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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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zum Capitano-General nicht mehr an den Kampfübungen teilgenommen zu haben, zu denen Steifnacken ihn früher gezwungen hatte, denn der Arm wurde ihm immer schwerer, und als er Fabrizio Borelli vor sich sah, kehrte die Angst, die er in der Stadt abgestreift zu haben glaubte, mit doppelter Wucht zurück.
    Borelli hatte nur so viel Überblick über die Schlacht, wie er durch die Schlitze seines Helmvisiers wahrnehmen konnte. Instinktiv spürte er, dass das Blatt sich zu seinen Ungunsten wendete. Noch aber gab es eine Chance, den Sieg zu erringen, und die wollte er nutzen. Zwischen seinen Männern und dem Haupttor standen nur Bürger, die trotz ihrer martialischen Bewaffnung über keinerlei Kampferfahrung verfügten und daher harmlos waren. Wenn es ihm gelang, deren Ring zu durchbrechen und in die Stadt einzudringen, gehörte Molterossa ihm. Drinnen würde er kaum noch auf Widerstand stoßen, denn offensichtlich hatten sich alle waffenfähigen Männer der Stadt an dem Ausfall beteiligt. Es musste ihm nur gelingen, die Tore hinter sich zu schließen, dann würde er sich halten können, bis Pandolfo Malatesta mit seinen weit überlegenen Truppen vor Molterossa eintraf. Damit würde er, Fabrizio Borelli, es sein, der Messer Pandolfo und damit Gian Galeazzo Visconti die eroberte Stadt übergeben und dafür den Lohn einstreichen konnte, den Ugolino Malatesta sich erhofft hatte. Allein das Gold würde genügen, um mindestens fünfhundert Lanzen ausrüsten und in die Reihen der mächtigsten Condottieri und der Vertrauten des Herzogs der Lombardei und künftigen Königs aufsteigen zu können. Mit diesem angenehmen Gedanken ritt er gegen Amadeo Caetani an, dem einzigen Gegner, der ihm noch ernsthaften Widerstand leisten konnte.
    Der Anprall der beiden Kämpfer war so stark, dass ihre Pferde für einen Moment in die Knie gingen und sich nur unter dem rücksichtslosen Einsatz von Zügel und Sporen wieder aufrichteten. Ohne sich nur einen Atemzug lang irritieren zu lassen, schlugen Borelli und Amadeo Caetani so heftig aufeinander ein, dass das Klirren ihrer Schwerter die Milizsoldaten erschreckt zurückweichen ließ. Hätten die ehemaligen Räuber um Borelli die Situation richtig erfasst, wäre es ihnen ein Leichtes gewesen, das Haupttor zu erobern und Molterossa zu besetzen. Stattdessen aber sahen sie der Auseinandersetzung ebenso atemlos zu wie die Städter.
    Eine Weile schienen die beiden Kämpfer einander ebenbürtig zu sein. Amadeo verteidigte sich mit dem Mut der Verzweiflung, und die Angst verdoppelte seine Kräfte. Mit schnellen Hieben durchbrach er die Abwehr seines Gegners und versetzte ihm einen heftigen Schlag gegen den Helm.
    Borelli fühlte, wie sich die gegnerische Klinge in seinen Nackenschutz bohrte. Voller Zorn riss er sein Schwert hoch und versuchte Amadeos Visier zu zerschmettern. Dieser schwankte unter dem Hieb und benötigte die Schildhand, um sein Gleichgewicht zu halten. Zwar hatte er sich gleich wieder gefangen, doch für den Bruchteil eines Augenblicks öffnete sich seine Deckung. Borellis Klinge zuckte nach vorne, traf Amadeo mit voller Kraft knapp unterhalb des Helmes und durchschlug die Kettenglieder und das schützende Leder über seiner Kehle. Als er sie zurückzog, bedeckte ein Schwall Blut den Löwen auf der Brust des Erben von Molterossa. Amadeo war schon tot, als sein Körper aus dem Sattel kippte.
    Borelli blieb keine Zeit zu triumphieren, denn hinter ihm brüllte Steifnacken wütend auf. »Jetzt ist dein Ende gekommen, du verräterischer Hund!«
    Der kleine Schwabe spornte sein Pferd an und holte zum Schlag aus. Sein Schwert rutschte jedoch am Schild des Feindes ab. Borelli stach fast gleichzeitig zu, traf besser und sah Steifnacken mit einem Aufstöhnen in sich zusammensinken. Er bedachte ihn noch mit einem höhnischen Blick und wandte sich dann um. Die Milizen, die bis jetzt noch den halbherzig vorgetragenen Angriffen seiner Söldner standgehalten hatten, wichen vor ihm zurück und flohen auf das Tor zu. Borelli gab seinem erschöpften Pferd die Sporen und brüllte seine Leute an, die Fliehenden aufzuhalten, denn er musste verhindern, dass die Städter die Torflügel vor ihm schlossen. In diesem Augenblick tauchte ein neuer Feind vor ihm auf.
    Borelli fletschte die Zähne, als er die Farben der Caetani mit dem Wappen d’Abbatis erkannte, und reckte Rodolfo die blutige Klinge entgegen. »Ich habe schon immer gewusst, dass du ein Verräter bist, Graf ohne Besitz! Jetzt werde ich dir zu einem

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