Die Löwin
er keinen Anteil an dem Mord an Eurem Capitano hat. Er wird es in drei Wochen in Pisa auf die heiligen Reliquien beschwören.«
»Gott sei Dank!«
Borellis Erleichterung ließ Rodolfo erstaunt aufblicken. »Das scheint Euch ja sehr zu freuen!«
»Aber ja! Wisst Ihr, Conte, mit dem Tod meines Onkels hat sich die Lage für die Eiserne Kompanie grundlegend verändert. Anders als Monte Elde bin ich nicht bereit, meine Leute für billiges Geld im Dienste der Feinde Mailands zusammenschlagen zu lassen. Ich habe gehört, welchen Lohn Herzog Gian Galeazzo meinem Oheim angeboten hat, und bin bereit, auf dieses Angebot einzugehen.«
Borellis offenes Bekenntnis überraschte und amüsierte Rodolfo gleichermaßen. »Ihr wollt darauf eingehen, Signore? Habt Ihr da nicht einen kleinen Punkt vergessen? Nicht Ihr seid der Herr der Compagnia Ferrea, sondern Eure Cugina.«
Sein Gegenüber wischte diesen Einwand mit einer heftigen Handbewegung vom Tisch. »Pah, Caterina ist bloß ein Weib! Außerdem wird sie mir die Kompanie übereignen.«
Rodolfos Augenbrauen wanderten für einen Augenblick nach oben. »Das ist die zweite Überraschung, die mich an diesem Tag ereilt. Als ich kam, glaubte ich Euch als Capitano der Compagnia Ferrea vorzufinden, sah mich aber einer deutschen Signorina als neuer Herrin gegenüber. Jetzt habe ich gerade begonnen, mich mit dieser Tatsache abzufinden, und da behauptet Ihr, dass Ihr bald der Capitano sein werdet.«
»Ich hätte es von Anfang an sein müssen! Doch die dumpfen Tedesci meiner Truppe hängen an dem Namen Monte Elde wie Ochsen an einem Strick. Für sie ist Caterina die Erbin ihres Vaters, daher haben sie ihr Treue geschworen. Dieses Zwischenspiel wird jedoch bald der Vergangenheit angehören. Dann werde ich entscheiden, für wen meine Truppe sich schlägt und zu welchem Preis.« Borelli berauschte sich an seinen Worten und sah sich offensichtlich schon als Capitano del Popolo in Perugia oder einer anderen, vergleichbar großen Stadt in Luxus und Wohlleben schwelgen.
Rodolfo verfolgte innerlich grinsend das Mienenspiel seines Gegenübers. »Habt Ihr dabei nicht eine Kleinigkeit übersehen, Signore? Ihr seid nicht Monte Elde, und es mag sein, dass Herzog Gian Galeazzo den Preis, den er für Euren Oheim zu zahlen bereit war, nicht für Euch auf den Tisch legt.«
Diese Bemerkung fiel wie ein bitterer Tropfen in Borellis Zukunftsvisionen, doch er war nicht bereit, sich zu bescheiden. »Dies hier ist immer noch die Eiserne Kompanie, und ich habe mein Handwerk bei meinem Onkel gelernt. Mag sein, dass ich dem Herzog von Mailand zu teuer bin, aber seine Feinde werden mich mindestens ebenso gut bezahlen wie den alten Monte Elde.«
»Möglich wäre es, aber ich glaube es nicht. Der Hammelhaufen, der Visconti gegenübersteht, ist doch nicht in der Lage, auch nur ein Viertel des Goldes zusammenzukratzen, welches der Herzog Euch in die Hand drücken kann.« Rodolfo ließ sich nicht anmerken, dass ihm die anbiedernde Art Borellis zuwider war, um ihn nicht vor den Kopf zu stoßen. Der Ruf der Eisernen Kompanie war zumindest jetzt noch so groß, dass sie auch unter einem Capitano Borelli einen Machtfaktor darstellen würde, der weit über die Zahl ihrer Lanzen hinausging. Trat sie in Mailänder Dienste, würde dies den Schatten des Mordes an Monte Elde von Gian Galeazzo Visconti sicherer tilgen als jeder Eid. Im anderen Fall würde sich die Situation für Herzog Gian Galeazzo zuspitzen. Selbst wenn Legrelli seine Unschuld auf das Haupt des Papstes schwören würde, gab es genug Übelmeinende, die weiterhin die Ansicht verbreiten würden, der Mord wäre von Visconti angeordnet worden.
»Wenn ich zu meinem Herrn zurückkehre, werde ich ihm Eure Bereitschaft zu Verhandlungen melden, Signore«, sagte er daher versöhnlich und wurde von Fabrizio Borelli voller Dankbarkeit umarmt. Rodolfo nahm den Gefühlausbruch hin, konnte sich aber nicht verkneifen, dem Mann einen kleinen Stich zu versetzen. »Soviel ich gesehen habe, leidet Eure Kompanie derzeit unter einem gewissen Mangel an Offizieren. Den werdet Ihr beheben müssen, wenn Ihr die Geltung erlangen wollt, die Ihr anstrebt.«
Borelli nickte grimmig. Der Verrat Lanzelotto Aniballis und seiner Freunde hatte eine Lücke gerissen, die nicht leicht zu füllen war. Hier im Lager machte sich das Fehlen der Offiziere noch nicht bemerkbar. Doch auf dem Marsch würde es bestimmt Schwierigkeiten geben, und später in der Schlacht konnte dieser Mangel viele Soldaten
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