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Die Lokomotive (German Edition)

Die Lokomotive (German Edition)

Titel: Die Lokomotive (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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wie in einem schalldichten Raum, leise und unfertig, all ihrer Emotion beraubt.
      Klopfen! Klopfzeichen! Das hätte mir doch schon lange vorher einfallen müssen!
      Ich wühlte mit meiner Hand in den Trümmerteilen neben mir und fand einen bleistiftlangen Bolzen. Mit Mühe erreichte ich damit das einzige Stück Metall, das die Energie meiner Schläge durch den Schuttberg leiten konnte: den Puffer.
      Wild drosch ich mit dem Bolzen gegen den massiven Stahl, aber der Schmerz in meiner Hand stand in keinem Verhältnis zum erzeugten Geräusch. Ich war enttäuscht von dem Klang. Ich hielt inne, den Bolzen in der Hand, den Arm angewinkelt und blickte auf den riesigen Puffer über meinem Gesicht.
      Hallte das Echo von Metall geschlagen an Metall nicht stets bis zu den zukünftigen Rettern, ganz gleich, wie groß die Distanz war, oder wie tief die Opfer unter der Erde begraben lagen? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein jämmerliches Plick-Plick-Plick von irgendjemandem da oben als ernster Hilferuf interpretiert werden konnte.
      Ich schmiss den schweren Bolzen fluchend in den größten und dunkelsten Schatten. Lautlos verschwand er in der Schwärze, als ob es sich um einen unendlich tiefen Brunnenschacht handelte.
      Mit der Hand fuhr ich mir über das Gesicht und durch mein nasses Haar. Meine Finger hatten den fauligen, maschinenöligen Geruch des Bolzens angenommen.
      Hoffentlich würde ich bald gerettet. Wenn mich jetzt jemand rausziehen würde, hätte ich vielleicht noch die Chance, durch einen Put einen Teil vom Gewinn mitzunehmen. Verdient hätte ich es. Schließlich war ich ein Teil der Katastrophe. Und das an meinem ersten langen Wochenende seit einem halben Jahr.
      Eigentlich war Lilli an meiner Lage schuld. Es war ihre Idee gewesen. Ich fand die kleine Pension auf halbem Weg zwischen unseren Wohnorten perfekt zum Treffen. Das reichte doch. Aber Lilli wollte ans Meer.
      Hätte ich sie nicht vor einem halben Jahr in dem Internetforum kennen gelernt, läge ich jetzt nicht hier. Nach den ersten SMS war schnell klar, wo unsere Bekanntschaft hinführen würde. Nun hatten wir uns für ein Wochenende in einem Hotel verabredet. Zu Hause dachte Francesca, ich würde ein exklusives Seminar über Zertifikatehandel geben. Sie würde heute Abend eine ihrer Freundinnen sehen, nicht alle waren verheiratet oder wohnten wie sie mit ihren Partnern zusammen.
      „Hallo! Ist da jemand! Hallo!“, rief ich wieder.
      Nur das leise Platschen der Tropfen auf dem schattigen Boden. Mein Rücken schmerzte vor Kälte.
      War ich doch querschnittgelähmt? Wieder berührten sich meine Füße. Ich wollte mich vergewissern, sie mussten freiliegen, sie mussten gesund sein.
      Ich hoffte, dass die Rettungsmannschaften den Schrott mit der nötigen Vorsicht beiseite räumen würden.
      Mein Blick kreiste ziellos umher. Ohne an einem der Schemen zu verweilen, huschten meine Augen planlos durch die Winkel meiner Höhle. Ich fühlte mich beobachtet, als ruhten ein paar unsichtbare Augen auf mir. Ich suchte die Schatten ab, einen nach dem anderen. Spürte man die aufgerissenen Augen eines Toten auf sich lasten?
      Ein verrückter Gedanke. Ich musste aufpassen, nicht durchzudrehen.
      Wäre ich eine Spur esoterisch veranlagt gewesen, hätte ich den Wahnsinnigen am Bahnhof heute Morgen als ein böses Omen gedeutet.
     
     
    Vielleicht war er ausgebrochen? Hätte ich mich um ihn gekümmert, ich hätte meinen Zug verpasst, mein Wochenende der Liebe, das es für Lilli und mich werden sollte, aber vor allem, ich würde jetzt nicht hier liegen.
      Warum hörte ich nichts? Konnte es wirklich sein, dass noch niemand von dem Unglück wusste? Irgendwer musste doch überlebt haben, draußen, mit einem Handy. Die würden sofort Hilfe rufen.
      Muffiger Gestank drang zu mir, eine Ursache konnte ich nirgends erkennen. Schräg hinter mir sah ich den Ausschnitt einer Dachplatte von einem der Wagons, verknittert wie ein ungemachtes Bett.
      Oder war es doch ein Anschlag? Aber selbst dann, Hilfe wäre unterwegs. Es sei denn, es war eine sehr große Bombe gewesen. Etwa eine Atombombe? Hatte jemand den Roten Knopf gedrückt und eine Kettenreaktion ausgelöst? Weltweit herrschte der atomare Winter, während ich in meinem zufälligen Bunker einer der letzten Überlebenden war? Der dritte Weltkrieg wütete, überall radioaktiver Fallout, und ich sorgte mich um meine Anlagen.
      „Quatsch“, flüsterte ich, ein Meteoriteneinschlag war da

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