Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
aber beruhigte sich dann wieder, und sie bildete sich ein, dort kurz etwas wie Kummer oder gequältes Bedauern gesehen zu haben. Oder auch nicht.
Maia nahm den Umhang, und mit einem ärgerlichen Räuspern befühlte sie das schwere, weiche Material und zog ihn sich dann über den Kopf. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie ihr Haar nach dem Angriff in der Kutsche aussah – was gerade mal eine Stunde zurücklag, so unglaublich ihr das auch erschien. Sie trug immer noch ihr Ballkleid, und ihre Schuhe waren voller Schlamm und wer weiß was noch ... aber es war keine Zeit zu verlieren.
Sobald die stickige Kapuze richtig saß, nahm Dewhurst sie am Arm und führte sie ... sie war sich nicht sicher wohin genau. Falls sie gedacht hatte, sie könnte nach unten durch die Kapuze hindurch den Boden sehen und sich so den Rückweg merken, wurde sie enttäuscht. Die Kapuze warf so viele Falten, und der Umhang war so lang, dass dort rein gar nichts zu erspähen war, und sie musste sich völlig auf den Mann an ihrer Seite verlassen. Die Sorge, man könne sie womöglich erkennen, war damit ebenso hinfällig, denn der Umhang verhüllte sie ganz und gar.
Auf ihrem raschen Weg bogen sie auch hierhin und dorthin ab, sie passierten mindestens zwei Türen, die eher auf und zu glitten, als dass man sie öffnete und schloss, und es ging auch eine Treppe hinunter (aus Ziegeln oder Stein, im Gegensatz zum restlichen Fußboden, der mit Teppich ausgelegt war) ... und dann noch eine Tür.
Die lauten Stimmen auf der anderen Seite der Tür verstummten jäh, was Maia auf ihr Erscheinen auf der Türschwelle zurückführte, was auch immer das nun für ein Zimmer sein mochte.
Ein lautes und krachendes Geräusch ertönte, als wäre jemand aufgestanden und hätte einen Tisch weggeschoben oder einen Stuhl umgekippt, und dann war da eine klirrende Symphonie von ... möglicherweise Gläsern und Flaschen auf einem Tisch, den man angerempelt hatte, und dann ein abrupt unterbrochenes Handgemenge.
Dewhurst ließ ihren Arm nicht los, und sie fühlte, wie sich seine Finger in Erwartung von etwas anspannten. „Sei kein Narr“, sagte er in schneidendem Ton. Das war nicht an sie gerichtet. „Hast du gedacht, ich wäre so töricht und käme unvorbereitet?“
Ungeduldig zerrte sie sich die Kapuze vom Kopf und fand sich am Eingang zu einem kleinen fensterlosen Raum wieder, in dem sich nicht einmal ein halbes Dutzend Leute aufhielten. Bevor sie die Gelegenheit hatte, auch nur einen von ihnen wiederzuerkennen außer ... oh je ... Chas , wurde sie von einem empörten Aufschrei abgelenkt.
„ Sie. “ Corvindale, wer sonst? Er saß dort an einem Tisch mit einer Hand ausgestreckt auf dem Holz der Tischplatte, auf der verschüttete Flüssigkeit herumschwamm, neben ein paar Gläsern. Eines davon umgekippt. Er starrte sie mit einer Mischung aus Schock, Wut und Entsetzen an. Chas stand genau rechts von ihm, und Maia bildete sich ein, den anderen Gentleman auch wiederzuerkennen, aber es war nicht Mr. Cale. Die Vampirin Narcise war nirgends zu sehen. Die übrigen Personen in dem Zimmer waren Männer, die wie Lakaien oder weitere Diener aussahen. Sie schienen mit den Schatten zu verschmelzen, als wollten sie unbemerkt bleiben.
Dewhurst zog Maia näher an sich heran, ihr Saum streifte nun seine Hosen, und sie sah, dass er seinen Mantel zurückgeschlagen hatte, was den Blick auf einen großen Rubin freigab, der in seinem Halstuch steckte. Er lächelte Corvindale kühl an, der aussah, als hätte er gerade quer durchs Zimmer springen wollen, sei aber mitten in der Luft angehalten worden.
„Da ich weiß, wie sehr du mich schätzt, bin ich nicht gekommen, ohne vorher nicht Schutzmassnahmen zu ergreifen“, sagte Dewhurst gerade. Er nickte erst Chas zu, der – wie Maia bemerkte – einen Holzpflock in der Hand hielt, und dann Mr. Cale, der auch da war. Zu Chas sagte er, „halten Sie sich von mir fern, und niemandem wird etwas geschehen.“
„Maia“, sagte Chas, seine Stimme hart und kalt wie Stahl. „Geht es dir gut?“
„Abgesehen davon, dass ich wegen meiner Schwester Todesängste ausstehe, während ihr übrigen einfach nur dasitzt und eurem Klub einen Besuch abstattet? Ja, mir geht es gut.“ Sie machte sich gar nicht erst die Mühe, ihre Stimme weniger bissig klingen zu lassen. „Wenn Lord Dewhurst nicht gewesen wäre, stünde ich immer noch vor der Tür und würde mich mit dem Butler streiten.
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