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Die Lucifer Direktive

Titel: Die Lucifer Direktive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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poetisch.«
    »Eigentlich nicht, aber nichtsdestotrotz wahr. Unseren Lebensstil zu beschreiben als eine Art zu leben, trifft die Sache nicht ganz. Oft werden Stunden zu Tagen, Tage zu Wochen, Wochen zu Jahren. Das Resümee – für die, die überleben – ist eine unglaubliche Fülle an Leben in einer unglaublich kurzen Zeitspanne. Man lernt, friedliche Momente als Zwischenspiel zu schätzen. Das wirkliche Leben zeigt sich in Augenblicken wie diesem, wo jeder Atemzug kostbar ist und jeder Schritt sitzen muß. Jede Bewegung kann unwiderruflich die letzte sein, also genießt und schätzt man sie alle. Eine verlockende Art zu existieren, die in vielerlei Hinsicht attraktiv ist und der man unmöglich wieder entkommt.«
    »Weil sie süchtig macht?«
    »Mehr oder weniger. Ich habe Agenten gekannt, die sich vorzeitig zur Ruhe setzen wollten. Das Ergebnis ist immer dasselbe: tiefe Depressionen. Drogen- und Alkoholabhängigkeit. Vielleicht auch ein verzweifelter Selbstmordversuch oder eine einfache Kugel in den Schädel.«
    »Sie sprechen von Männern mit jahrelanger Berufserfahrung«, erinnerte Dan.
    »Die Jahre spielen keine Rolle. Es ist die Erfahrung, die zählt. Eine Woche, young Lennagin, reicht völlig. Man haßt, was man tut, und dieses Denken macht einem zu schaffen. Aber wenn es vorbei ist, giert man nach mehr, denn man erkennt, daß nur die Augenblicke akuter Lebensgefahr einem das Gefühl vermitteln, wirklich zu leben.«
    »Dann fürchten Sie sich also nicht vor dem Tod.«
    »Doch, natürlich. Das verleiht diesen Augenblicken ihren Wert und ihre Bedeutung. Ich ziehe es nur einfach vor, dem Tod ins Auge zu blicken. Er muß dann zurückschauen.«
    »Ich würde lieber die Augen schließen.«
    »Vielleicht jetzt. Wenn Sie aber das Glück haben, dieses Abenteuer zu überleben, dann wird alles andere im Vergleich dazu läppisch erscheinen. Ihre Perspektive wird sich völlig verändern. Die Dinge, die Ihnen einst etwas bedeuteten, werden Ihnen so fremd sein wie Zinnsoldaten für einen Heranwachsenden. Sie werden sich die Gefahr zurück wünschen, das Gefühl haben, zu zerspringen, wenn Sie sie nicht kriegen. Dieser Prozeß wiederholt sich immerzu. Der ewige Kreislauf.«
    »Bis man stirbt.«
    Renaldo Black stieg auf der anderen Straßenseite aus einem Taxi. Dan spürte, wie der Oberst seinen Oberarm umklammerte und ihn zwischen zwei Häusern tiefer ins Dunkle zerrte. Black blickte sich sichernd um, entdeckte aber nichts. Er betrat das Lokal.
    Koralski behielt sein Ziel starr im Auge, als er Dan über die Straße begleitete. Sie gingen an einem Haus vorbei, dann am nächsten. Eine schmale Gasse erschien, schwarz und endlos. Dorthin zog sich Koralski zurück.
    »Lotsen Sie Black in diese Richtung, young Lennagin«, sagte er nur. »Wir erledigen den Rest.«
    Dan sah sich um. »Ich kann Ihre Leute nicht entdecken.«
    »Ebensowenig wie Black.«
    Dan schätzte die Entfernung vom Abdel-Aziz bis zur Gasse ab. Etwa vierzig Meter. »Das ist ein ganzes Stück.«
    »Nicht unbedingt. Sie werden einen Vorsprung besitzen, und der Passantenstrom wird Black davon abhalten, zu früh zu schießen.«
    »In Hamburg hat ihn das auch nicht gehindert.«
    »Das hier ist Kairo, junger Freund. Hier ist alles anders.«
    Dan zuckte die Achseln.
    Koralski klopfte ihm auf die Schulter. »Besser, Sie gehen jetzt.«
    Ein paar Minuten später befand sich Dan am luxuriösen Treffpunkt Abdel-Aziz. Der Maître d' führte ihn zu seinem Tisch, der wie versprochen vollen Blick auf die Treppe gewährte, die sich zum ersten Stock mit Abdul Habashs Privaträumen und seinem Büro emporschwang.
    Er nahm an, daß Black bereits oben bei dem PLO-Mann war. Wahrscheinlich leistete er ihm beim Abendessen Gesellschaft, was bedeutete, daß die Wartezeit lang werden konnte.
    Die Kellner im Abdel-Aziz trugen alle Smoking und mußten neben Arabisch und Englisch möglichst noch eine dritte Sprache beherrschen. Einer von ihnen glitt diskret herbei und reichte Dan die Karte, während er auf Englisch versprach, gleich wieder da zu sein. Dan hatte die Speisekarte vor sich, aber sein Blick hing wie gebannt an der Treppe. Koralski hatte ihm bereits gesagt, was er bestellen sollte. Der Kellner kehrte zurück, und Dan wiederholte, was Koralski ihm gesagt hatte. Der Mann nickte ein paarmal, nahm ihn eingehend in Augenschein und notierte die Bestellung. Als er wiederkam, brachte er eine Karaffe Wein und ein Tablett mit Hors d'œvres. Der Kellner schenkte ihm ein Glas Wein ein und

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