Die Löwin
nicht meine Stadt retten können.«
Sein Gast antwortete mit einem ärgerlichen Auflachen. »Vielleicht wollt Ihr mir auch noch weismachen, ich müsste meiner Tochter dankbar sein, weil sie sich damals gegen mich gestellt hat?«
»Das nicht, mein Freund. Doch ich bin der Ansicht, wir sollten Caterina Zeit lassen, über alles nachzudenken. Bei Gott, Ihr wisst gar nicht, wie sehr ich mir wünsche, sie in Molterossa zu behalten. Sie ist genau die Frau, die Rodolfo braucht, um mit beiden Beinen auf der Erde zu bleiben.«
Der Marchese hieb mit der Hand durch die Luft, als müsse er sich eines unsichtbaren Feindes entledigen. »Ich fürchte, sie wird sich bei nächster Gelegenheit auf ihr Pferd schwingen und in ihre germanischen Wälder entschwinden. Doch das werde ich zu verhindern wissen. Kommt Ihr mit?«
»Wohin?«
»Zu Caterina, um ihr den Kopf zurechtzusetzen.« Olivaldi schritt auf das Tor zu, das von einem aufmerksamen Diener sofort aufgerissen wurde, und verließ die Räumlichkeit. Der Herzog überlegte nur einen kurzen Augenblick, dann eilte er ihm nach, um notfalls begütigend eingreifen zu können, wenn der Streit zwischen Großvater und Enkelin zu heftig werden sollte. Als sie in den Korridor abbiegen wollten, der zu Caterinas Kammer führte, kam ihnen Bianca entgegen.
»Wenn ihr die Capitana sucht, die ist draußen auf den Wällen.«
»Dummes Ding!«, brummte der Marchese, entschuldigte sich aber sofort, denn Bianca hatte die Bemerkung auf sich bezogen. Nach einer kurzen Verbeugung schritt er weiter und betrat kurz darauf den Mauerring, der die Festung schützte. Im Licht des Mondes, der nun über den Hügeln aufging, entdeckte er das eng umschlungene Paar und blieb stehen, als wäre er gegen eine Wand geprallt.
»Weiber, sage ich nur!« Es lag eine Fassungslosigkeit in seinen Worten, die den Herzog zum Kichern brachte.
»Soweit zu Eurer Behauptung, Eure Enkelin würde sich auf ihr Pferd schwingen, um einer Ehe mit meinem Neffen zu entgehen.«
»Bei Gott und der Heiligen Jungfrau. Sie muss noch verrückter sein als ihre Mutter.« Der Marchese schüttelte nur noch den Kopf, während sein Gastgeber ihm fröhlich auf die Schulter klopfte.
»Ich würde eher sagen, sie ist gescheiter als wir beiden alten Böcke zusammen. Bei Gott, was für ein herrliches Mädchen. Sie küsst Rodolfo jetzt wirklich. Was wetten wir, dass ihr erstes Kind ein Junge ist?«
Er erhielt von Caterinas Großvater keine Antwort mehr.
17.
S echs Jahre später jubelte Caterina auf, als Bianca im Hof des Schlosses von Molterossa aus der Sänfte stieg. Seit sie die Nachricht bekommen hatte, ihre Freundin werde zu Besuch kommen, war sie wie ein aufgeregter Schmetterling in der Burg herumgeflattert und hatte die Dienerschaft mehr behindert als ihr geholfen, alles für Biancas Empfang bereit zu machen.
»Endlich sehe ich dich wieder!«, rief sie und umarmte die Freundin. Für einen Augenblick erlebte sie noch einmal das gleiche erregende Gefühl wie damals in Rividello, und nur der Gedanke an die Leute, die ihnen zusahen, brachte sie dazu, Bianca nicht inniger zu küssen, als es die Sitte gebot.
»Es ist wirklich schön, wieder einmal in Italien zu sein. Aber sag kein Wort gegen Schwaben! Es ist jetzt meine Heimat geworden, das Zuhause, das ich vorher niemals hatte.« Einen oder zwei Herzschläge lang erinnerte Bianca sich an ihre Jugend, in der ihr Leben nicht immer geradlinig verlaufen war, wischte diesen Gedanken dann mit einer energischen Handbewegung beiseite und musterte Caterina eingehend.
»Du bist um keinen Tag älter geworden, nur viel schöner als damals, als Botho und ich unsere Reise nach Norden angetreten haben.«
Das Kompliment gefiel Caterina, vor allem, weil sie es zurückgeben konnte. Bianca hatte noch ein wenig an Fülle zugelegt, doch ihre Haut war glatt und ihr Gesicht sah um ein gutes Jahrzehnt jünger aus als ihr wahres Alter. Nur ihre Gewandung war erschreckend unmodisch. Sie trug ein schlichtes Kleid aus grünem Tuch mit einem weißen Schulterkragen sowie eine eng sitzende Plisseehaube ohne einen Anschein von Eleganz. Gegen die Freundin kam Caterina sich vor wie ein Goldfasan gegen einen Sperling. Dabei trug sie nichts, was in den Straßen Roms oder einer anderen großen Stadt aufgefallen wäre. Ihr Kleid bestand aus blau gemusterter Seide und war mit reich bestickten Säumen verziert. Die langen, geschlitzten Ärmel reichten bis zum Boden, und auf ihrem Kopf saß ein modischer Hut, den zwei Federn in den
Weitere Kostenlose Bücher