Die Löwin
Söldnern, die gegnerischen Truppen zu spalten und sich zu vereinen. Stattdessen wurden sie nun selbst an immer mehr Stellen von der Übermacht der Visconti-Truppen zurückgedrängt und Häuflein für Häuflein eingekreist. Arnoldo Caetani begann zu beten und flehte die Heilige Jungfrau und alle Schutzheiligen Molterossas an, ein Wunder geschehen zu lassen und seiner Stadt zu helfen.
»Onkel, seht nur! Jetzt ist alles aus!« Amadeos erschrockener Ausruf ließ den Herzog herumfahren. Auf dem der Stadt nächstgelegenen Hügel erschienen plötzlich Reiter und Fußsoldaten. Ihre Zahl konnte er nicht schätzen, doch es mussten mindestens hundertfünfzig, wahrscheinlich sogar mehr Lanzen sein. Sie formten sich beinahe beleidigend gemächlich zu einer langen Kampflinie und rückten dann im Schritt vor. Noch während der Herzog überlegte, zu wem diese Truppe gehörte, und gegen alle Logik hoffte, es könnte sich um Verbündete handeln, stieß Amadeo einen Fluch aus.
»Das ist Rodolfo, diese Ratte! Es reichte ihm nicht, von unserem Untergang zu erfahren! Er musste auch noch selbst kommen, um sich wie ein Geier an unseren toten Leibern zu mästen.«
»Noch sind wir nicht tot! Wenn es sein muss, vermag ich immer noch ein Schwert zu schwingen!« Der Herzog zitterte vor Grimm, blieb aber auf dem Turm und sah zu, wie Rodolfos Kompanie sich dem Schlachtfeld näherte. Dort hatte man sie längst entdeckt, und während die Krieger Malatestas beim Anblick der Olivaldi-Farben aufjubelten, fluchten und schimpften die sonst eher braven Schwaben und Flamen in Caterinas Heer, so dass sich selbst dem Teufel die Ohren kräuseln mussten. Sie wussten, dass ihr Ende besiegelt war, und doch wichen sie keinen Schritt zurück.
Hans Steifnacken stöhnte auf und befahl zwei Fähnlein, sich gegen den so überraschend aufgetauchten Feind zu stellen. Ihm war klar, dass die Männer Rodolfos Kompanie nicht würden aufhalten können, doch mehr Leute konnte er nicht entbehren.
Auch Caterina spürte eine eisige Hand an ihrem Herzen, als sie die Fahnen der Olivaldi-Söldner näher kommen sah. Das ist also das Ende, fuhr es ihr durch den Sinn, und sie zog ihr Schwert, das sie bis jetzt noch nicht benötigt hatte. Der schützende Schild ihrer Leibgarde war jedoch bereits dünn geworden, da die Feinde immer wieder versuchten, ihn zu durchdringen, um an die Capitana zu gelangen.
Weder Caterina noch Steifnacken hatten jenen Überblick über das Schlachtfeld wie Arnoldo Caetani auf seinem Turm. Dieser beobachtete die Bewegungen der Olivaldi-Truppe und versuchte, sich einen Reim darauf zu machen. Eigentlich hätten die Söldner nur geradeaus stürmen müssen, um in den Rücken der Eisernen zu gelangen, doch seltsamerweise schwang der linke Flügel herum, so dass die Kampflinie fast im spitzen Winkel zu Caterinas Leuten stand. Während neben ihm Amadeo noch seine Angst und seinen Hass auf den Vetter aus sich hinausschrie, leuchteten die Augen seines Onkels auf.
»Dieser Teufelskerl! Ich wusste doch, dass er im Herzen zu Molterossa steht!«
Amadeo begriff zunächst nicht, was sein Onkel meinte, und öffnete den Mund. Doch die Frage starb auf seiner Zunge. Rodolfos Truppe hatte nämlich ihren Schwenk vollendet und trabte an. Die Spitzen ihrer Lanzen zeigten jedoch nicht mehr auf die Eiserne Kompanie, sondern auf Malatestas rechte Flanke. Bevor die Visconti-Söldner begriffen, wie ihnen geschah, brachen Rodolfos Reiter wie ein Unwetter über sie herein. Die Fußtruppen folgten im raschen Lauf und schlugen jeden Feind nieder, der den anstürmenden Lanzenreitern entgangen war.
»Halleluja!«, jubelte der Herzog auf und winkte begeistert, obwohl keiner der verbissen kämpfenden Krieger einen Blick für den alten Mann auf dem Turm übrig hatte. »Wenigstens in einem meiner Neffen fließt noch das Heldenblut Autaricos, des ersten Herzogs von Molterossa. Bei Gott, wenn diese Schlacht siegreich geschlagen wird, soll er mein Erbe werden und der Anführer all meiner Truppen. Ihm traue ich es zu, unsere Stadt gegen Visconti zu halten.«
Die Worte des Herzogs trafen Amadeo wie ein Peitschenhieb. Der junge Mann starrte auf das Schlachtfeld, auf dem sich die Geschicke der Heere zu wenden begannen. Rodolfo war es mit seinem ersten Schlag gelungen, die rechte Flanke der Malatesta-Truppen zu werfen, und seine Reiter drangen nun ungestüm gegen das Zentrum vor. Damit ermöglichten sie es den Eisernen, sich neu zu formieren und vorzurücken. Amadeo war kein begnadeter
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