Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
Bilder aus dem Kopf – allesamt. Oder Woodmore würde nur allzu guten Grund haben, ihn hinzurichten.
Sein Halstuch lag noch auf dem Boden, dieser schreckliche, unmodische Fetzen Stoff, den er sich gezwungen hatte zu tragen. Er zog ein sauberes Hemd an, aber wickelte sich das Halstuch wieder locker um, denn es war das einzige, was er dabei hatte. Den ebenso schrecklichen, dunklen Mantel, den er noch aus Amerika hatte, war ein bisschen staubig und roch nach Rauch, aber er zog ihn dennoch an. Er war mit leichtem Gepäck gereist und sehr schnell.
Er hatte vollbracht, wofür er nach Paris gekommen war. Angelica war in Sicherheit. Woodmore und Corvindale würden dafür sorgen, dass dies so blieb, und ebenso Giordan Cale.
Die Sonne war immer noch zu hell und schien zu stark, als dass er hätte gehen können, obwohl er das Zimmer liebend gerne hinter sich gelassen hätte. Paris verlassen und dieses Kapitel und auch London abschließen und weit hinter sich lassen.
Er suchte die wenigen Sachen zusammen, die er mitgebracht hatte, tat sie in seine Ledertasche, mühselig, immer noch geschwächt.
Zuerst schenkte er dem verzweifelten Schrei keine Beachtung. Aber als er ihn nochmals hörte, hielt er inne und lauschte. Es kam von jenseits der offenen Fenster.
Er ignorierte es dann weiterhin, aber es wurde lauter. Noch verzweifelter.
Jemand rief um Hilfe. Klein, verängstigt, jung.
Mit gerunzelter Stirn ging er hinüber zu den Vorhängen, machte einen Bogen um das Sonnenlicht dort. Aus dem Schatten heraus blickte er vorsichtig hinaus und sah nichts als gleißendes Licht und einen Baum dort drüben.
Ein weiterer Schrei ließ ihn nach oben schauen, und dort sah er zwei kleine Füße baumeln ... von oben herab. Fast eine Körperlänge über ihm und etwas zur Seite.
Luzifers finstere Seele, es war ein Mädchen! Sie hing von dem Balkon ein Stockwerk höher, hielt sich dort mit zwei kleinen Händchen fest. Der Balkon war nicht direkt über seinem. Die Stockwerke waren versetzt gestaffelt, um die Privatsphäre der Gäste besser zu gewährleisten. Wenn das Mädchen dort ihre Hände lösen würde, fiele sie drei Stockwerke tief in den sicheren Tod.
Er schaute sich um – hinunter, hoch, hinter sich. Da war niemand außer ihm. Niemand hier, um das zu bemerken.
Seltsam. Außerordentlich seltsam.
Seine Haut fing an zu prickeln. Etwas geschah in ihm ... groß, umfassend ... etwas Gutes .
Er zögerte nur einen Augenblick.
Als er da auf den sonnigen, mit roten Geranientöpfen behängten Balkon hinausschoss, wusste ein Teil von ihm, es wäre sein Ende. Ein anderer Teil von ihm dachte, es würde vielleicht den anderen Schmerz, den von seinem geschwollenen Mal etwas lindern, die Schmerzen gewissermaßen verteilen.
Die Flamme der Sonne auf seiner nackten Haut war binnen Sekunden unerträglich qualvoll, raubte ihm den Atem, ließ ihn geschwächt stolpern. Voss unterdrückte einen Schmerzensschrei, als er nach oben und rüber griff, kämpfte dagegen an, dass der Schmerz ihn lähmte.
Bitte ...
Eine Feuersbrunst verschlang ihn, sein Fleisch verkohlte, Haut streckte sich, platzte, er taumelte zum Rand des Balkons und streckte die Arme hoch. Bekam nichts zu fassen. Halb blind, unfähig seinen Atem zum Sprechen zu bringen, packte er die Balustrade des Balkons und stützte sich gegen das Gemäuer der Fassade, als er auf die Balustrade stieg.
Ein Alptraum.
Als sich seine Finger um den Fußknöchel des Mädchens schlossen, brachte er keine Warnung für sie hervor. Er konnte nichts sehen. Durch diesen weißen Schmerz hindurch konnte er kaum fühlen, was er tat ... aber irgendwie wurde er geführt, er schaffte es, kurz und kräftig zu ziehen und sie zu sich herüber zu bringen ...
Sie schrie, ein heller Kinderschrei, und sie fielen beide von der Balustrade auf den Balkon. Wie durch ein Wunder gelang es Voss noch, seine Arme um sie zu werfen, damit sie nicht mit dem Kopf gegen die Wand schlug. Er fühlte, wie ihr kleiner, warmer Körper strampelte, als er auf dem gekachelten Boden aufschlug. Das Mädchen kämpfte sich frei, brabbelte etwas, was er nicht verstand. Aber als ihre Blicke sich für einen kurzen Moment trafen, schien die Zeit stillzustehen, und er glaubte darin etwas Vertrautes zu sehen.
Friede und Heiterkeit in blassblauen Augen. Diese Augen hatte er schon einmal gesehen.
Und durch die Tür und
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