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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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glänzenden Hausanzug gegenüber. Auch jetzt war seine Frau nicht zu sehen. Sie waren ebenso unter sich wie in der Nacht.
    Aber schon der Eröffnungssatz verdarb Tobias jeden Appetit auf die Köstlichkeiten, die ihn vom Tisch her anlachten. Belier hatte sich nicht lumpen lassen. Das Angebot erschöpfte sich noch längst nicht in feinstem Backwerk, Butter und Konfitüre.
    Vergeudung .
    Tobias schluckte noch einmal. Dann räusperte er sich und sagte flau: »Das versteh' ich nicht. Ich -«
    »Oh, ich verstehe es sehr gut!« Das Temperament, das aus Belier hervorbrach, nährte kurz einen bösen Verdacht in Tobias: Was, wenn der Händler ihn bezichtigte, sich die ganze Geschichte aus den Fingern gesaugt zu haben, um unter sein nobles Dach zu schlüpfen und sich hier einzunisten? Aber schon die nächsten Worte zerstreuten solche Befürchtungen. Belier ereiferte sich: »O ja, ich durchschaue die Intrige wohl! Auer und Henninger werden seit dem gestrigen Tag vermißt - offenbar sind sie untergetaucht und haben vorher noch die Spuren ihres Verbrechens in Gmelins Haus beseitigt! Die Büttel fahnden schon nach ihnen, und man machte mir gute Hoffnung, daß die Fische ins Netz gehen werden. Alle Stadttore sind bewacht - daraus ist noch keiner der beiden entwischt. Also verstecken sie sich irgendwo in der Stadt, und da müßten sie zu packen sein! Sei nur getrost, wir kommen ihnen auf die Schliche! - Was ist? Hast du keinen Hunger? Ein Kerl wie du - in deinem Alter? Iß! Greif zu - wie soll sonst was aus dir werden?«
    Tobias nagte schweigsam an seiner Unterlippe.
    Belier stand von seinem Stuhl auf, umrundete den Tisch und strich Tobias so sacht übers Haar, als hätte er den Sohn vor sich, der ihm von Gott nicht gewährt worden war. Und Tobias hätte sich schon selbst belügen müssen, um sich vorzumachen, daß ihm dieses Streicheln nicht in tiefster Seele wohltat.
    »Ich weiß, was dir Laune und Appetit verdirbt«, sagte Belier leise. »Aber glaubst du wirklich, ich ließe dich fort, bevor die üblen Halunken dingfest gemacht werden konnten? Unsinn!« Barschheit und Einfühlungsvermögen wechselten sich in Beliers Stimme ab wie Aprilwetter. »Wenn du willst, kannst du hier wohnen, bis wir Licht ins Dunkel ihrer Taten gebracht haben - willst du?«
    Tobias drehte den Kopf und sah zu Belier auf.
    In diesem Augenblick erschien er ihm wie ein Fleisch gewordener Engel, und er hätte alles dafür gegeben, auch ihm irgendwie helfen zu können.
    Gegen seinen Dämon.
    Dessen Name niemand kannte.
    Noch nicht .
    Wochen vorher, im Bayernland
    Lilith Eden war durch die Hölle gegangen - und jener Dimension aus Schmerz und Wahn entkommen. Um einen Preis jedoch, der höher war als alles Leid, was sie zuvor hatte erdulden müssen.
    Haut und Fleisch, Sehnen und jeder einzelne Nerv schienen ihr von den Knochen geschält zu werden, kaum daß Lilith sich - gierig und vor Durst von Sinnen - in die verlockende Blutschwärze des Brunnens gestürzt hatte. Doch sie war nicht ins ersehnte Elixier eingetaucht, sondern in etwas, das allein jedem Versuch, es beschreiben zu wollen, hohnsprach.
    Kräfte, die jede Vorstellung sprengten, hatten sich ihres Körpers bemächtigt, ihn zerrissen und zermalmt - so schien es der Halbvampirin wenigstens, denn ihren Geist (ihre Seele vielleicht) hatten die unnennbaren Mächte unangetastet gelassen, so daß sie den furchtbaren Schmerz bis zur bittersten Neige auszukosten gezwungen war.
    Schließlich war nichts von Lilith Eden, dem Kind zweier Welten, übrig geblieben - nichts als Gedanken, Geist, Bewußtsein ... 1 Und diesen Rest, die Essenz ihres Seins, hatte der finstere Mahlstrom ausgespien.
    Lilith spürte - auf intensivste Art, weil die Wahrnehmung nicht länger auf körperliche Weise erfolgte, sondern ihr Denken und Fühlen unmittelbar berührte -, daß sie die Schwärze verließ. Wie in einen Strudel fühlte sie sich hineingesogen.
    Und ebenso spürte sie, daß sie nicht allein war. Etwas teilte diesen Ort (oder was immer es auch sein mochte) mit ihr; etwas, das ihr -ihrer Daseinsform - ähnelte: körperlos und zugleich doch erfüllt von einer seltsamen Abart von Leben, die es allein an diesem Ort geben mochte, weil sie jenseits davon als Tod gelten mußte.
    Das Andere, ihr so Ähnliche raste Lilith unsichtbar, aber begleitet von einem pestilenzartigen Gestank entgegen, der Lilith ungefiltert traf und körperlose Übelkeit schürte. Lautlos und doch alles durchdringend heulend kam es heran, als würde es in ewige

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