Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Logik des Verruecktseins

Titel: Die Logik des Verruecktseins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Preiter
Vom Netzwerk:
labil-stabil-labile Plattform bereithält, auf der das Geschehen des Begegnens seine Bühne findet. Gehirne stehen in Wechselwirkung und stetiger Austauschbereitschaft miteinander und gleichen aufgrund unserer Emotionalität weniger getrennten Feststoffkörpern als vielmehr ineinander verwirbelten Rauchschwaden, die vor allem die Kunst erlernen müssen, im Verwirbeln bei sich bleiben zu können. Sowohl Ergänzer wie auch das Kind bringen evolutionär gewachsenes Vorwissen mit auf die Beziehungsplattform. Man könnte sagen, sie sind anlagebefähigte Schauspieler, die aber erst noch miteinander und voneinander ihre Rolle lernen müssen. Von der früh erlebten Regiekompetenz hängt für den Säuglingsschauspieler vieles ab, denn wie gut er seine Lebensrolle beherrschen wird und wie stabil er dabei mit anderen Schauspielern ein Ensemble bildet, wird in seiner Grundausbildung nuanciert. Nur wenn es gelungen ist, die frühen hier beschriebenen »Lampenfieberängste« zu überwinden, sind wir gestärkt für die Rollen von »Romeo und Julia« bis »Faust«, welche uns das Leben mit seinen tragischen Komödien und komischen Tragödien zuweist. Im folgenden Kapitel sehen wir uns genauer an, wie die Evolution in dieser Schauspielerausbildung ihr Regiewerk verrichtet.

6. Wie funktioniert Evolution?
    Wer keine Angst kennt, stirbt
    Wäre dieses Buchunternehmen eine Jungfernfahrt, dann hätten wir jetzt erfolgreich den Stapellauf überstanden, hätten das Hafenbecken verlassen und würden in diesem Augenblick, hinter dem Bug noch die Küstenlinie in Sichtweite, Fahrt auf das offene Meer aufnehmen. Das Themenmeer aber ist weit und es fehlt an Orientierung. Zu diesem Zeitpunkt müssen wir auf unseren Kompass achten und uns etwas vertieft mit der Evolutionstheorie selbst beschäftigen.
    Bücher über die Evolutionstheorie füllen ganze Bibliotheken. Seit ihrer Entdeckung und Erstbeschreibung durch Charles Darwin im Jahre 1859 in seinem Buch Die Entstehung der Arten 19 war die Evolutionstheorie selbst einem Entwicklungs- und Verständnisprozess unterworfen, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Eine Reihe von Ergänzungen wurde in die Theoriebildung aufgenommen, anderes wurde wieder verworfen. Entgegen der allgemeinen Ansicht ist die Evolutionstheorie nicht leicht zu verstehen. Jeder Versuch, sie mit einfachen Begriffen und Schlagworten verständlich zu machen, birgt das Risiko einer entstellenden Simplifikation. Selbst führende Theoretiker werfen sich im Eifer des wissenschaftlichen Gefechts manchmal gegenseitig vor, die Evolutionstheorie nicht wirklich verstanden zu haben. 20 Kein ernstzunehmender biologisch orientierter Wissenschaftler zweifelt jedoch daran, dass das Leben in seiner heutigen Erscheinungsvielfalt durch Evolution entstanden ist. Die Indizien und Beweise sind einfach zu erdrückend.
    Im Weiteren wollen wir mit der Unbekümmertheit und Leichtsinnigkeit eines interessierten Laien an das komplexe Thema herangehen, um Wesentliches zu erkennen. Detailfragen wollen wir entschieden übersehen. Wir brauchen nicht zu wissen, wie unser Kompass eigentlich physikalisch ganz genau arbeitet oder wie er im Detail aufgebaut ist, es genügt, ihn als theoretisches Rüstzeug dabeizuhaben
und ihn, wenn es darauf ankommt, anwenden zu können. Um dies während unserer fortschreitenden Erkundigung im Seelenlabyrinth tun zu können, wenden wir aus Sparsamkeitsgründen einen Trick an. Wir beschäftigen uns nicht damit, wie die Evolution eigentlich funktioniert und arbeitet, das überlassen wir den Fachleuten. Wir wollen uns mit ihrem Ergebnis beschäftigen, also vor allem mit der Folge evolutionärer Prozesse. Wir werden eher wie ein Autofahrer sein, der nicht zu verstehen braucht, wie sein Fahrzeugmotor eigentlich die Antriebsleistung hervorbringt, und weniger wie ein Mechaniker, den genau dies brennend interessiert.
    Ein Beispiel zu diesem Ansatz. Man könnte fragen: »Wie ist das menschliche Bewusstsein entstanden?« Es könnte die Schilderung eines gängigen Szenarios folgen, in dem Begriffe wie Selektion, Variation, Population, Gendrift, erweiterter Phänotyp und Elterninvestment vorkommen, was alles wissenschaftlich zutreffend sein könnte, uns jedoch durch die dann entstehenden Detailfragen nur ablenkt.
    Wir gehen anders vor. Theoretische Einzelfragen evolutionärer Prinzipien lassen wir zunächst beiseite. Die Frage »Wie ist das menschliche Bewusstsein entstanden?« beantworten wir in unserem Ansatz so: »Ganz einfach. Das

Weitere Kostenlose Bücher