Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
verstehst, und ein Mann, der kein Mann mehr ist ... Er hat kein Gewissen, Angelica. Keiner von ihnen. Sie leben nur für sich selbst, für ihr momentanes Vergnügen. Sie tun nichts außer nehmen .“
„Und doch liebst du selbst eine von ihnen. Ausgerechnet du machst mir Vorwürfe“, entgegnete sie ihm.
Woodmore erbleichte, als hätte man ihn geschlagen, zornige Einsicht flammte in seinen Augen auf. „Du verstehst nicht. Und ich werde nicht zulassen, dass du –“
„Es ist zu spät, Chas. Ich ... ich liebe ihn“, sprach Angelica. Ihre Stimme war immer noch ruhig, aber traurig.
„Umso mehr Grund, dich von ihm zu befreien“, sagte Chas. Und stieß weiter mit der Spitze zu. Sie war schon durch Fleisch und Muskel gedrungen. Das Blut floss jetzt schon an ihm herunter und tropfte auf das Bettzeug. Ein kurzes Zustoßen noch, und der Pflock ginge ihm durch sein Brustbein und in sein Herz.
„Tun Sie es“, presste Voss hervor.
Ihre Blicke trafen sich, seiner und der von Woodmore. Er wagte es nicht, zu Angelica hinzuschauen. Er wollte nur, dass diese Folter ein Ende nahm.
Und sie könnte er niemals wirklich haben. Nicht ohne die Furcht in ihren Augen. Nicht ohne gegen den Schmerz und die Pein und den Teufel auf seiner Schulter anzukämpfen. Nicht ohne Ysop und seinen Verrat und ihr Blut zwischen ihnen.
Auf einmal erinnerte er sich wieder an die blonde Frau. Die Stimme in seinem Kopf. Bist du schon bereit?
Ein weiterer, lähmender Schmerz peitschte durch ihn hindurch, dass sich ihm Finger und Zehen krümmten. Mach ein Ende. Ich lasse sie gehen. Ich habe sie nicht genommen. Ist das nicht genug?
„Chas“, flüsterte Angelica. „Ich würde es dir nie verzeihen. Bitte ... bring mich fort. Lass uns gehen. Lass ihn hier zurück. Bitte.“ Sie zeigte zu der Sonne, die draußen hinter den dünnen Vorhängen strahlte. „Er kann uns nicht verfolgen.“
„Du wirst ihn niemals wiedersehen“, sagte Woodmore, hob den Pflock leicht an und drehte sich zu ihr. Es war das erste Mal, seit er das Zimmer betreten hatte, dass seine Stimme und sein Gesichtsausdruck etwas weicher wurden. „Ich werde es nicht zulassen. Schlag dir den Gedanken aus dem Kopf.“
Angelica schaute Voss nicht an. „Er ist schon weg. Bitte. Bring mich nach Hause.“
Woodmore drehte sich ein letztes Mal zu Voss. „Ich tue das für meine Schwester, nicht für Sie.“
„Wenn Sie es für mich tun würden“, gelang es Voss mit letzter Kraft zu sagen, „würden Sie es hier und jetzt beenden.“
„Fahren Sie zur Hölle, Voss“, sagte Woodmore, nahm Angelica beim Arm und ging zur zerborstenen Tür.
Schon geschehen, Woodmore, schon geschehen.
SECHZEHN
~ Die Feuerprobe ~
Voss wusste nicht, wie lange er auf dem blutverschmierten, Angelica-getränkten Bett lag, nachdem sie gegangen waren. Immer noch fielen Sonnenstrahlen trübe und etwas matt durch die Fenster ins Zimmer. Ab und an blähten sich die Vorhänge im Wind.
Verfluchter Pariser Sommertag.
Wenigstens würde Moldavi nicht unterwegs sein und sie suchen. Woodmore und Angelica wären in Sicherheit.
Als es an der reichlich mitgenommen Tür klopfte, musste er sich aufrappeln und seinen restlos gequälten Körper bewegen. Auf sein „Herein!“ hin, betrat ein Zimmermädchen den Raum, die absurderweise die von ihm zuvor bestellten, neuen Kleider für Angelica über dem Arm trug.
Der Schmerz hatte etwas nachgelassen. Genug, dass er vom Bett aufzustehen vermochte, wobei er sich ein Kissen vor die Wunde an der Brust hielt und damit tun konnte, als wäre alles bestens. Obwohl das weit gefehlt war. Sein Körper fühlte sich an, als wäre er über seine Grenzen hinaus gefordert worden, als ob er niemals wieder der gleiche sein würde. Das Mal verfolgte ihn weiterhin, stichelte und stach. Aber nun da Angelica fort war, dachte Voss, es würde ihm vielleicht vergeben.
Der Schmerz würde irgendwann ein Ende haben.
Denn Luzifer würde ihn niemals gehen lassen. Er war ein Narr, dass er es auch nur gedacht hatte.
Voss bemerkte, dass der kleine Metallbehälter, der die Ysop-Halskette enthalten und ihn zugleich davor beschützt hatte, immer noch dort auf dem Tisch lag. Aber sie war mit der Halskette um ihren Hals aus dem Zimmer gegangen. Den Schicksalsgöttinnen sei Dank dafür, dass sie die Kette getragen hatte, während sie beide ... er zwang seine Gedanken, dort abzubrechen, fegte sich die
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