Die Lucifer-Connection (German Edition)
Krieg hing noch immer wie ein Nebel über Sierra Leone, durchdrang und lähmte alles, schien unauflöslich.
Nach zehn Minuten landete der Helikopter am wunderschönen Lumley Beach, vor dem „Mammy Yoko“-Hotel. Es war nach der „Kleopatra von Sierra Leone“ benannt, die von 1849 bis 1906 gelebt und den Briten beim Niederschlagen eines Aufstandes ihrer Landsleute geholfen hatte. Angeblich beging sie aus Lebensüberdruss mit siebenundfünfzig Jahren Selbstmord. Das Hotel war 1980 erbaut worden und hatte während des Bürgerkriegs als Hauptquartier der UN-Beobachter gedient, weil es die besten Sicherheitsvorkehrungen hatte. Der Inhaber, Roger Crooks, hatte von der UNO jedes Jahr zwei Millionen Dollar Miete kassiert.
1997 hatten die Rebellen der RUF die Cockle Bay überschritten und waren macheten- und AK-47-schwingend vor dem Hotel aufgetaucht. Die britischen Offiziere Will Scully und Lincoln Japp hatten vom Dach aus, nur mit einem MG bewaffnet, das Hotel gegen die heranflutenden Sobels („Soldiers by day, rebels by night“) verteidigt.
Das „Mammy Yoko“ beherbergte eines der besten Restaurants der Stadt. Gill bekam ein Zimmer im vierten Stock. Sofort stellte er die Klimaanlage aus. Je schneller er sich akklimatisierte, desto kürzer würde er unter der Hitze leiden. Er warf den Bag in die Ecke und goss sich einen Whisky ein. Dann rief er Klaus von seinem Satellitentelefon an.
„Wie sieht es aus?“
„Deine Freunde hier haben mir die richtigen Kontakte gemacht. Wir sind schneller als die SAS, verdammt. Hätte nie gedacht, wie rasant das abläuft, wenn die Kohle stimmt. Sind gerade dabei, das Team zusammenzustellen. Sie meinen, zehn Leute und zwei Hubschrauber reichen. Wir fliegen morgen nach Conakry, das ist in Guinea …“
„Weiß ich.“
„Soll ziemlich übel sein. Aber wie alles da unten: korrupt bis in die Knochen. Dort warten die Hubschrauber und die Piloten auf uns. Mit denen segeln wir nach Freetown. Scheint nicht so weit zu sein. Sind nachts da und warten auf dein Go.“
„Gut. Vorher bin ich auch nicht in der roten Zone. Was ist mit Cobra?“
„Der ist in Dortmund. Kümmert sich ums Geschäft und versucht rauszukriegen, wohin sich Zaran absetzt. Dann fängt er ihn ab. Falls er nicht die letzten Flipper in NRW zertrümmert.“
„Sehr gut.“
„Wie ist es da unten? Ich höre hier nur Gruselgeschichten.“
„Bin gerade erst angekommen. Dir wird es gefallen. Bestes Klima für Leute mit Übergewicht.“
„Ich habe kein Übergewicht.“
„Wieviel hast du denn zugenommen, seitdem du nicht mehr rauchst?“
„Ich habe zu tun. Ich bin es, der den ganzen Scheiß organisieren muss, während du blöde grinsend in der Sonne liegst.“
Klaus legte auf. Gill duschte, dann setzte er sich mit dem Whisky auf den Balkon und genoss die Brise vom nahen Ozean. Er schloss die Augen, lauschte der Brandung und den Tönen Afrikas. Nach dem nächsten Drink hatte er endlich das Gefühl, angekommen zu sein. Er dachte an Alexa, die ihm einmal das Leben gerettet hatte. Er wusste nicht, wieviel Zeit er hatte, um dasselbe für sie zu tun. Aber er war bereit. Die Mission konnte beginnen.
37
Wie Säulen aus der Hölle loderten die Feuer der Wild Side Boys in den Nachthimmel. Die Bande steigerte sich in das erstrebte Ausmaß drogenbedingter Hemmungslosigkeit hinein, begierig auf neue Tiefpunkte abstoßenden Verhaltens. Dazu brüllte aus mehreren Ghettoblastern Rap. Alexa lag im Schatten und wimmerte vor sich hin. Gelegentlich zog sie ein Boy am Fußgelenk zu einer Gruppe, die sie missbrauchte. Zaran und Bomb saßen an einem der Feuer und tranken billigen Aldi-Schnaps, den Zaran mitgebracht hatte. Bolt stand hinter seinem Herrn und starrte blöde in die Flammen.
„Ich rekrutiere Soldaten und gehe plündernd und mordend nach Freetown. Ich verbreite Angst und Schrecken. Ich werde wie ein Termitenschwarm über Freetown herfallen und dem Land die Freiheit schenken. Ich fege die korrupte Regierung und die Nigerianer weg, wie man mit der Hand ein paar Mücken wegfegt.“
„Du kannst ein großer Führer werden. Nein, du bist ein großer Anführer. Die Aufgabe wartet. Du musst sie beginnen, wenn die Zeit dafür da ist.“
„Ich fühle, dass die Zeit reif ist. Nichts kann mich aufhalten. Ich bin Poro. Keine Kugel kann mich treffen. Das ist mir oft passiert. Wenn sie Kugeln auf mich schießen, halten die vor mir an und fallen zu Boden wie Wassertropfen.“
„Du bist ein mächtiger Poro, und die Götter wollen
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