Die Lucifer Direktive
danke.«
»Ah, aber das Isosceles Project kommt in die Endphase, und Ihr Freund Black ist äußerst interessiert daran, Sie aus dem Weg zu räumen.«
»Es sei denn, ich räume ihn zuerst aus dem Weg.«
»Eine bemerkenswerte Phantasie. Darf ich Sie trotzdem fragen, warum Sie bei reiflicher Überlegung meine Hilfe nicht annehmen können?«
»Sie sind für meinen Geschmack zu mysteriös«, erklärte Gabriele ihm offen. »Tauchen rechtzeitig in Hamburg aus dem Nichts auf, um uns zu retten, und dann heute wieder, damit wir zu Ihnen Vertrauen fassen. Was für ein Zufall.«
»Oh, daran ist überhaupt nichts Zufälliges. Bis auf einige Unterbrechungen bin ich dem jungen Lennagin gefolgt, seit er Providence verlassen hat … und damit auch Ihnen, Miß Lafontaine.«
»Sie wissen also, wer ich bin.«
»Das ist mein Geschäft.«
»Nur, daß die Abteilung V des KGB selten Visitenkarten überreicht.«
Koralski lächelte, so daß sich die Spitzen seines kräftigen Schnurrbarts gegen die Wangen drückten. Nachdem er seinen Mantel ausgezogen hatte, zeigte sich die Figur eines perfekten, einsachtzig großen V, nur Muskeln und Knochen.
»Seien Sie nicht so bissig, Miß Lafontaine. Schließlich sind wir alle im selben Geschäft, oder waren es zumindest. Immerhin war wohl auch meine Abteilung für die Finanzierung einiger Ihrer Operationen verantwortlich.«
Abteilung V … Dan erinnerte sich, über diesen Zweig des KGB gelesen zu haben, der in Zeiten internationaler Krisen die westlichen Nationen bewegungsunfähig machen sollte. Koralskis Anwesenheit und seine Hilfe fielen völlig aus dem Rahmen. Wenn überhaupt, sollte er auf Blacks Seite sein.
»Ihre Leute haben Sie auf mich angesetzt«, sagte Dan. »Warum?«
»Das ist eine lange Geschichte, young Lennagin, und sehr kompliziert. Ich will von Anfang an erzählen. Unterbrechen Sie mich, wenn es zu verwirrend wird.«
Koralski rückte ein wenig zur Seite, so daß er Dan und Gabriele gleichzeitig ins Gesicht sehen konnte. »Zunächst mal möchte ich sagen, daß es in meinem Land Kräfte gibt – also Leute – die den Dritten Weltkrieg sehr begrüßen würden, vor allem einen Atomkrieg. Der Grund? Ganz einfach: Derzeit verfügen wir über die dreifache Schlagkraft von den USA und den NATO-Ländern zusammengenommen. Noch nie waren wir so stark. Aber dieser Vorsprung wird nicht lange vorhalten. Wir bauen nicht so gut wie ihr, wir bauen einfach mehr. Eure Technologie hat unsere schon vor ein paar Jahren überholt, und bald wird das auch für eure Produktionskapazitäten gelten. Dann sind wir wieder da, wo wir zu Beginn des Kalten Krieges standen. Für einige Offizielle in der Sowjetunion ist das undenkbar. Sie drängen darauf, zuzuschlagen, solange wir noch so stark sind.«
»Ein unprovozierter Angriff?«
»Nein. Man benötigte einen Grund. Es sollte aussehen, als habe Amerika den ersten Schritt getan, ob direkt oder indirekt.«
»Was meinen Sie damit?«
»Der Begriff ›Erstschlag‹ muß um jeden Preis vermieden werden. Wir suchten Möglichkeiten, den Krieg, den wir jetzt gewinnen können, zu rechtfertigen.«
»Renaldo Black und das Isosceles Project …«
»Sehr gut, young Lennagin. Sie haben Ihre Lektion gut gelernt. Lucifer kontaktierte Black, Black kontaktierte uns. Nicht speziell die Abteilung V; wir sind zu klein für das, was ihm vorschwebte. Er wandte sich direkt an die Spitze der Streitkräfte, die gemeinsam mit den Kriegstreibern im Obersten Sowjet den thermonuklearen Konflikt herbeisehnen oder zumindest doch die Bedrohung dadurch.«
»Wo liegt der Unterschied?«
»Ein ganz beträchtlicher. Immer mehr nüchtern denkende Menschen in meinem Land, die ihr Leben damit zugebracht haben, die Schritte Ihres Landes zu analysieren, beharren darauf, daß Amerika zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine nukleare Konfrontation um jeden, jeden, Preis vermeiden wird. Seit Ihre Regierung irgendwie zur Vernunft gekommen ist, weiß sie, daß sie einen Atomkrieg nicht gewinnen kann – niemand kann das. Daher werden sie nachgeben und uns zum symbolischen Sieger machen, dem damit für die nächste Generation oder so die Vormachtstellung in der Welt sicher ist.«
»Das kann ich nicht glauben.«
»Ich behaupte ja nicht, daß es so kommen muß, aber unter welchen Bedingungen auch immer, Ihr Land wird der Verlierer sein. Das Problem für Moskau war, den Konflikt bis zum Punkt zu treiben, wo es keine Umkehr mehr gibt. Da tauchte Black auf. Er hatte einen Plan, aber um ihn
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