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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht
Autoren: Vampira VA
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des Mädchens noch aus dem Hintergrund wirken und lenken. Doch sie verdrängte diese Empfindung und besann sich ganz ihres eigenen Wesens und ihrer besonderen Kräfte, die in ihrem vampirischen Erbteil wurzelten.
    Ihre Stimme verfiel in Monotonie, leierte in ein und demselben Tonfall dahin, immer die gleichen Worte wiederholend.
    »Ganz ruhig. Keine Angst. Alles wird gut. Ganz ruhig ...«
    Lilith suchte den flackernden Blick Maries einzufangen und mit ihrem eigenen festzuhalten. Als ihr das endlich gelungen war, tastete sie wie mit unsichtbaren Fühlern in die Pupillen der Bauersfrau hinein. Wie dünne Schächte, in denen Panik und Entsetzen kochten, kamen sie der Halbvampirin vor, und während sie sich weiter hineinsinken ließ, glaubte sie sogar, die Hitze dieses Kochens zu spüren.
    Immer tiefer griff sie in die Bäuerin hinein, weit über die Grenze des physisch möglichen hinaus, bis an einen Punkt, den kein Chirurg der Welt hätte erreichen und behandeln können.
    Dort angelangt, löschte Lilith alles aus, was Erinnerung an die jüngste Vergangenheit war. Statt dessen hinterließ sie Bilder, die so nie wirklich geschehen waren. Aber diese Ersatzerinnerungen würden der Bauersfrau helfen, die Trauer um den Gatten eher zu ertra-gen. Zumindest würde sie sich nicht die Schuld daran geben, und die Wunde in ihrem Verstand, die der Wahnsinn schon entzündet hatte, würde verheilen, ohne daß Marie sich ihrer gewahr wurde.
    Wie ein mit winzigen Splittern besetztes Netz überzog Schweiß Li-liths neues Gesicht, als sie sich schließlich, nach einer langen Weile, aus dem Geiste Maries zurückzog.
    Sie ließ die neugepflanzte Erinnerung der Bäuerin noch nicht erwachen. Dies sollte erst geschehen, wenn Lilith den Hof verlassen hatte. Sie wußte nicht, ob sie es ertragen hätte, der selbstgesponnenen Lüge ins Gesicht zu sehen.
    Vorher jedoch half Lilith der Bauersfrau, etwas abseits des Hofes eine Grube auszuheben, annähernd zwei Meter in der Länge und einen in der Breite messend und anderthalb in der Tiefe. Darin betteten sie den Toten zur Ruhe. Dann schaufelten sie Erde über ihn. Beten mochte Marie später allein an seinem Grab.
    Und sie tat es bereits, als Lilith sich noch einmal umwandte, kaum daß sie die Hälfte der Strecke zum nahen Treidelpfad hin gegangen war.
    *
    Regensburg
    Lenas Wissen hatte sich Lilith nunmehr zur Gänze erschlossen. Allerlei Hilfreiches und Nutzbares hatte sie daraus schöpfen können -aber auch zutiefst Entsetzendes.
    Lenas war noch um vieles schlimmer gewesen, als Lilith zuvor geahnt hatte. Eine Teufelin in unschuldiger Larve war das Mädchen gewesen, an dessen Bösartigkeit der Leibhaftige seine helle Freude haben mußte. Nun, vielleicht hatte er die ja jetzt. Denn womöglich schmorte Lena derweil doch in tiefster Hölle, nachdem Lilith ihre Seele damals vor der Verdammnis bewahrt hatte. In ihrem Leib schi-en jedenfalls nicht mehr die Spur ihres Geistes zu stecken. Lilith gebot allein und unangefochten über Lenas Körper und Wissen.
    So hatte es ihr keine großen Mühen bedeutet, endlich eine größere Stadt aufzusuchen, denn das Mädchen war trotz ihrer jungen Jahre weit herumgekommen mit den Ziegäunern, denen sie angehört hatte. Sie waren den Spuren des Krieges durchs Land gefolgt und hatten dem geschundenen Volk Hilfe durch dunkle Kunst versprochen und Handel mit den Soldaten geführt. Geier auf den Schlachtfeldern waren diese Leute gewesen, und Lena wäre wohl die übelste von allen geworden, hätte die Schicksalsmacht nicht anders entschieden .
    Regensburg war Lilith das nächste Ziel gewesen, und nun trieb sie sich schon seit Tagen zwischen den Mauern der Reichsstadt um. Auch hier waren der Krieg und seine Übel an jeder Ecke gegenwärtig, wenn auch nicht in dem Ausmaße wie draußen in den Dörfern und kleinen Städten, wo das Elend deutlicher wahrzunehmen war, weil sichtbar mit einzelnen Familien verknüpft - oder den Resten, die der Krieg davon übriggelassen hatte.
    Regensburg war gewiß keine Großstadt von jener Ordnung, wie Lilith sie aus eigener Anschauung kannte. Aber immerhin schien ihr die Stadt groß und vor allem bedeutend genug, daß Vampire sich darin niedergelassen haben konnten.
    Hinweise auf das Wirken ihres Stiefvolkes in Regensburg hatte Li-lith bislang jedoch nicht entdecken können.
    Wie ein Detektiv hatte Lilith in den vergangenen Tagen Recherchen angestellt. Sie hatte versucht, sich in vampirische Denkweise zu versetzen, umgemünzt auf die hiesige
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