Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
auch darin, aus guter Familie zu sein und über ein ausreichendes Auskommen zu verfügen – und dann, wenn man Glück hatte, verwandelte es sich in freundschaftlichen Umgang miteinander, und auch in Zuneigung. Vielleicht sogar Liebe und Respekt.
Das war, wie es mit Lord Harrington sein würde, sollte er ihr einen Antrag machen, und Angelica hätte sich nur schwerlich mehr darüber freuen können, als sie es bereits tat. Ehrlich und aufrichtig.
Und wenn sie ein bisschen neidisch auf Maia und ihren Verlobten war – wo die tiefe Zuneigung sich schon vor der Hochzeit zeigte –, so sagte Angelica sich, dass die beiden schon seit über einem Jahr miteinander verlobt waren. Zuneigung und Zutraulichkeit hatten hier Zeit gehabt zu wachsen und aufzublühen. Seine Abwesenheit hatte hier vielleicht auch etwas dazu beigetragen.
„Er ist so geduldig gewesen, so lang auf dich zu warten“, flüsterte Maia und riss Angelica abermals aus ihren Gedanken. Warum musste ihre Schwester auch heute Abend so geschwätzig aufgelegt sein? „Ich denke, er hat ernsthaft Absichten auf dich. Und ehrbare.“
Die Tatsache, dass es Angelica und Maia aufgrund des Überfalls von Belial seinerzeit nicht gelungen war, zu seiner Geburtstagsfeier zu kommen, schien seinem Interesse an ihr keinerlei Abbruch getan zu haben.
„Hast du gestern Abend mit ihm gesprochen?“, fragte Maia.
Warum war ihre Schwester nur so verflixt geschwätzig? „Nein, er war nicht dort“, antwortete Angelica.
Maia grinste. „Ich bin sicher, er wäre gekommen, hätte er nur gewusst, du bist dort.“
Angelica ermahnte sich jetzt selber: Sie konnte sich glücklich schätzen, dass ein junger, schneidiger, wohlsituierter hoher Adliger solch eine Zuneigung zu ihr entwickelt hatte. Eine bessere Partie konnte sie schwerlich machen.
Eine kleine Runde Applaus unterbrach ihre Gedanken, und Harrington nutzte den Augenblick, um sich auf den Stuhl neben sie zu setzen.
Sie drehte sich zu ihm und schenkte ihm ein kleines Lächeln, das ihr etwas auf den Lippen gefror, als er sich nahe zu ihr beugte und ihr zuflüsterte, „ich habe zwei Wochen warten müssen, um mit Ihnen zu sprechen, und ich werde nicht mehr länger warten. Ich würde gerne morgen bei Ihrem Vormund vorstellig werden, Miss Angelica, wenn Sie nur einwilligen.“
Ihre Kehle war staubtrocken. Der einzige Grund, aus dem er sie so etwas fragte, war, dass er um ihre Hand anhalten wollte. Es würde tatsächlich geschehen.
Morgen würde sie sich verloben.
ACHTZEHN
~ In welchem unsere Heldin erneut ihren leichten Schlaf unter Beweis stellt ~
Alte Gewohnheiten wird man nur schwer los, dachte Voss bei sich, als er durch das Fenster hinein kletterte.
Obwohl, es war nicht mehr so leicht wie früher, in das Schlafzimmer einer Frau zu klettern. Und heute Nacht hatte er aus Gründen der Zweckdienlichkeit den direkten Weg gewählt – der jedoch nicht unbedingt der geschickteste war.
Glücklicherweise wuchs vor Angelicas Schlafzimmer eine solide Eiche, die es ihm gestattete, über einen ihrer starken Äste das Fensterbrett zu erreichen, und mit ein bisschen Planung schaffte er es, sich über eben jenen Vorsprung zu werfen und dabei nur ein weiches Plumpsen hören zu lassen. Der Earl sollte diese Äste wirklich stärker zurückschneiden lassen. Er würde darüber ein ernstes Wörtchen mit ihm reden müssen, wenn das alles hier vorbei war, und wenn er selber sicher war, in Zukunft keinerlei Verwendung mehr dafür zu haben.
Er war aus verschiedenen Gründen nicht mehr so besorgt wie bei seinem letzten nächtlichen Besuch bei Angelica, ob Corvindale ihn nun hier entdecken würde. Und da er schon seit drei Tagen hier herumlungerte und auf einen Abend wartete, an dem der Earl ohne die drei Schwestern ausging, anstatt zu Hause zu bleiben (warum würde ein Vampir nachts denn eigentlich zu Hause bleiben?), war seine Geduld jetzt erschöpft, und er war bereit, es zu riskieren, selbst wenn der Earl zu Hause wäre.
Das Fenster stand offen, und so gelangte nicht nur die warme Sommerbrise, sondern auch Voss ins Zimmer. Einmal drinnen blieb er stehen und schaute auf das zerwühlte Bett und die Frau darin hinab.
Der Mund wurde ihm trocken, und sein Herz hämmerte ihm laut in der Brust. Sie hatte gesagt, sie liebe ihn ... aber hatte sie das auch wirklich ernst gemeint?
Was würde er tun, wenn sie es nicht ernst gemeint
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