullen über sie herzufallen. Noch ehe er einschlief, fiel Ranuccio ein, dass er aus den noblen Verwandten dieses Weibsstücks auch dann Geld herausschlagen konnte, wenn er nur noch den Leichnam für das Geschäft einzusetzen hatte. Es musste ja keiner wissen, dass Caterina tot war.
    Sollten die beiden aufgeblasenen Kerle doch ihren Spaß mit dem Frauenzimmer haben – er würde kassieren und weder mit Borelli noch mit Malatesta teilen.

10.
    C aterina wählte tatsächlich den Weg, den Borelli für den wahrscheinlichsten gehalten hatte. In den ersten Stunden mussten sie so steile Anstiege bewältigen, dass die Tiere auf der Höhe des Passes San Ilario erschöpft stehen blieben und die Männer sehnsüchtig auf das Dach der Taverne starrten, die ein Stück unter ihnen auftauchte und mit einem im Wind knarrenden Schild über der Tür lockte. Es handelte sich um ein schäbiges Gebäude aus Bruchsteinen, das mit dünnen Steinplatten gedeckt war. Die Vorderseite grenzte an eine natürliche Felsterrasse, die als Schankfläche benutzt wurde, wie mehrere primitive Tische und etliche als Hocker dienende, abgesägte Baumstämme verrieten.
    Der Wirt schien die neuen Gäste schon bei der Ankunft auf der Passhöhe wahrgenommen zu haben, denn er schoss aus dem Gebäude und blickte ihnen erwartungsvoll entgegen. Mit seinem unrasierten Kinn, den kurzen, um die Beine

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